#32 Beha‘alotcha – „Wenn du aufsetzt“
Beha’alotcha
4. Mose 8,1-12,16
Sacharja 2,14-4,7; Matthäus 14,14-21
In der Lesung Beha‘alotcha erfahren wir vom zweiten Pessach. Im Grunde handelt es sich dabei um eine Art Nachholtermin für Hebräer, die am eigentlichen Pessach verhindert waren und deshalb nicht teilnehmen konnten.
Doch waren diese Verhinderungsgründe sehr spezifisch. In diesem Kommentar schauen wir uns den Sachverhalt genauer an.
Der Hintergrund zum zweiten Pessach
Im Text von Beha‘alotcha erfahren wir, dass im zweiten Jahr nach dem Auszug der Kinder Israels aus Ägypten, das Pessach in der Wüste gehalten werden sollte. Der entsprechende Termin war natürlich der 14. Tag des ersten Monats.
Doch es stellte sich heraus, dass es einige Männer gab, die nicht rein waren, weil sie sich an der Leiche eines Mannes verunreinigt hatten (vgl. 4. Mose 9,6-7). Diese Männer traten vor Mose und baten um Anweisung, wie sie sich zu verhalten hatten, denn sie wollten das Opfer gern darbringen.
Nun könnte man einwenden, dass diese Männer sich ja hätten rein halten können. Doch vielleicht waren es auch jene, die den Leichnam Josephs trugen und damit das Gelübde des Patriarchen erfüllten, welches er seinen Brüdern abnahm.
Und Joseph nahm einen Eid von den Söhnen Israels und sprach: Gewisslich wird Gott euch heimsuchen, und ihr sollt dann meine Gebeine von hier hinaufbringen! (1. Mose 50,25)
Damit wäre auch überhaupt nicht vermeidbar gewesen, dass es Männer gab, die an einem Toten verunreinigt waren.
Auffällig ist auch, dass weder Frauen noch Männer mit einem Ausfluss vor Mose traten. Nur die Männer, die sich an einem Toten verunreinigt hatten, wussten nicht so recht, was aktuell zu tun war.
Mose befragte Gott und dieser antwortete Folgendes darauf:
Rede zu den Kindern Israels und sprich: Wenn jemand von euch oder von euren Nachkommen wegen einer Leiche unrein wird oder fern auf der Reise ist, so soll er dennoch YHWH das Passah halten. Im zweiten Monat, am vierzehnten Tag sollen sie es zur Abendzeit halten und sollen es mit ungesäuertem [Brot] und bitteren Kräutern essen, und sie sollen nichts davon übrig lassen bis zum Morgen, auch keinen Knochen an ihm zerbrechen; nach der ganzen Passahordnung sollen sie es halten. (4. Mose 9,10-12)
Wer auf Reisen war oder sich an einem Toten verunreinigt hatte, sollte das Pessach erst am 14. Tag des zweiten Monats essen. Doch warum? Was hatte es damit auf sich?
Die Reise und der Tod
Diese Anweisung aus Beha‘alotcha erschließt sich im ersten Moment nicht so ganz, da es ja noch weitaus mehr Gründe gab, sich zu verunreinigen.
Dass ein Aussätziger keinen Zugang zu den Opfern an der Stiftshütte haben würde, erscheint logisch, sodass für diese Personengruppe keine Erwähnung nötig war. Doch was war mit Männern und Frauen, die an Ausfluss litten? Auch diese galten doch als unrein (Vgl. 3. Mose 15).
Dabei ist zu beachten, dass das ursprüngliche Pessach in Ägypten in den Häusern gefeiert wurde und nicht am Tempel. Da die Absonderung aufgrund von Unreinheit hauptsächlich auf den Tempel oder die Stiftshütte bezogen war, sollte dies bei der Pessachfeier eigentlich kaum eine Rolle gespielt haben. Das Lamm wurde ja in den Häusern verzehrt.
Doch worum ging es dann beim zweiten Pessach?
Gottes Gebot als Prophetie
Was wäre, wenn Gott das Gebot bezüglich der Reisenden oder an einem Toten verunreinigten Männer zu Pessach vorrangig aus prophetischen Gründen gegeben hatte? Was wäre, wenn es ihm überwiegend darum ging, die Ereignisse im Zusammenhang mit der Kreuzigung seines Sohnes Jeschua zu erklären?
Die Reisenden wären dann diejenigen, die Jeschua und den Gott Israels noch gar nicht erkannt hatten. Sie waren fern von Gott.
Die an einem Toten verunreinigten, wären diejenigen, die Jeschua töten wollten und sich des Mordes am Gottessohn schuldig gemacht hatten.
Beide waren nicht qualifiziert für das Pessach, da beide nicht rein vor Gott stehen konnten. Doch war es YHWHs Anliegen auch diesen Menschen eine zweite Chance zu geben.
Auch sie würden eines Tages, wenn sie wollten, ihren Anteil am Pessachlamm bekommen können. Und dieses Bild könnte einer der Gründe dafür sein, dass das zweite Pessach in Beha‘alotcha eingeführt wurde.
Das zweite Pessach heute
Doch wie sieht es heute aus? Hat diese zweite Pessachfeier für uns heute eine konkrete halachische Bedeutung?
Da es zurzeit keinen Tempel in Jerusalem gibt, sollte eine Reise kein Hinderungsgrund für das Halten des Pessach sein. Wie könnte man zu weit von einem Gebäude oder Altar entfernt sein, welche es derzeit gar nicht gibt?
Auch die Verunreinigung an einem Toten hat ja hauptsächlich Bedeutung für den Tempeldienst. Insofern dürfen und sollen wir das Pessach immer zur bestimmten Zeit feiern und uns dennoch der prophetischen Bedeutung der zweiten Chance erfreuen. Denn auf einer anderen Ebene gehören wir längst zu denjenigen, die das erste Pessach verpasst haben.
Bildquelle: wikimedia.org (CC BY-SA 3.0)
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