#16 Beschalach – „Als er ziehen ließ“
2. Mose 13,17-17,16
Richter 4,4-5,31; Matthäus 14,22-33
Die Durchquerung des Schilfmeeres durch die Kinder Israels ist eines der eindrücklichsten Ereignisse, die in der Bibel geschildert werden. Wir glauben, dass dieses Ereignis tatsächlich stattgefunden hat. Und so verwundert es auch nicht, dass es bis heute Zeugnisse in Form von ägyptischen Streitwägen und dessen Zubehör am Grunde des Golfs von Akaba gibt.
Der Golf von Akaba ist also mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit das Meer, welches die Israeliten auf wundersame Weise durchquerten. In den hebräischen Schriften wird dieses Gewässer als ים־סוף (Jam Suph) bezeichnet.
ים־סוף (Jam Suph) kann wörtlich mit Meer des Endes übersetzt werden, wobei Jam für Meer steht und Suph für das Ende. Doch das Ende, was durch Suph beschrieben wird, ist selten ein Happy End. Es ist ein Ende durch Zerstörung. Unten sei ein Beispielvers dafür angeführt:
Wie sind sie so plötzlich verwüstet worden! Sie sind untergegangen und haben ein Ende mit Schrecken genommen. (Psalm 73,19)
So sehen wir, dass am Jam Suph das schreckliche Ende für Ägypten gekommen war. Der Pharao, welcher für die Knechtschaft der Kinder Israels verantwortlich war, nahm mit samt seines Heeres ein schreckliches Ende im Schilfmeer.
Das Wort für Meer (Jam) hängt aber auch eng mit dem Wort für Tag (Jom) zusammen. Insofern symbolisiert der Jam Suph auch einen Tag, an dem die Herrschaft Ägyptens über Israel ihr Ende finden sollte.
Doch das Ende dieser Herrschaft hatte eine Bedingung. Israel musste durch das Meer hindurch.
Tatsächlich führte YHWH sein Volk auf den ersten Blick in eine Falle, denn er gebot Mose:
Sage den Kindern Israels, dass sie umkehren und sich vor Pi-Hachirot lagern, zwischen Migdol und dem Meer; gerade gegenüber von Baal-Zephon sollt ihr euch am Meer lagern! Denn der Pharao wird von den Kindern Israels sagen: Sie irren im Land umher, die Wüste hat sie eingeschlossen! (2. Mose 14,2-3)
Ausdrücklich sollte der Pharao den Eindruck bekommen, dass Israel in der Wüste eingeschlossen und in einer ausweglosen Situation war. Er sollte den Eindruck bekommen, dass er Israel zurück holen könnte, dass er wieder Macht über seine ehemaligen Sklaven erlangen würde.
Gottes Falle für den Pharao war so täuschend echt, dass auch die Kinder Israels meinten, der Pharao könnte das Volk der Hebräer töten oder wieder unter seine Gewalt bringen.
Und sie sprachen zu Mose: Gibt es etwa keine Gräber in Ägypten, dass du uns weggeführt hast, damit wir in der Wüste sterben? Warum hast du uns das angetan, dass du uns aus Ägypten herausgeführt hast? Haben wir dir nicht schon in Ägypten dieses Wort gesagt: »Lass uns in Ruhe, wir wollen den Ägyptern dienen?« Denn es wäre für uns ja besser, den Ägyptern zu dienen, als in der Wüste zu sterben! (2. Mose 14,11-12)
Doch YHWH hatte einen Weg der Erlösung vorbereitet und sprach zu Mose:
Und YHWH sprach zu Mose: Was schreist du zu mir? Sage den Kindern Israels, dass sie aufbrechen sollen! Du aber hebe deinen Stab auf und strecke deine Hand über das Meer und zerteile es, damit die Kinder Israels mitten durch das Meer auf dem Trockenen gehen können! Ich aber, siehe, ich will das Herz der Ägypter verstocken, dass sie ihnen nachziehen; dann will ich mich verherrlichen an dem Pharao und an seiner ganzen Heeresmacht, an seinen Streitwagen und seinen Reitern. Und die Ägypter sollen erkennen, dass ich YHWH bin, wenn ich mich am Pharao, an seinen Streitwagen und an seinen Reitern verherrliche! (2. Mose 14,15-18)
Der Weg der Erlösung führte mitten in das Meer hinein, mitten in den Jam Suph, den Tag des Endes. Obwohl die Kinder Israels meinten, es sei alles vorbei, forderte Gott sie auf, weiterzugehen. Nur im Weitergehen war die Errettung zu finden.
Und so zog Israel weiter:
Und die Kinder Israels gingen mitten in das Meer hinein auf dem Trockenen, und das Wasser war ihnen wie eine Mauer zu ihrer Rechten und zu ihrer Linken. (2. Mose 14,22)
Der jüdische Midrasch Schemot Rabba erläutert dazu folgendes:
“Und die Israeliten gingen ins Meer auf trockenem Boden” – Wenn “ins Meer”, warum [heißt es] dann “auf trockenes Land”? Und wenn “auf trockenes Land”, warum dann “ins Meer”? Vielmehr erfährt man hier, dass das Meer für sie erst dann geteilt wurde, wenn sie bis zur Nase hineinkommen. Und [erst] danach wurde es für sie zu trockenem Land gemacht…
Quelle: Schemot Rabba 21,10: https://www.sefaria.org/Shemot_Rabbah.21.10?lang=en&with=all&lang2=en (20.01.2020) n. Übers. d. Verf.
Wir sehen also, dass die Israeliten loszogen, als sie noch Meer vor sich sahen. Sie gingen sogar ins Wasser hinein und erst als sie mitten in diesem Wasser des Endes standen, teilte es sich und wurde zu einem Weg in die Freiheit.
Und so sehen wir, dass der Weg in die Freiheit oft erst dadurch geöffnet wird, wenn wir bereit sind, weiter zu gehen, auch wenn es keinen Ausweg zu geben scheint, auch wenn wir am Ende unserer Möglichkeiten angekommen sind, und wenn uns keine Alternative mehr bleibt.
Und so verstehen wir es auch besser, wenn der Psalmist uns ermahnt:
»Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht, wie bei der Herausforderung, am Tag der Versuchung in der Wüste, wo mich eure Väter versuchten; sie prüften mich — und sahen doch mein Werk! (Psalm 95,7b-9)
So lasst uns dies zu Herzen nehmen und uns auf unserem Weg nicht entmutigen lassen. Auch wenn es manchmal scheint, als sei alles zu Ende, Gott formt uns einen Weg, wenn wir nur bereit sind, ihm zu vertrauen und den nächsten Schritt weiter mit Ihm zu gehen.
Und letztlich ist das Neue Leben in Ihm auch immer mit dem Ende des alten Lebens in Ägypten verbunden!
Bildquelle: https://pixabay.com/de/photos/meer-ozean-kunst-exodus-split-4452455/
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Gaby Wegener
6. Februar 2020 @ 14:12
Auch heute noch führt der Weg der Erlösung durchs Wasser (der Taufe)!
Naphtali
6. Februar 2020 @ 14:14
stimmt 🙂