#15 Bo – „Komm!“
2. Mose 10,1-13,16
Jeremia 46,13-28; Johannes 19,31-37
Israel flüchtete nicht aus Ägypten. Israel zog aus Ägypten aus! Nie ist die Rede davon, dass Israel sich heimlich in der Nacht aus Ägypten geschlichen hätte. Das Gegenteil ist richtig. Israel zog, für jeden Ägypter sichtbar, in großem Triumph und mit Beute voll beladen in die Freiheit.
Es heißt über den Zug Israels:
Darum führte Gott das Volk einen Umweg durch die Wüste am Schilfmeer. Und die Kinder Israels zogen gerüstet aus dem Land Ägypten. (2. Mose 13,18)
Israel war also als Heer ausgezogen. Israel war das Heer Gottes und bereit zum Kampf. Und es würden einige Kämpfe auf dieses Volk von ehemaligen Sklaven warten.
Doch der obige Vers beinhaltet noch eine weitere Information für uns.
Aus der jüdischen Überlieferung geht hervor, dass das Wort, welches korrekt mit „gerüstet“ übersetzt wurde, auch anders übersetzt werden kann. Es handelt sich um das hebräische Wort חמשׁים (chamuschim).
Im Folgenden sei exemplarisch ein Kommentar von Rabbeinu Bahya angeführt:
Ein midraschischer Ansatz: (Tanchuma Beshalach 1) Das Wort חמושים bedeutet “einer von fünf”. Vier Fünftel des jüdischen Volkes starben während der Plage der Finsternis, um den Ägyptern nicht die Genugtuung zu geben, zu wissen, dass diese Israeliten der Erlösung nicht würdig waren. Einige sagen, dass das Wort חמושים sich darauf bezieht, dass nur einer von fünfzig Israeliten erlöst wird. Einige behaupten sogar, dass nur einer von 500 Israeliten für erlösungswürdig befunden wurde.
Quelle: Rabbeinu Bahya zu Shemot 13,18, https://www.sefaria.org/Rabbeinu_Bahya%2C_Shemot.13.18.2?lang=en (13.01.2020) n. Übers. d. Verf.
Aus dem Vers 2. Mose 13,18 könnte man also genauso gut lesen, dass nur ein Fünftel bzw. ein Fünfzigstel der Hebräer, die in Ägypten lebten, tatsächlich auch ausgezogen sind. Das sind 20% oder gar nur 2%.
Doch da stellt sich sofort die Frage: Was ist mit den anderen? Warum sind 80% oder gar 98% der Hebräer nicht mit ihren Volksgenossen ausgezogen?
Die Antwort darauf kann nur in der Schlachtung des Lammes und damit in der Einhaltung des Pessach gefunden werden, denn es heißt:
Und das Blut soll euch zum Zeichen dienen an euren Häusern, in denen ihr seid. Und wenn ich das Blut sehe, dann werde ich verschonend an euch vorübergehen; und es wird euch keine Plage zu eurem Verderben treffen, wenn ich das Land Ägypten schlagen werde. (2. Mose 12,13)
Nur das Blut des Lammes machte den eindeutigen Unterschied zwischen Ägypten und Israel. Nur durch das Blut des Lammes konnte Gott zwischen seinem Volk und Ägypten unterscheiden.
Doch was erwartete Gott von den Israeliten mit der Schlachtung des Lammes?
Um dies zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass ein männliches einjähriges Lamm auf den ersten Blick von einem ausgewachsenen Widder nicht zu unterscheiden ist. Im Grunde hatten es die Israeliten mit ausgewachsenen Widdern zu tun.
In der ägyptischen Gesellschaft spielte der Widder jedoch eine besondere Rolle.
Chnum ist einer der wichtigsten Widdergottheiten des Alten Ägyptens.…Der Widder wurde im Alten Ägypten als heiliges Tier verehrt. Widder galten als besonders zeugungsfähig und -freudig. Man fand zahlreiche mumifizierte Widder in Steinsärgen bestattet. …Aufgrund des Widderkultes gab es Spannungen hinsichtlich der Juden. Denn sie opferten Widder, während dies die Priester des Chnum tabuisierten.
Quelle: https://www.aegypten-geschichte-kultur.de/chnum-widdergott (13.01.2020)
Der Widder symbolisierte einen der wichtigsten Götter im ägyptischen Pantheon. Die Schlachtung bzw. Opferung eines Widders war ein gesellschaftliches Tabu, was durch die Mumifizierung von Widdern angedeutet wird. Wird ein Tier mumifiziert, kann es nicht zerlegt und gegessen werden. Vielleicht war es sogar ein Verbrechen, einen Widder zu schlachten.
Indem Gott den Kindern Israels auftrug, dennoch einen Widder zu schlachten und das Blut dieses Tieres demonstrativ an die Türpfosten (die Außenseite der Pfosten) zu streichen, erwartete Gott von ihnen, dass sie sich gänzlich von Ägypten verabschiedeten und jedem Götzen in Ägypten abschwörten.
Dies konnte gut bedeuten, dass jeder Hebräer spätestens durch das Halten des Pessach die Todesstrafe in Ägypten verdient hätte. Israel sollte sein ganzes Vertrauen auf YHWH setzen und nicht mehr auf Ägypten bauen.
Offensichtlich waren nicht alle Hebräer dazu bereit, sich ganz und gar auf YHWH einzulassen.
Doch diese Tatsache konfrontiert uns persönlich mit der Frage, ob wir bereit sind, unser Leben in dieser Welt, gänzlich zurück zu lassen. Sind wir bereit, es auf uns zu nehmen, von der Welt verspottet, kriminalisiert, verfolgt oder gar getötet zu werden, nur weil wir Gott gehorsam sind?
Um es mit anderen Worten zu formulieren: Sind wir bereit den Weg des Messias Jeschua zu gehen und unser Leben für die Wahrheit zu lassen?
Bildquelle: https://pixabay.com/de/photos/ram-kopf-horn-tierwelt-ziege-164555/
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Ottmar Nazarim
26. Januar 2020 @ 15:26
Schalom,
ich denke es werden zwei mal 10% sein.
Beim ersten Auszug 10% und beim nächsten mal nochmal.
Ich denke da an den Zehnten.
Es gibt mehrere Schriftstellen die mir in den Sinn kommen.
Zum Beispiel Jeschajahu 11; 11 und 11; 27 oder Sacharjah 10; 10