Der Gott, der Erfahrungen schenkt
Die Bibel ist weit mehr als ein Handbuch, welches uns aufzeigt, wie wir unser Leben führen sollen. Vielmehr ist Gottes Wort ein Erlebnis, welches es uns ermöglicht, unsere Erfahrungen nach himmlischen Maßstäben zu bewerten.
Im Folgenden wollen wir uns einige Beispiele ansehen, wie Gott uns in Erfahrungen führt, um unseren Wachstumsprozess anzukurbeln.
Die Sache mit dem Erbrecht
Als Israel kurz vor der Landnahme stand, gab YHWH genaue Anweisungen, wie das Land aufzuteilen war.
Doch soll das Land durch das Los verteilt werden. Nach dem Namen der Stämme ihrer Väter sollen sie ihr Erbteil empfangen; (4. Mose 26,55)
Jeder Stamm sollte nach dem Namen der Väter ein Stück Land als Erbteil empfangen. Doch es stellte sich bald heraus, dass es einen Stamm gab, bei dem die väterliche Linie bedroht war. Zelophchad aus dem Stamm Manasse hatte keinen Sohn gezeugt. Nach seinem Tod hinterließ er fünf Töchter, welche sich mit ihrem Anliegen an Mose wandten und sprachen:
Unser Vater ist in der Wüste gestorben; er gehörte aber nicht zu der Rotte, die sich in der Rotte Korahs gegen YHWH zusammenschloss; sondern er ist an seiner Sünde gestorben; und er hat keine Söhne gehabt. Warum soll denn der Name unseres Vaters unter seinen Geschlechtern untergehen, weil er keinen Sohn hat? Gib uns auch ein Eigentum unter den Brüdern unseres Vaters! (4. Mose 27,3-4)
Die Töchter Zelophchads erkannten das Problem. Wenn sie eine Ehe eingingen, würden sie zum Haus ihres Mannes gezählt werden. Damit würde es keinen Nachfolger mehr geben, der das Erbteil Zelophchads beanspruchen könnte. Die Sippe und das Vaterhaus würden demnach aussterben.
Nachdem Mose den Allmächtigen zu diesem Thema befragt hatte, empfing er eine Lösung (Vgl. 4. Mose 27,5-11). Doch YHWH kannte den Fall um Zelophchad und seine Töchter bereits im Voraus. Warum hat Gott sein Volk nicht gleich darüber aufgeklärt, wie mit Stämmen zu verfahren wäre, bei denen es keinen Sohn gab, der das Erbe antreten konnte?
Wahrscheinlich legte er Wert auf den Erkenntnisprozess und das Erleben seiner Kinder. Erst als Israel das Problem selbst erkannte, musste sich das Volk auch aktiv damit auseinandersetzen.
Hätte YHWH zuvor eine Anweisung gegeben, wäre diese auch im blinden Gehorsam ohne inhaltliches Verständnis umsetzbar gewesen. Da Gott aber kein Volk aus Automaten, sondern aus intelligenten Menschen haben möchte, überließ er den Töchtern Zelophchads den Erfahrungsprozess.
Er ermöglichte ihnen damit, den Sachverhalt auch inhaltlich gedanklich zu durchdringen und schenkte ihnen damit eine Chance zu reifen.
Die Sache mit dem König
In einem weiteren Fall sehen wir, dass Gott die Erfahrung, die sein Volk auch auf einem Irrweg machte, als sehr wichtig ansah. Es handelt sich hierbei um die Entscheidung Israels, einen König wie alle anderen Völker einzusetzen.
YHWH wusste, dass die Kinder Israels irgendwann danach verlangen würden. Deshalb steckte er klare Regeln, welche in der Torah nachzulesen sind (Vgl. 5. Mose 17,14-20).
Dennoch verwundert dies, da er Samuel gegenüber klar äußerte:
Da sprach YHWH zu Samuel: Höre auf die Stimme des Volkes in allem, was sie dir gesagt haben; denn nicht dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen, dass ich nicht König über sie sein soll! (1. Samuel 8,7)
Gott bewertete das Verlangen des Volkes nach einem menschlichen König so, als würde das Volk Ihn komplett verwerfen. Warum also setzt er Regeln für einen König? Er hätte doch genauso gut bereits in der Torah verbieten können, dass es jemals einen menschlichen König über sein Volk geben durfte.
Auch hier können wir die Erklärung darin finden, dass Gott Israel einen Erfahrungsprozess schenken wollte.
Im Grunde sagte er: „Also gut, dann verschafft euch einen König. Ich gebe die Grenzen dafür, damit dieses Experiment nicht völlig aus dem Ruder läuft, aber ich weiß schon, dass das in einem Ägypten 2.0 enden wird. Aber wenn ihr mir nicht glaubt, dann müsst ihr es selbst erleben.“
Die Sache mit Bileam
Auch gegenüber Bileam sehen wir ein ähnliches Verhalten Gottes. Als Balak seine Männer zu Bileam schickte, bekam dieser von Gott die Anweisungen nicht mitzugehen (vgl. 4. Mose 22,12). Bileam hielt sich zunächst daran.
Als allerdings noch einmal vornehmere und edlere Männer mit mehr Geld kamen, gab Gott Bileam zur Antwort:
Da kam Gott in der Nacht zu Bileam und sprach zu ihm: Wenn die Männer gekommen sind, um dich zu rufen, so mache dich auf und geh mit ihnen; doch nur das, was ich dir sagen werde, nur das darfst du tun! (4. Mose 22,20)
Woher kam der Sinneswandel? Warum erlaubte Gott Bileam, mit den Männern Balaks zu gehen?
Auch hier kann dies nur mit dem Erkenntnis- und Erfahrungsprozess zusammenhängen, den der Allmächtige Bielam ermöglichen wollte. Obwohl Gott sein Missfallen über Bileams Mission ausdrückte, schonte er ihn doch und ließ ihn gewähren.
Erst als der Wahrsager zu anderen Mitteln griff, bedeutete dies seinen Tod (Vgl. 4. Mose 31,16).
Unser Weg mit Gott
Unser Leben mit dem Wort Gottes ist tatsächlich ein Erlebnis- und Erfahrungsprozess. Gott gibt uns einen Rahmen und reagiert auf unser Verhalten. Somit gibt er uns Rückmeldung auf die Dinge, die wir tun und hilft uns, bessere Lösungen für unser Leben zu finden.
Im Glauben geht es nicht primär darum, dass wir akribisch jeden Buchstaben der Torah auf die Goldwaage legen. Das kann uns schnell zum Verhängnis werden.
Vielmehr möchte Gott, dass wir sein Wort achten und unsere Erfahrungen mit dem Geist hinter der Torah abgleichen.
Wir befinden uns in einer lebendigen Beziehung zu Jeschua, wenn wir uns auf die von ihm für uns vorbereiteten Erkenntnisprozesse einlassen. Wenn wir im stetigen Fragen, Reflektieren und Beten bleiben, können wir kaum in die Irre gehen.
Letztlich spricht Gott durch jede einzelne Lebenserfahrung zu uns. Hören wir zu? Und bringen wir die Erfahrungen in Einklang mit seinem durch sein Wort offenbarten Willen?
Möge YHWH uns noch mehr tiefe Erkenntnisse und nachhaltig reifende Erfahrungen schenken.
Bildquelle: Pixabay.com
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