Die Kraft der Trennung
Wenn wir uns den Schöpfungsbericht ansehen, dann fällt ein ganz zentrales Prinzip auf, von dem sämtliche Prozesse betroffen sind. Es ist das Prinzip der Trennung.
Gott schuf die Welt unter anderem damit, dass er bestehende Verbindungen löste, um daraus etwas Neues zu schaffen.
Trennung als Keimzelle des Neuen
Bereits im ersten Satz des Schöpfungsberichts begegnet uns ein Satz, der eine Trennung beschreibt.
Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. (1. Mose 1,1)
Himmel und Erde bestanden zwar miteinander, waren aber von Anfang an getrennt. Es handelt sich bis heute um zwei strikt voneinander getrennte Bereiche. Doch nur das Zusammenspiel von Himmel und Erde macht diese Welt erst zu einem Lebensraum.
Im weiteren Verlauf gehen die Trennungen weiter. So schied Gott Licht und Finsternis (Vgl. 1. Mose 1,4), die Wasser über der Erden von den Wassern unter der Erde (Vgl. 1. Mose 1,6-7) oder das trockene Land vom Meer (Vgl. 1. Mose 1,9-10).
Es scheint, als sei die Trennung ein notwendiges Schöpfungsprinzip, damit neue Dinge entstehen können. Schauen wir einmal, ob wir weitere Beispiele dafür finden.
Die Trennung von David und Jonathan
David und Jonathan waren Freunde. Mehrfach wird in der Bibel erwähnt, dass sie einen Bund miteinander schlossen (Vgl. 1. Samuel 18,3; 20,16; 23,18), sodass wir davon ausgehen können, dass sie auf ewig füreinander da sein wollten.
Doch es gab ein Problem. Jonathans Vater Saul, der König Israels, wollte David töten.
Saul aber redete zu seinem Sohn Jonathan und zu allen seinen Knechten, dass sie David töten sollten. Aber Jonathan, Sauls Sohn, hatte großes Wohlgefallen an David. (1. Samuel 19,1)
David hatte die Berufung zum König von Gott erhalten. Damit war er ein Konkurrent für Saul und vor allem für seine Söhne. Jonathan wäre einer der Thronnachfolger aus dem Hause Sauls gewesen. Demnach konnte David nicht König werden, wenn Jonathan am Leben war.
Wie konnte Gott also seinen Plan durchführen? Indem er die beiden trennte. Jonathan starb später an der Seite seines Vaters. David hingegen wurde König, wodurch der königliche Messias aus dem Stamm Juda entspringen konnte.
Die Trennung von Lot und Abraham
Abraham war verheißen, dass Gott ihn zu einem großen Volk machen würde. Das bedeutete, dass Abraham einen Sohn bekommen würde. Gottes Verheißung erhielt der Patriarch aber erst im Alter von 75 Jahren (Vgl. 1. Mose 12,1-4).
Bis dahin hatte Abraham keinen Sohn gehabt. Doch irgendjemand musste sein Erbe antreten. Könnte es sein, dass Abraham in seinem Neffen Lot den Sohn gesehen hatte, der ihm selbst bisher verwehrt geblieben war?
Offensichtlich war Lot dem Patriarchen sehr wichtig, schließlich nahm er ihn mit, als er nach Kanaan aufbrach und rettete ihn später aus der Hand der heidnischen Könige um Kedor-Laomer (Vgl. 1. Mose 14).
Doch Gott hatte andere Pläne mit Abraham. Er wollte ihm einen eigenen Sohn geben, der die Verheißung erfüllen sollte. Und so musste er Abraham von Lot trennen. Erst versuchte er es damit, die Schafherden beider Männer so zu mehren, dass sie nicht mehr beieinander wohnen konnten.
Doch es stellte sich bald heraus, dass Gott zu anderen Mitteln greifen musste. Und so richtete er die Stadt Sodom, in der Lot lebte.
Selbstverständlich war der Grund des Gerichts über die Städte am Salzmeer deren Sünden. Doch mit der Vernichtung Sodoms konnte Abraham sich auch von Lot lösen.
Denn obwohl der Patriarch mit dem Allmächtigen darüber verhandelte, die Stadt zu verschonen, sah er am nächsten Morgen nur die Rauchwolken Sodoms zum Himmel steigen.
Abraham aber begab sich früh am Morgen zu dem Ort, wo er vor dem HERRN gestanden hatte. 28 Und er blickte hinab auf Sodom und Gomorra und auf das ganze Land jener Gegend und sah sich um, und siehe, ein Rauch ging auf von dem Land, wie der Rauch eines Schmelzofens. (1. Mose 19,27-28)
Für Abraham muss es so ausgesehen haben, als ob Lot in den Flammen Sodom umgekommen war. Somit musste er sich von der Hoffnung auf Lot als Erben trennen und war frei für den verheißenen Sohn.
Geburt als Trennung
Über die biblischen Texte hinaus sehen wir das Prinzip der Trennung ebenfalls als lebensspendenden Prozess. Oder was ist eine Geburt anderes als die Trennung des kindlichen Leibes von dem der Mutter?
Zudem müssen Früchte von den Bäumen getrennt werden, um zur Nahrung zu dienen.
Und wir müssen uns von der Sünde trennen, um zu leben.
Jetzt aber, da ihr von der Sünde frei und Gott dienstbar geworden seid, habt ihr als eure Frucht die Heiligung, als Ende aber das ewige Leben. (Römer 6,22)
Fazit
Trennungen gehören in unserem Leben dazu. Manchmal sind sie tatsächlich von Gott gewirkt, um Segen und Leben in unsere Welt zu bringen.
Es ist nicht immer leicht und manchmal sogar schmerzhaft, von lieb gewordenen Dingen oder Menschen Abschied zu nehmen. Aber manchmal sind diese Erfahrungen notwendig, um in unserer Berufung zu wachsen.
Deshalb sollten wir alle Trennungen annehmen. Trauer um den Verlust ist gut und gesund. Aber nach einer gewissen Zeit dürfen wir hoffnungsvoll nach vorn schauen, was Gott mit unserem neuen Leben vorhat.
Bildquelle: Unsplash.com
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