#38 Devarim – „Worte“
Devarim
5. Mose 1,1-3,22
Jesaja 1,1-27; Matthäus 24,1-22
Mit der Lesung Devarim beginnt Moses letzte Rede, die er dem Volk kurz vor der Landnahme hielt. In dieser Rede rekapitulierte er die wichtigen Ereignisse, die die Kinder Israels auf ihrem Weg durch die Wüste erlebten, wiederholte bereits bekannte Gebote und gab auch einige Anweisungen, die explizit für das Land galten, weiter.
In diesem Kommentar wollen wir uns eines dieser Ereignisse, die Mose wieder hervorbrachte, ansehen. Es handelt sich dabei um die Verteilung des Landes östlich des Jordans.
Das Anliegen der Stämme Ruben und Gad
Als die Kinder Israels die Könige Sihon und Og östlich des Jordans geschlagen hatten, überlegten sich die Stämme Ruben und Gad, dass das Land dieser Könige doch auch für sie und ihr Vieh geeignet sein könnte.
Die Söhne Rubens aber und die Söhne Gads hatten viel Vieh, eine gewaltige Menge; und sie sahen das Land Jaeser und das Land Gilead, und siehe, es war ein geeignetes Land für ihr Vieh. (4. Mose 32,1)
Sie kamen mit dem Anliegen zu Mose, ihnen das Land zu überlassen und sie nicht über den Jordan zu führen. Offensichtlich wollten sich die beiden Stämme nicht an dem Feldzug gegen die Kanaaniter beteiligen (Vgl. 4. Mose 32,2-5).
Mose reagierte durchaus zornig. Er erinnerte die Söhne Gads und die Söhen Rubens daran, dass bereits 40 Jahre zuvor einige Kundschafter aus Kanaan kamen und ebenfalls meinten, dass das Land aufgrund der Riesen darin nicht einzunehmen wäre. Mose sah in der Bitte der beiden Stämme eine Parallele zu diesem Ereignis und warnte die Rubeniter und Gaditer davor, denselben Pfad der Kundschafter zu beschreiten. Im Ergebnis würde das ganze Volk nur noch länger in der Wüste verharren müssen (Vgl. 4. Mose 32,6-15).
Die beiden Stämme überlegten es sich schließlich und schlugen vor, doch mit ihren Brüdern in den Krieg zu ziehen. Dafür wollten sie aber schon das Land östlich des Jordans nutzen, um ihre Frauen, Kinder und ihr Vieh dort unterzubringen. In Moses Augen war dies recht, doch er wies sie auch ausdrücklich auf ihre Verpflichtung hin.
Und ich gebot euch zu der Zeit und sprach: YHWH, euer Gott, hat euch dieses Land gegeben, damit ihr es in Besitz nehmt; so zieht nun gerüstet vor euren Brüdern, den Söhnen Israels, her, alle kriegstauglichen Männer. (5. Mose 3,18)
Was wäre wenn?
Nehmen wir einmal an, dass die beiden Stämme tatsächlich darauf bestanden hätten, das Land östlich des Jordans zu bekommen und nicht mit den Brüdern in den Krieg zu ziehen. Welche Auswirkungen hätte das gehabt?
Vermutlich lag Mose mit seiner Einschätzung schon ganz richtig. Ein großer Teil des Volkes hätte nicht nach Kanaan ziehen wollen. Stattdessen wären Streitigkeiten über das Ostjordanland wahrscheinlich gewesen.
Es hätte aber auch sein können, dass die restlichen Stämme trotzdem in die Schlacht gezogen wären. In diesem Fall hätten sie deutlich mehr Opfer gebracht als Ruben und Gad, um ihren Erbbesitz einzunehmen. Hätte das den Frieden unter den Stämmen gefördert? Wohl kaum!
Mose betonte nicht umsonst, dass auch die Brüder von Gad und Ruben zur Ruhe kommen sollten:
… bis YHWH auch eure Brüder zur Ruhe bringt wie euch, bis auch sie das Land in Besitz nehmen, das ihnen YHWH, euer Gott, jenseits des Jordan gibt; und dann sollt ihr zurückkehren, jeder zu seinem Besitztum, das ich euch gegeben habe! (5. Mose 3,20)
Fazit
Was können wir nun aus dieser Geschichte lernen? Warum führte sie Mose in seiner Rede in Devarim noch einmal an?
Es ging ihm sicher nicht nur darum, den Besitzanspruch der Stämme Ruben, Gad und des halben Stammes Manasse auf das Land östlich des Jordan zu bestätigen. Vielmehr zeigt diese Geschichte, wie wichtig es ist, innerhalb einer Gemeinschaft auf das Wohl des anderen zu achten, statt nur auf sich selbst.
Ruben und Gad hätten wahrscheinlich keinen Frieden gefunden, wenn sie ihren Brüdern ihre Unterstützung verwehrt hätten. Nur indem sie sich um den Frieden ihrer Volksgenossen kümmerten, konnten sie auch ihr eigenes Erbteil genießen.
Und nicht anders geht es uns in all den Gemeinschaften, in denen wir uns befinden. Das Prinzip gilt immer, sei es in der Familie, auf der Arbeit, im Freundeskreis oder in der Gemeinde. Wer selbst in Frieden (zufrieden) leben will, der sorgt vor allem um das Wohl seiner Mitmenschen.
Nur wenn wir uns auch um die Belange und Bedürfnisse unserer Mitmenschen, Brüdern und Schwestern kümmern, werden wir auch eine Gemeinschaft erleben, in der es allen gut geht.
Und so erinnert uns auch Paulus daran, dass wir den Blick auf den Anderen nie vergessen sollten, indem er schrieb:
Einer trage des anderen Lasten, und so sollt ihr das Gesetz des Messias erfüllen! (Galater 6,2)
Lasst uns diese Lehre aus Devarim in unserem Leben zur vollen Entfaltung kommen lassen!
Bildquelle: Pixabay.com
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