#09 Wajeschew – „Und er wohnte“
Wajeschew
1. Mose 37,1-40,23
Amos 2,6-3,8; Matthäus 1,18-25
Wenn wir in die Tiefen des hebräischen Textes eintauchen, dann offenbaren sich uns Zusammenhänge, die wir in den deutschen Übersetzungen kaum sehen können. Anhand eines Beispiels aus Wajeschew wollen wir uns dieses Prinzip anschauen.
Der Mann, dem Joseph begegnete
Als Jakob seinen Sohn Joseph zu seinen Brüdern nach Sichem schickte, damit dieser nach ihrem Wohlergehen schauen konnte, verlief sich der 17-Jährige auf dem Feld. Zumindest ist klar, dass er seine Brüder nicht finden konnte.
In diesem Moment begegnete ihm ein Mann.
Da traf ihn ein Mann, als er umherirrte auf dem Feld; der fragte ihn und sprach: Was suchst du? (1. Mose 37,15)
Der Text in Wajeschew verrät uns nicht, wer dieser Mann war oder woher er kam. Er war einfach da und hatte mitbekommen, wo sich Josephs Brüder aufhielten.
Er antwortete: Ich suche meine Brüder; sage mir doch, wo sie weiden! Der Mann antwortete: Sie sind von hier fortgezogen; denn ich hörte sie sagen: Lasst uns nach Dotan ziehen! Da ging Joseph seinen Brüdern nach und fand sie in Dotan. (1. Mose 37,16-17)
Nun ist es natürlich kein Zufall, dass dieser Mann einfach so auftauchte. Letztlich hätte die Erzählung auch ohne diesen Fakt auskommen können. Die Bibel hätte uns einfach berichten können, dass Joseph seine Brüder in Dothan statt in Sichem fand.
Doch die Erwähnung des namenlosen Mannes scheint eine besondere Bedeutung zu haben.
Das Geheimnis um den namenlosen Mann
Wenn wir diesen Mann identifizieren wollen, müssen wir uns zu einem gewissen Grad auf eine spekulative Ebene begeben. Leider ist seine Identität nicht eindeutig geklärt. Wir können aber einige Indizien zusammentragen.
Wenn wir jüdische Quellen und Kommentare bemühen, dann erfahren wir, dass es sich hierbei um einen Engel (Gabriel) gehandelt haben könnte. Demnach ist den Rabbis bewusst, dass Joseph hier eine übernatürliche Begegnung hatte.
Doch wenn wir die Schrift erforschen, dann finden wir weitere Vorfälle, in denen ein namenloser Mann ohne Herkunftsbeschreibung oder Stammbaum auftaucht. Im folgenden Fall wird seine Identität allerdings aufgeklärt.
Der Mann, der mit Jakob rang
Als Jakob am Jabbok mit dem Mann rang, wollte dieser ihm seinen Namen auch nicht mitteilen (Vgl. 1. Mose 32,30). Er tauchte wie aus dem Nichts auf und hatte weder einen Stammbaum noch ein Geschlechtsregister. Am Ende wurde dieser Mann aber vom Patriarchen eindeutig identifiziert.
Jakob aber nannte den Ort Pniel; denn er sprach: Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und meine Seele ist gerettet worden! (1. Mose 32,31)
Wenn Jakob also mit Gott gerungen hat, war es dann nicht Jeschua, mit dem er rang?
Mit diesem Hinweis erscheint es sehr naheliegend, dass es auch Jeschua war, der Joseph den Weg zu seinen Brüdern wies.
Die Aussage des Mannes
Interessant sind dabei die Worte, die Jeschua gebrauchte. Schauen wir uns den Vers aus Wajeschew noch einmal an:
Der Mann antwortete: Sie sind von hier fortgezogen; denn ich hörte sie sagen: Lasst uns nach Dotan ziehen! Da ging Joseph seinen Brüdern nach und fand sie in Dotan. (1. Mose 37,17)
Zunächst einmal sollte außer Zweifel stehen, dass Jeschua sehr genau wusste, wo sich die Söhne Jakobs aufhielten. Doch er sprach lediglich davon, dass er sie sagen hörte, dass sie nach Dotan ziehen wollten.
Doch neben der offensichtlichen Ortsbezeichnung könnte Jeschua hier noch eine andere Ebene offenbart haben.
Die Aussage: „Sie sind von hier fortgezogen“ ist keine korrekte wörtliche Übersetzung. Das Wort „hier“ würde im Hebräischen mit poh wiedergegeben werden. Das im Vers verwendete zeh bedeutet aber soviel wie „dieses“. Mit anderen Worten sagte Jeschua eigentlich: „Sie sind von diesem fortgezogen.“
Worauf bezog er sich? Vielleicht auf die Eigenschaft als Brüder, denn Joseph sagte ja, er suche seine Brüder. Um diese These zu untermauern, ergibt der nummerische Wert des Wörtchen zeh im Hebräischen genau zwölf.
Könnte es also sein, dass Jeschua Joseph mit dieser etwas kryptischen Aussage warnte, dass die Brüder ihn nicht mehr als ihren Bruder ansahen? Ja, dass sie ihn sogar töten wollten.
Es kommt noch besser: Das Wort Dotan kommt vom hebräischen Dat, was so viel wie Gesetz bedeutet. Mit einem Gesetz bekundet ein König seinen Willen und erwartet, dass jedermann diesem Gesetz folgt.
Möglicherweise war der Beschluss der 10 Brüder, Joseph zu töten schon längst gefallen und sie waren nun auf dem Weg, dieses Vorhaben in einem Pakt (Gesetz) miteinander zu besiegeln.
Die Schrift sagt:
Nein, GOTT, der Herr, tut nichts, ohne dass er sein Geheimnis seinen Knechten, den Propheten, geoffenbart hat. (Amos 3,7)
Im Falle Josephs blieb Jeschua diesem Prinzip treu. Wer weiß, wie die Geschichte ausgegangen wäre, wenn der 11. Sohn Jakobs die Aussage Jeschuas auf allen Ebenen verstanden hätte.
Bildquelle: Moody Publishers / FreeBibleimages.org
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