#27 Tazria – „Sie empfängt“
Tazria
3. Mose 12,1-13,59
Hesekiel 45,16-46,18; Lukas 22,1-13
Ein Schwerpunkt der Lesung Tazria liegt auf den Anweisungen für eine frisch entbundene Frau. Wir wollen in diesem Beitrag einen Blick auf die entsprechenden Gebote legen.
Die Unreinheit
YHWH unterscheidet in seinem Wort zwischen rein und unrein. Jeder Gegenstand oder jedes Lebewesen wird einen dieser beiden Zustände aufweisen. Sie sind entweder rein oder unrein. Doch wie können wir diese beiden Zustände definieren?
Die einfachste Definition ist wohl darin zu sehen, dass nur reine Dinge oder Wesen vor Gott treten können. Wer nicht rein ist, kann in der Gegenwart Gottes nicht existieren. Dieses Prinzip ist unter anderem in folgendem Vers sichtbar:
So sollt ihr die Kinder Israels von ihrer Unreinheit absondern, damit sie nicht wegen ihrer Unreinheit sterben, wenn sie meine Wohnung verunreinigen, die in ihrer Mitte ist. (3. Mose 15,31)
Doch wann wird jemand unrein? Wenn wir die Ursache von Unreinheit verallgemeinern wollten, dann wären wir wohl mit der Formulierung „Berührung mit dem Tod“ gar nicht so weit entfernt. Tatsächlich hat die Unreinheit viel mit dem Tod zu tun.
Aus folgenden Gründen können Menschen unrein werden:
- Berührung eines Toten (Vgl. 4. Mose 19,11)
- Essen von unreinem Fleisch oder Berührung von unreinem Aas (Vgl. 3. Mose 11,8)
- Aussatz (Vgl. 3. Mose 13)
- Ausfluss oder Abgang von Samen beim Mann (Vgl. 3. Mose 15,2-16)
- Die Monatsblutung der Frau (Vgl. 3. Mose 15,19)
- Frauen nach der Entbindung (Vgl. 3. Mose 12)
Es stellt sich doch die Frage, warum Frauen ausgerechnet dann unrein sind, wenn sie Leben zur Welt gebracht haben .
Die Unreinheit der Frau laut Tazria
In der Lesung Tazria erfahren wir, dass Frauen nach der Geburt eines Jungen zunächst sieben Tage lang unrein sind. Danach folgen weitere 33 Tage der Absonderung.
Rede zu den Kindern Israels und sprich: Wenn eine Frau schwanger ist und einen Knaben gebiert, so soll sie sieben Tage lang unrein sein; sie soll unrein sein wie in den Tagen, an denen sie abgesondert ist wegen ihres Unwohlseins… Und sie soll 33 Tage lang im Blut ihrer Reinigung daheimbleiben; sie soll nichts Heiliges anrühren und nicht zum Heiligtum kommen, bis die Tage ihrer Reinigung erfüllt sind. (3. Mose 12,2.4)
Bei der Geburt eines Mädchens sollen sich die Zeiträume jeweils noch einmal verdoppeln.
Gebiert sie aber ein Mädchen, so soll sie zwei Wochen lang unrein sein wie bei ihrer Absonderung [wegen der Monatsblutung], und sie soll 66 Tage lang daheimbleiben im Blut ihrer Reinigung. (3. Mose 12,5)
Zunächst ist festzuhalten, dass diese Gebote im alten Israel nicht bedeuteten, dass die Frau die Zeit ihrer Unreinheit allein außerhalb des Lagers verbringen sollte. Es war ihr einfach nicht gestattet zum Tempel bzw. der Stiftshütte zu kommen. Für den Mann würde das Gleiche gelten, denn auch er hätte sich sicher in irgendeiner Form an seiner Frau verunreinigt.
Wenn wir einmal ehrlich sind, dann ist das auch wirklich eine Entlastung für eine Familie mit Neugeborenem, wenn alle daheim belieben dürfen und so wenige Verpflichtungen wie möglich haben. Gerade die erste Zeit nach der Geburt eines Babys ist eine ganz besondere und sollte auch von allen genossen werden können.
Doch was hat es konkret mit der Unreinheit auf sich?
Die Opfer zur Reinigung
Die Opfer, die die Frau laut Tazria zu ihrer Reinigung darbringen sollte, geben uns möglicherweise Aufschluss darüber, weshalb Gott die Frau als unrein betrachtete.
Und wenn die Tage ihrer Reinigung erfüllt sind für den Sohn oder für die Tochter, so soll sie zu dem Priester am Eingang der Stiftshütte ein einjähriges Lamm als Brandopfer bringen und eine junge Taube oder eine Turteltaube als Sündopfer. (3. Mose 12,6)
Das einjährige Lamm gilt in der Schrift immer als Symbol für den Messias Jeschua. Schließlich ist er das Lamm Gottes (vgl. Johannes 1,29). Dieses Lamm sollte von der Frau als Brandopfer dargebracht werden. Brandopfer wurden immer vollständig verbrannt. Sie symbolisieren dadurch, dass wir unser ganzes Leben zur Ehre Gottes führen sollen.
Jeschua tat dies und somit ist es auch unsere Bestimmung, denn wir sind ja in seinem Bild geschaffen.
Doch auch wenn wir Jeschua widerspiegeln sollen, sind wir doch sündige Menschen. Und so gebiert auch jede Frau sowohl einen Menschen im Bild Gottes als auch einen Sünder, einen Feind Gottes. Darauf weist das Sündopfer hin.
Beide der oben genannten Rollen sind in jedem Menschen vorhanden. Tatsächlich befindet sich die ganze Welt in dieser Dualität. Sie ist die Schöpfung Gottes und spiegelt seine Herrlichkeit wider. Doch gleichzeitig befindet sie sich in Rebellion gegen ihren Schöpfer.
Und so ist auch die Geburt eines Menschen von zwei Seiten zu sehen. Einerseits kommt ein Kind Gottes zur Welt. Doch andererseits betritt auch ein weiterer Sünder, ein Feind Gottes, die irdische Bühne.
Aus meiner Sicht will der Allmächtige uns auf diese Dualität hinweisen, indem er die Frau nach der Entbindung für unrein erklärt, wie wir es in Tazria lesen.
Doch sollten wir dieses Gebot nicht als Strafe verstehen. Es ist vielmehr eine Erinnerung für die Eltern, dass sie ihr Kind wie einen Rohdiamanten schleifen, sodass es eines Tages die reine Herrlichkeit Gottes in die Welt reflektieren kann.
Bildquelle: Pixabay.com
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