Abraham, Isaak und Jakob – Helden unseres Glaubens – Teil 9 – Maß für Maß
Die so genannte »Goldene Regel« ist weithin bekannt: Was du nicht willst das man dir tu, das füg auch keinem andern zu!
Auch ungläubigen Menschen leuchtet diese Weisheit im Allgemeinen ein.
Schauen wir uns das Leben der Patriarchen an, finden wir eine weitere, etwas ähnliche Lebensweisheit, die man mehr als ernst nehmen sollte.
Man könnte sie wie folgt formulieren: Das was du anderen antust, tun dir oft auch andere an.
Diese Regel ist vielen nicht bekannt. Und doch es ist überwältigend, wie oft einem dieses Maß-für-Maß-Prinzip (engl. measure for measure) im 1.Buch Mose begegnet. Viele Male lassen sich Personen etwas zu Schulden kommen und erleben spätere ähnliches am eigenen Leib:
Maß für Maß im ersten Buch Mose
Jakob täuscht seinen Vater Isaak (indem er sich als Esau ausgibt). Ebenso wird er von seinen eigenen Söhnen getäuscht, als diese ihm weismachen, dass Josef gestorben sei.
Jakob täuscht seinen Vater mit einem Mantel (den Kleidern Esaus) und einem Ziegenbraten. Die Söhne Jakobs täuschen Jakob mit dem Mantel Josefs, den sie im Blut einer Ziege tränken.
Rebekka stiftet Jakob zu diesem Täuschungsmanöver an ihrem Mann an. Jahre später ist sich Jakob unsicher, auf welcher Seite seine eigenen Frauen stehen: Auf seiner oder auf der ihres Vaters Laban (vgl. 1.Mo 31,7ff).
Jakob tauscht die Rollen der Erstgeburt in seinem eigenen Leben (Esau war der ältere) und erfährt bei seinen Frauen ein ähnliches Wechselspiel, als er zuerst die ältere Schwester Lea heiraten muss.
Jakob muss für 22 Jahre ins Exil – getrennt von seinem Vater Isaak. Später muss Jakob selbst auf einen seiner Söhne für ebenso 22 Jahre verzichten (Josef in Ägypten).
Jakob ehrt seinen Vater nicht, indem er ihn hintergeht. Jahre später herrscht sein eigener Sohn Yosef als zweiter König über Ägypten über Jakob. Normalerweise ist ein Vater in einer höheren Stellung als sein Sohn.
Vergleiche 1.Mo 47,7a: Und Josef brachte seinen Vater Jakob und ließ ihn vor den Pharao treten.
Josef bringt seinen Vater vor den Pharao. Das spiegelt diese „vertauschten“ Rollen sehr gut wieder. Es ist auch in der Bibel sehr ungewöhnlich, dass ein Sohn über seinen Vater herrscht.
Siehe auch 1.Mo 47,29: Und als die Tage Israels nahten, dass er sterben sollte, rief er seinen Sohn Josef und sprach zu ihm: Wenn ich nun Gunst gefunden habe in deinen Augen,…
Weitere Vorkommnisse von Maß für Maß:
Josefs Brüder wollten Josef nicht mit dem „Friedensgruß“ grüßen (1.Mo 37,4) und lebten später für 22 Jahre in einem Haus der Trauer (1.Mo 37,35).
Juda trug Verantwortung dafür, dass Josef verkauft wurde (der damit für seinen Vater als tot galt). Einige Jahre später muss er selbst den Tod von sogar zwei Söhnen beklagen.
Simeon hat die Verantwortung als Josef seiner Freiheit beraubt wird (er ist in der Situation der älteste der Brüder, da Ruben weg ist). Später muss er über Jahre im Gefängnis in Ägypten sitzen (zwischen den beiden Reisen der Brüder nach Ägypten).
Juda, der die Idee des Verkaufs von Josef hatte, und die restlichen Brüder täuschen ihren Vater Jakob mit Hilfe von Ziegenblut. Jahre später wird Juda von Tamar hintergangen. Eine Rolle spielt dabei ein Ziegenbock. In 1.Mo 37,32 und 38,25 steckt übrigens das gleiche hebräische Wort nakar („sieh doch“ oder „erkenne doch“).
Das Leben Jakobs
Wir sehen in diesen Beispielen, dass Jakob bei all dem eine zentrale Rolle spielt. Rabbi Poupko zeigt auf, dass Jakob in seinem Leben gerade aufgrund seines Täuschungsmanövers gegenüber seinem Vater so viel zu erleiden hatte. Es war der Wendepunkt in seinem Leben.
Als er viele Jahre später vor dem Pharao in Ägypten steht, hört er sich wie ein gebrochener Mann an:
1.Mo 47,9: Jakob sprach zum Pharao: Die ganze Zeit meiner Fremdlingschaft beträgt 130 Jahre; wenig und böse sind meine Lebensjahre gewesen, und sie erreichen nicht die Zahl der Lebensjahre meiner Väter in den Tagen ihrer Fremdlingschaft.
Jakob schaut auf sein Leben zurück und seine Worte triefen vor Depression und Negativität. Sein Leben empfindet er als böse und als nicht mit denen seiner Väter, Abraham und Isaak, zu vergleichen.
Doch wir wissen, was Gott aus Menschen macht, die einen zerbrochenen Geist haben! Menschen die sich demütigen und am Boden liegen, stehen zu einer nicht wiedererkennbaren Größe auf!
Ps 34,19-21: Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und er hilft denen, die zerschlagenen Geistes sind. Der Gerechte muss viel Böses erleiden; aber aus allem rettet ihn der Herr. Er bewahrt ihm alle seine Gebeine, dass nicht eines von ihnen zerbrochen wird.
Jes 66,2b: Ich will aber den ansehen, der demütig und zerbrochenen Geistes ist und der zittert vor meinem Wort.
Erlösung
Kurz vor dem Ende seines Lebens erlebt Jakob eine entscheidende Situation. Es ist eine Versöhnung mit sich selbst, eine Art Erlösung. Und es verändert seine Sicht auf sein eigenes Leben (s.o.).
Jakob verbringt noch 17 Jahre in Ägypten (vgl. 1.Mo 47,28). Man sagt, dass er so wie er damals Josef die Torah gelehrt hat, nun seinen Enkel Ephraim in den Wegen Gottes unterrichtet.
Doch die entscheidende Begebenheit erlebt Jakob als er schon körperlich schwach ist und im Bett liegt.
Dazu muss man sich vorstellen, dass er über all die Jahre immer wieder an die eine Situation mit seinem Vater gedacht haben muss. Er steht vor Isaak, gibt sich als Esau aus und ergaunert sich den Familiensegen. Danach ist sein Leben nicht mehr so wie vorher. Und wie wir gesehen haben, büßt er in vielen Momenten für dieses Vorgehen.
Nun kann er selbst nicht mehr gut sehen (1.Mo 48,10) – so wie Isaak damals. Er ruft seinen Sohn Josef und dessen Söhne an sein Bett und wie durch eine Offenbarung muss ihm klar geworden sein, dass er seine Enkel, Ephraim und Manasse, segnen soll. Die beiden knien sich vor ihren Großvater und warten, dass sie gesegnet werden. Jakob weiß durch den Heiligen Geist, dass der Jüngere den Segen durch die rechte Hand bekommen soll. Er kreuzt seine Hände und legt sie auf Ephraim und Manasse.
Und spätestens in diesem Moment muss es Jakob einen Schlag versetzt haben. Es ist kein Zufall! Er erlebt gerade genau die Situation, die er erlebt haben müsste!
Zwei Brüder werden gesegnet und der jüngere wird mit dem größeren Segen bedacht. So hätten Jakob und Esau von Isaak gesegnet werden müssen!
Doch aus vielen verschiedenen Gründen kam es anders. Und es war von Gott so geführt.
Frieden über das eigene Leben
Diese Situation mit Ephraim und Manasse runden die ganzen Erlebnisse Jakobs ab. Sie ist wie der Schlusspunkt hinter all seinem Leiden.
Und wir sehen, wie verändert Jakob in diesem Moment ist: Er ist wieder Vater und Autorität über seinem Sohn Josef (vgl. 1.Mo 48,19). Und er redet nun von einer Einheit: Abraham, Isaak und Jakob (1.Mo 48,16). Nachdem Jakob seine Enkel gesegnet (und adoptiert) hat, ist er nun bereit, seine eigenen Söhne zu segnen.
Jakob hat Frieden geschlossen mit seinem Leben – und mit der Situation, die sein ganzes Leben geprägt hat.
Was nehmen wir mit?
Natürlich sind nicht alle unsere schweren und schlimmen Erlebnisse Folgen unserer eigenen Taten. Doch hin und wieder können wir davon ausgehen. Die Bibel zeugt davon an vielen Stellen.
Letztendlich geht es aber darum, dass wir mit Seiner Hilfe aufstehen und sehen, wie ER an unserem Leben wirkt, damit wir als Sieger und Überwinder aus unserem Leben hervorgehen!
Und das durfte auch Jakob am Ende seines Lebens erfahren.
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