Abraham, Isaak und Jakob – Helden unseres Glaubens – Teil 5 – Die zwei Seiten der Torah
Unsere Vorväter waren herausragende Personen. In einer Welt, die von Götzendienst durchdrungen war, hoben sie sich ab, folgten nicht den bösen Wegen von Menschen, sondern suchten den Willen Gottes.
Noch lange vor dem Empfangen der Torah am Berg Sinai, wandelten sie schon in den Grundlagen dieser Gebote:
1.Mo 26,4-5: Und ich [Gott] will deinen [Isaaks] Samen mehren wie die Sterne des Himmels, und ich will deinem Samen das ganze Land geben; und in deinem Samen sollen gesegnet werden alle Völker der Erde, weil Abraham meiner Stimme gehorsam gewesen ist und meine Rechte, meine Gebote, meine Satzungen und meine Gesetze [hebr. meine Torah] gehalten hat!
(Der Überlieferung nach war Abraham mehrere Jahre bei Noah und Shem und lernte von ihnen die Torah.)
Doch wie sah dieses Leben in der Torah aus?
Das Besondere an Abraham, Isaak und Jakob ist, dass sie beide Seiten der Torah lebten! Denn man kann auf zwei unterschiedliche Arten mit der Torah umgehen/leben:
- Indem man in ihr forscht und studiert.
- Indem man die Torah „in die Welt bringt“. Das heißt, man lebt sie so, dass viele andere Menschen diese Liebe abbekommen.
Abraham ist in diesem Sinne ein absolutes Vorbild. Der obige Vers zeigt, dass Abraham die Torah erforscht und diese Wege studiert haben muss. Doch wir sehen auch an vielen Stellen, wie Abraham und Sarah die Torah gelebt haben – vor allem anderen Menschen gegenüber:
- Sie „gewannen Seelen in Haran“ (1.Mo 12,5)
- Abrahams väterlicher Umgang mit Lot. Er übernimmt zum Beispiel mehrfach Verantwortung für ihn.
- Seine Demut gegenüber dem König von Sodom (1.Mo 14,22-24) und gegenüber Melchisedek (Sem, der Sohn von Noah)
- Ihre Gastfreundschaft (vgl. 1.Mo 18)
- etc.
Vorbilder
Die Torah zu studieren und sie aktiv zu leben ist etwas, was wir von unseren Vorvätern lernen dürfen. Wir müssen wissen, von was die Torah redet. Sie ist unser GPS (Gods Personal System), das unseren Alltag prägen soll. Und das bedeutet, dass man sie lebt.
Es ist überwältigend, wenn man sieht, was Abraham für einen Ruf bei den Bewohnern Kanaans hatte:
1.Mo 23,6a: Höre uns, mein Herr [Abraham], du bist ein Fürst Gottes mitten unter uns!
Die Kanaaniter waren Götzendiener. Doch sie kannten und ehrten Abraham, weil dieser ihnen mit Respekt und Liebe begegnete.
Die Rollen der zwei Söhne
Diese zwei Arten mit der Torah umzugehen, findet man in der Bibel an anderen Stellen wieder. So haben sich zum Beispiel die Stämme Israels diese Aufgabe geteilt. Während die Leviten die Verantwortung hatten, in der Torah zu studieren und sie den anderen Stämmen zu lehren, sollten die übrigen 12 Stämme die Torah in die Welt bringen.
Sie finanzierten die Leviten, erhielten dafür Torahlehre und konnten dann Licht in der Welt sein.
Auch bei den Söhnen Isaaks finden wir diese zwei Herangehensweisen wieder:
1.Mo 25,27: Und als die Knaben groß wurden, da wurde Esau ein tüchtiger Jäger, ein Mann des freien Feldes; Jakob aber war ein sittsamer Mann, der bei den Zelten blieb.
Rabbi Poupko erklärt, dass hier diese zwei Umgangsweisen mit der Torah zu finden sind: Während Jakob derjenige ist, der gerne zu Hause bleibt (und damit prädestiniert für das Torah-Studium ist), ist Esau ein Mann des freien Feldes (und würde damit die Aufgabe, die Torah in die Welt zu bringen, sehr gut erfüllen können).
Übrigens: Während Abraham viele, viele Menschen im Glauben unterrichtete, lehrte der Überlieferung nach Isaak nur einen einzigen Menschen in der Torah: Jakob.
Doch was ist mit Esau?
Rebekka weiß schon lange vorher, dass Esau die Aufgabe, die Torah in die Welt zu bringen, nicht erfüllen wird. Allerdings hat Isaak Hoffnung für die Rechtschaffenheit seines Sohnes.
Rabbi Poupko erklärt weiter, dass Isaak diese zwei Rollen, mit der Torah zu leben, zwischen seinen Söhnen aufteilen wollte (so wie später bei den Stämmen geschehen): Jakob wäre dann zum Torah-Forscher und Lehrer auserkoren und Esau zu demjenigen, der von Jakob diese Weisungen empfängt und in die Welt trägt.
Aber wie wir wissen kam es anders.
Esaus Gottlosigkeit lässt sich an vielen Stellen der Bibel zeigen. So zum Beispiel an seiner Frauenwahl:
1.Mo 26,34f: Als aber Esau 40 Jahre alt war, nahm er Judith zur Frau, die Tochter Beris, des Hetiters, und Basmath, die Tochter Elons, des Hetiters; die bereiteten Isaak und Rebekka viel Herzenskummer.
Noch deutlicher wird das einige Kapitel später:
1.Mo 36,2+24+25: Esau nahm seine Frauen von den Töchtern Kanaans: Ada, die Tochter Elons, des Hetiters, und Oholibama, die Tochter der Ana [im Hebr. Anas], der Tochter Zibeons, des Hewiters; […] Die Söhne Zibeons waren: Aja und Ana. […] Die Kinder Anas waren: Dischon und Oholibama, diese ist die Tochter Anas.
Oholibama ist die Tochter von Ana und Ana ist der Sohn von Zibeon. Wie kann aber Oholibama „die Tochter von Ana“ und „die Tochter von Zibeon“ sein? Wie kann Oholibama zwei Väter haben?
Das funktioniert nur, indem ihr Großvater Ehebruch mit seiner Schwiegertochter – also Oholibamas Mutter – getrieben hat.
Man kann also verstehen, dass Isaak und Rebekka nicht unbedingt erfreut über eine solche Schwiegertochter waren.
Schauen wir uns als nächstes die Segnungen an, mit denen Isaak seine Söhne bedacht hat. Denn hier erkennen wir viel von Isaaks Denken:
Isaak segnet seine Söhne
Wir lesen, wie Isaak dreimal einen seiner Söhne segnet:
1. Segen an Jakob (Isaak dachte, es sei Esau!)
1.Mo 27,27-29: Und er trat hinzu und küsste ihn. Und als er den Geruch seiner Kleider roch, segnete er ihn und sprach: Siehe, der Geruch meines Sohnes ist wie ein Geruch des Feldes, das der Herr gesegnet hat. Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom fettesten Boden und Korn und Most in Fülle! Völker sollen dir dienen und Geschlechter sich vor dir beugen; sei ein Herr über deine Brüder, und die Söhne deiner Mutter sollen sich vor dir beugen. Verflucht sei, wer dir flucht, und gesegnet sei, wer dich segnet!
2. Isaak segnet Esau
1.Mo 27,39-40: Da antwortete Isaak, sein Vater, und sprach zu ihm: Siehe, fern vom Fett der Erde wird dein Wohnsitz sein, und fern vom Tau des Himmels von oben. Von deinem Schwert wirst du leben und deinem Bruder dienen. Es wird aber geschehen, wenn du dich befreien kannst, wirst du sein Joch von deinem Hals reißen.
3. Isaak segnet Jakob (und weiß, dass es Jakob ist)
1.Mo 28,3-4: Und Gott, der Allmächtige, segne dich und mache dich fruchtbar und mehre dich, dass du zu einer Menge von Völkern werdest, und er gebe dir den Segen Abrahams, dir und deinem Samen mit dir, dass du das Land in Besitz nimmst, in dem du als Fremdling lebst, das Gott dem Abraham gegeben hat!
An diesen Segnungen erkennen wir einige überaus interessante Details:
- Isaak segnet Jakob mit dem Segen des Feldes, mit der Leitungsrolle in der Familie und einer exponierten Stellung in der Welt („Völker sollen dir dienen“). Diese Segnungen wollte Isaak ursprünglich Esau geben. Sie beinhalten das Torah-in-die-Welt-bringen und Licht-sein in der Welt. Isaak dachte, Esau könnte diese Aufgabe erfüllen. Doch Gott hatte andere Pläne (er sieht das Herz).
- Esau wird sich von dieser Führung Jakobs befreien. Isaak erkennt, dass Esaus Weltoffenheit nicht die von Abraham ist. ER ist ein Mann des Schwertes – und damit nicht geeignet für eine exponierte Stellung in der Welt oder der Familie. Isaak erkennt die Täuschung, ist sich aber bewusst, dass es von Gott gewollt und gut ist: Jakob „wird auch gesegnet bleiben!“ (1.Mo 27,33)
- Von Anfang an hatte Isaak einen Segen für Jakob vorbehalten (siehe drittens). Nun da Isaak weiß, dass er Jakob vor sich hat, überträgt er ihm auch den Rest des Segens. Die ganze Zeit wollte Isaak, dass Jakob den Segen Abrahams erhält.
Neue Herausforderungen
Für Jakob bedeutete diese Begebenheit eine neue Herausforderung. War es bisher ein Mann des Hauses, der die Torah studiert hat, war er nun aufgefordert auch „ein Mann des Feldes“ zu werden. Jemand der – wie sein Großvater Abraham – die Torah in der Welt bringt.
Wahrscheinlich war es kein Zufall, dass Jakob schon bald bei Laban und dort bei den Schafen und Ziegen „auf dem Feld“ landete. Es gab nun viel zu lernen.
Nicht selten lernen Menschen in der Bibel zuerst mit Schafen umzugehen, bevor sie Verantwortung über Menschen bekommen (siehe z.B. König David).
Während Issak ursprünglich beide Torah-Aufgaben auf seine Söhne verteilen wollte, sind nun beide Jakob anvertraut.
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