#22 Wajak’hel/Pekudei – „Und er versammelte/Zählung“
Wajakel/Pekudei
2. Mose 35,1-40,38
Hesekiel 36,16-38; Johannes 11,47-57
Beim Lesen der Heiligen Schrift ist jedes Detail von Bedeutung. Hinter jedem Wort können sich Offenbarungen verstecken, die uns in tiefe Wahrheiten leiten.
Dabei gibt es aber nicht nur eine Deutung eines Verses, sondern viele verschiedene. Diese Eigenschaft macht die Bibel lebendig, denn damit bietet die Schrift einerseits ein universal anwendbares Recht und andererseits eine auf den Leser angepasste Weisung, in der er sich persönlich wieder finden kann.
In diesem Kommentar zu Wajak’hel und Pekudei wollen wir die Personalpronomen ansehen, welche im Bericht der Arbeiten an der Stiftshütte verwendet werden. Wir werden feststellen, dass es hier durchaus einige Fragezeichen gibt, wer wofür verantwortlich war.
Israels Auftrag zum Bau der Stiftshütte
Als Mose zum dritten Mal vom Berg Sinai herabkam und die zwei steinernen Tafeln mit den Worten Gottes dem Volk mitbrachte, hatte er auch noch eine andere Botschaft. Israel sollte YHWH ein Zelt, eine Wohnung, bauen.
Hierfür sollte jeder im Volk, den sein Herz dazu trieb, die entsprechenden Materialien beitragen (Vgl. 2. Mose 35,4-9). Waren die Materialien erst einmal vorhanden, sollten die Arbeiten beginnen:
Und alle, die unter euch ein weises Herz haben, die sollen kommen und anfertigen, was YHWH geboten hat: (2. Mose 35,10)
Die nach dem obigen Zitat folgenden Verse zählen alle Bestandteile der Stiftshütte auf, die von denjenigen hergestellt werden sollten, die ein weises Herz dafür hatten. Es ist also klar, dass der Bau der Stiftshütte und die Anfertigung aller Bestandteile eine Gemeinschaftsaufgabe sein sollte.
Zudem gab es aber zwei Männer, die die Arbeiten anleiten sollten. Das waren Bezaleel und Oholiab (Vgl. 2. Mose 35,30-35).
Auch wenn diese beiden Männer besondere Talente für die Fertigung der Elemente der Stiftshütte hatten, so waren sie dennoch nicht mehr als Vorarbeiter. Auf keinen Fall bauten sie das Zelt allein. Dies wird auch deutlich aus der folgenden Beschreibung des Baus.
Der Bau der Stiftshütte
Es heißt zu Beginn des Kapitels 36:
Und Bezaleel und Oholiab und alle Männer, die ein weises Herz hatten, in die YHWH Weisheit und Verstand gelegt hatte, damit sie wussten, wie sie alle Werke machen sollten für den Dienst des Heiligtums, sie handelten nach all dem, was YHWH geboten hatte. (2. Mose 36,1)
Es sind also Bezaleel, Oholiab und all die Männer, welchen Gott die Weisheit gegeben hatte, ans Werk gegangen. Und tatsächlich lesen wir in den folgenden Versen, dass sie die Baumaterialien empfingen und dass sie mit der Anfertigung der Zeltbahnen begannen.
Und alle Männer, die weisen Herzens waren unter den Arbeitern am Werk, fertigten die Wohnung an, zehn Zeltbahnen aus gezwirntem Leinen, aus blauem und rotem Purpur und Karmesin, mit Cherubim in kunstvoller Arbeit stellte man sie her. (2. Mose 36,8)
Doch plötzlich folgt in Vers ein Bruch und es ist nur noch die Rede davon, dass er die Bestandteile fertigte.
Und er fügte je fünf Zeltbahnen [zu einem Ganzen] zusammen, eine an die andere. (2. Mose 36,10)
Dies setzt sich im gesamten Kapitel 36 fort. Doch wer ist er?
Wir könnten spekulieren, dass damit Bezaleel gemeint war. Das ist auch gut möglich. Allerdings wird jener ausdrücklich für die Fertigung der Bundeslade mit Namen benannt (Vgl. 2. Mose 37,1). Doch haben wir oben ja erfahren, dass die Fertigung der Zeltbahnen von allen weisen Männern übernommen wurde.
Wer also ist er? Gibt es noch eine andere Erklärung?
Israel wie ein Mann
Wir wollen einmal davon ausgehen, dass die Beschreibung des Baus der Stiftshütte aus einer himmlischen Perspektive geschrieben wurde. Als Gott auf den Bau seiner Wohnung blickte, sah er, dass jeder von ihm begabte Mann an die Arbeit ging.
Er sah, wie jeder einzelne seiner Aufgabe nachging. Doch durch den kollektiven Gehorsam des Volkes, konnte YHWH irgendwann nur noch einen Mann erkennen, der an der Wohnung arbeitete.
Die Bezeichnung des Volkes als ein Mann kennen wir von anderen Stellen innerhalb der Bibel. Nachfolgend sind zwei Beispiele angeführt:
Da stand das ganze Volk auf wie ein Mann und sprach: Niemand von uns soll in sein Zelt gehen, noch in sein Haus heimkehren; (Richter 20,8)
Als aber der siebte Monat nahte und die Kinder Israels nun in ihren Städten waren, da versammelte sich das Volk wie ein Mann in Jerusalem. (Esra 3,1)
Wir können also von diesem Detail aus der Baubeschreibung zur Stiftshütte ableiten, dass sich Israel dann zu einer Einheit hin entwickelt, wenn jeder Einzelne im Volk, dem Gebot Gottes gegenüber gehorsam ist.
Dieses Prinzip können wir aber auch auf alle anderen Beziehungen in unserem Leben übertragen. Ob es unsere Ehen sind, die Beziehung zu unseren Kindern und Familien oder Arbeitskollegen – durch Gehorsam gegenüber Gottes Geboten, kann jede Beziehung gekittet werden. Es können sich sogar zwei völlig entzweite Menschen wieder zu einer Einheit bewegen, wenn sie es denn beide wollen.
Wie sieht es also in unseren Beziehungen aus? Hören wir dabei auf Gottes Weisungen? Kann Gott sich unseren Gemeinschaften wohlfühlen? Lasst uns die aktuelle Torahlesung dazu nutzen, diese Themen nochmal für uns zu prüfen!
Bildquelle: Sweet Publishing / FreeBibleimages.org (CC BY-SA 3.0)
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