29 Acharei Mot – “Nach dem Tod”
Acharei Mot
3. Mose 16,1-18,30
1. Samuel 20,18-42; Matthäus 15,10-20
In diesem Kommentar zu Acharei Mot möchte ich einmal etwas auf das biblische Bild der Ehe eingehen. Es gibt verschiedene Auslegungen darüber, wie viele Frauen ein Mann haben darf.
Ganze Lehren gründen sich darauf, dass die Bibel einen polygamen Lebensstil erlauben oder sogar fördern würde. Grundlage dafür sind die biblischen Männer, die mit mehreren Frauen lebten. Darunter befanden sich:
- Abraham (Sarah und Hagar)
- Jakob (Lea, Rahel und deren Mägde)
- Salomo (über 1.000 Frauen)
- David (mehrere Frauen)
- Elkana (Hanna und Peninna)
- u.v.m.
Die genannten Männer sind für ihre Lebensweise zumindest nicht sichtbar bestraft worden. Wir lesen auch nirgends, außer bei den Königen, dass Gott ihr Verhalten ausdrücklich gerügt hätte. Doch ist eine polygame Lebensweise heilig?
Das biblische Ideal
Ich denke, es ist unstrittig, dass es ein Ideal für die Ehe gibt. Und dieses Ideal finden wir am Anfang – im Garten Eden.
Und Gott YHWH sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die ihm entspricht! (1. Mose 2,18)
Als Gott Adam im Garten Eden betrachtete, fiel ihm auf, dass er nicht allein sein sollte. Er fasste den Plan, ihm eine Gehilfin zu machen. Schon hier fällt auf, dass er keine ganze Schar von Gehilfinnen kreierte, sondern eine Einzige.
Offensichtlich war sie auch genug für Adam. Wenn wir uns die Familiengeschichte von Jakob ansehen, in der Eifersucht und Streit zwischen Lea und Rahel vorherrschte, können wir Gottes Begrenzung auf eine Gehilfin nachvollziehen.
Nun kennen wir das Idealbild. Doch was ist mit den vielen Beispielen für Polygamie in der Bibel?
Das Prinzip der ersten Nennung
Hier könnte uns das Prinzip der ersten Nennung helfen. Dabei geht es darum, dass die erste Stelle, an der ein Thema oder ein Wort in der Bibel vorkommt, die Grundbedeutung dieses Wortes schon weitergehend umreißt. Wo also sehen wir Polygamie zuerst?
Lamech aber nahm sich zwei Frauen: die eine hieß Ada, die andere Zilla. (1. Mose 4,19)
Lamech, ein Nachkomme Kains in der fünften Generation, nahm sich zwei Frauen. Der Text stellt es vor, als sei diese Praxis damals eine Besonderheit gewesen. Offensichtlich lebten die Menschen bis dahin monogam. Doch Lamech durchbrach diese Gewohnheit.
Gleichzeitig lesen wir von Lamech, dass er ein Mörder war.
Und Lamech sprach zu seinen Frauen: »Ada und Zilla, hört meine Stimme! Ihr Frauen Lamechs, vernehmt meinen Spruch! Einen Mann erschlug ich, weil er mich verwundet, einen jungen Mann, weil er mich geschlagen hat! (1. Mose 4,23)
Ich denke, der erste Polygam ist uns ein gutes Vorbild. Allein diese Tatsache können wir als Hinweis verstehen, dass diese Lebensweise nicht koscher ist.
Das Verbot der Polygamie
Doch tatsächlich finden wir auch ein konkretes Verbot von Polygamie in der Bibel. Im Texte von Acharei Mot begegnen wir folgender Formulierung:
Du sollst auch nicht eine Frau zu ihrer Schwester hinzunehmen, sodass du Eifersucht erregst, wenn du ihre Scham entblößt, während jene noch lebt. (3. Mose 18,18)
Aus meiner Sicht spricht dieser Vers von einem generellen Verbot von Polygamie. Der Begriff Schwester kann sich sowohl auf leibliche Angehörige als auch auf Glaubensschwestern beziehen. Deshalb halte ich Letzteres für wahrscheinlicher:
- Gläubige Frauen wurden mit Schwestern verglichen und sollten auch als solche behandelt werden (Vgl. 1. Timotheus 5,2).
- Die Eifersucht ist nicht nur ein Problem unter Schwestern. Jede polygame Beziehung droht an Eifersucht zu scheitern.
- Warum sollte ein Mann die Schwester seiner Frau nach ihrem Tod heiraten dürfen?
- Die Formulierung von 3. Mose 18,18 lautet: eine Frau zur Schwester hinzunehmen. Es heißt nicht: Die Schwester deiner Frau als Frau nehmen.
Ich denke, dass die Wortwahl und der Kontext uns deutlich zu verstehen geben, dass Gott keinen Gefallen an polygamen Beziehungen hat.
Die Beurteilung der polygamen Ehen in der Bibel
Doch wie sind dann die polygamen Beziehungen in der Bibel zu beurteilen? Hier sind meine Gedanken dazu:
Gott warnt die Männer davor, mehrere Frauen zu nehmen. Daraus können nur Probleme entstehen. Allerdings setzt er die Frauen auch nicht vor die Tür. Insbesondere wenn Kinder im Spiel sind, ist es wichtiger, die Frau versorgt zu wissen, als sie allein in die Wüste zu schicken.
Ich glaube, dass Gott bei den oben genannten Beispielen über den Status der Polygamie hinweggesehen hat. Das heißt aber nicht, dass ihm diese Lebensweise gefällt.
Und so sollten wir uns auch an seinem Ideal orientieren.
Bildquelle: KI generiert (DALL-E)
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