#06 Toldot – „Geschlechter“
Toldot
1. Mose 25,19-28,9
Maleachi 1,1-2,7; Matthäus 10,21-38
Die beiden Brüder Jakob und Esau stehen für zwei grundsätzliche Gegensätze in der Welt. Doch diese Gegensätzlichkeit, welche auch als Dualität bezeichnet werden kann, bestimmt die gesamte Schöpfung.
Wir haben bereits im Kommentar zu Bereschit gesehen, dass zumindest in den ersten vier Tagen der Schöpfung, eine klare Dualität zu erkennen ist. Licht und Finsternis, Tag und Nacht, Meer und Land stehen sich jeweils gegenüber. Gott schuf die Welt in diesen Gegensätzen.
Jakob und Esau
So verwundert es auch nicht, dass Isaaks Gebet um ein Kind für Rebekka, vom Allmächtigen in dieser Dualität beantwortet wurde (Vgl. 1. Mose 25,21-26).
Rebekka brachte nicht nur einen Sohn zur Welt, sondern Zwillinge. Dabei schien ihr die Schwangerschaft alles andere als angenehm gewesen zu sein. Sie litt so stark darunter, dass sie sich fragte, warum Gott es ihr nach so langer Zeit der Unfruchtbarkeit überhaupt gewährt hatte, schwanger zu werden.
In Toldot lesen wir die Antwort YHWHs:
Und YHWH sprach zu ihr: Zwei Völker sind in deinem Leib, und zwei Stämme werden sich aus deinem Schoß scheiden; und ein Volk wird dem anderen überlegen sein, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen. (1. Mose 25,23)
Bereits im Mutterleib brach ein erbitterter Kampf der beiden Brüder über das Recht des Erstgeborenen aus. Für YHWH war klar, dass der Ältere von beiden eines Tages dem Jüngeren dienen würde. Die Folge daraus würde Frieden sein.
Zur Welt kamen nun die beiden Söhne Jakob und Esau. Beide wurden dem Isaak und der Rebekka von Gott geschenkt. Beide entsprangen der messianischen Linie. Und dennoch spricht YHWH:
Ist nicht Esau Jakobs Bruder?, spricht YHWH. Dennoch habe ich Jakob geliebt, Esau aber habe ich gehasst; und sein Gebirge habe ich zu einer Wildnis gemacht und sein Erbteil den Schakalen der Wüste gegeben. (Maleachi 1,3)
Wie ist die Geschichte der beiden Zwillingsbrüder nun für uns einzuordnen? Tatsächlich handelt es sich unter anderem um eine Prophetie über unser Leben.
Die Bedeutung von Esau
Der erste Sohn, der den Mutterschoß Rebekkas verließ, war Esau. Der Name Esau kommt dabei vom hebräischen Wort asah, welches im weitesten Sinne einen Herstellungsprozess aus vorhandenen Materialien beschreibt. Wenn man beispielsweise einen Stuhl aus Holz baut, könnte das mit asah wiedergegeben werden.
Ein kreativer (göttlicher) Schöpfungsprozess jedoch wird nicht von asah erfasst.
Damit ist Esaus Wirkungsbereich mit der Namensgebung klar umrissen. Er kümmert sich nur um die materiellen, äußeren Dinge.
Über ihn heißt es weiter in Toldot:
Und als die Knaben groß wurden, da wurde Esau ein tüchtiger Jäger, ein Mann des freien Feldes; (1. Mose 25,27a)
Esau wurde ein Jäger, der sich im freien Feld herumtrieb. Das Feld kann dabei als Bild für die Welt angesehen werden. Der Jäger versteht sich auf das Töten.
Im Grunde steht Esau für unseren Alltag, den wir in einer Welt voller Konkurrenzkampf meistern müssen. Wenn wir Esau frei walten lassen, dann wird das zu Tod und Verderben führen. Wir werden immer wieder innere Kämpfe und Unruhe erleben. Angst, Sorge oder Zorn werden Gefühle sein, die uns stetig begleiten. So wie es Rebekka erging, wird es auch uns ergehen.
Doch glücklicherweise gibt es noch Jakob. Wenn sich Esau Jakob unterordnet, wird es Frieden geben.
Die Bedeutung Jakobs
Wir lesen, dass Jakob Esaus Ferse hielt, als er zur Welt kam. Dies kann einerseits damit gedeutet werden, dass er Esau aufhalten wollte, damit dieser nicht das Erstgeburtsrecht erhalten würde.
Andererseits könnte es aber auch eine Schutzhaltung gewesen sein. Jakob könnte sich vor den Tritten Esaus geschützt haben. Wollte am Ende Esau die Rolle des verheißenen Messias einnehmen und Jakob (in der Rolle der Schlange) den Kopf zertreten (Vgl. 1. Mose 3,15-16)?
In jedem Fall führte das Halten der Ferse zum Namen Jakob.
Weiterhin erfahren wir über Jakob in Toldot:
Jakob aber war ein sittsamer Mann, der bei den Zelten blieb. (1. Mose 25,27b)
Als sittsamer Mann, der bei den Zelten blieb, steht Jakob für die inneren Prozesse unseres Lebens, für unser Herz, unsere Gedanken und Gefühle. Unser Herz ist der Sitz all unserer inneren geistlichen Vorgänge.
Deshalb heißt es auch an anderer Stelle in der Heiligen Schrift:
Mehr als alles andere behüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus. (Sprüche 4,23)
Es ist also unser Herz, aus dem das Leben fließt. Wenn wir es rein halten, können wir auch unser Leben in Reinheit führen.
Wenn wir allerdings Esau freien Lauf lassen und ihn auf dem freien Feld jagen lassen, wird uns dies zum Verhängnis werden.
Fazit zu Toldot
Als Fazit zu Toldot können wir festhalten, dass wir immer dann Frieden haben werden, wenn wir uns um unsere inneren Prozesse, um unser Herz kümmern. Nur wenn dieses rein ist, sind wir auch in der Lage unser Leben und unseren Alltag in der Welt vor Gott wohlgefällig zu führen.
Esau, unser Fleisch, wird uns allerdings versuchen vom Gegenteil zu überzeugen. Umso wichtiger ist es für uns in einer hektischen Zeit, zur Ruhe zu kommen und den Rückzug ins eigene Zelt (unser Herz) zu suchen.
Nur aus dieser Ruhe heraus können wir in der Welt mit all ihren Herausforderungen bestehen und erlangen das ewige Leben.
Bildquelle: Sweet Publishing / FreeBibleimages.org (CC BY-SA 3.0)
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