#47 Schoftim – „Richter“
Schoftim
5. Mose 16,18-21,9
Jesaja 51,12-52,12; Johannes 14,9-20
Die Lesung Schoftim ist durchaus auch als Warnung an uns zu verstehen, vorschnell zu richten und Sachverhalte leichtfertig zu beurteilen.
Tatsächlich sind die Dinge oft nicht so, wie sie auf den ersten blick erscheinen, weshalb Gott eindeutige Richtlinie und Verfahren eingesetzt hat, wie bestimmte Rechtsfälle zu handhaben sind.
Die Einsetzung der Richter
Der Allmächtige gibt im Zuge der Lesung Schoftim folgende Anweisung:
Du sollst dir Richter und Vorsteher einsetzen in den Toren aller deiner Städte, die YHWH, dein Gott, dir gibt in allen deinen Stämmen, damit sie das Volk richten mit gerechtem Gericht. (5. Mose 16,18)
Soweit so gut. Richter sollten auserkoren werden, damit diese das Volk Israel mit einem gerechten Gericht richten konnten. Das heißt, dass jedes Anliegen, welches nicht von den betreffenden Parteien gelöst werden konnte, vor einen Richter kommen sollte.
Im Text steht die Auswahl der Richter sogar im Zusammenhang mit Götzendienst und der daraus resultierenden Todesstrafe. Gott zeuigt damit, wie ernst es ihm ist, dass seine Gerichte gerecht urteilen.
Nun stellt sich aber die Frage, wie ein gerechtes Gericht Zustande kommen konnte.
Gottes Rechtsgrundlage
Zunächst ist uns klar, dass die Rechtsgrundlage, auf der ein Richter einen Urteilsspruch verkünden kann, die Torah ist. Im Text der Heiligen Schrift finden wir eindeutige Regeln, die es in einer Gemeinschaft einzuhalten gilt und auch entsprechende Strafen, die bei Nichteinhaltung zu verhängen wären.
Doch die Herausforderung des Richters liegt nicht so sehr darin, einzelne Sünden und deren dazugehörige Strafen benennen zu können. Die Kunst liegt vielmehr darin, herauszufinden, ob ein schuldhaftes Vergehen bei einem Angeklagten vorliegt und welches Strafmaß überhaupt angemessen wäre.
Tatsächlich legt die Torah hohe Hürden vor der Bestrafung. Zunächst darf eine Todesstrafe niemals aufgrund der Aussage von nur einem Zeugen verhängt werden.
Wer des Todes schuldig ist, soll auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen hin getötet werden. Aber auf die Aussage eines einzigen Zeugen hin soll er nicht getötet werden. (5. Mose 17,6)
Dies hat den Hintergrund, dass weitere Zeugen auch weitere Perspektiven zu einem Sachverhalt liefern. Außerdem können Lügen leichter entlarvt werden, etwa wenn sich die Zeugenaussagen widersprechen. Es ist also elementar, die Zeugenaussagen zu prüfen. Jedes Urteil muss auf einer klaren Beweisführung basieren.
Dies betrifft im Übrigen nicht ur Vergehen, die die Todesstarfe zur Folge hätten. Auch wenn ein Streitfall mit einer Entschädigung zu klären wäre, bedarf es des eindeutigen Beweises der Schuld.
Es gilt dabei zu bedenken, dass ein Straftäter, der seine Schuld verbüße hat, dennoch einen geschädigten Ruf haben kann. Kann man ihm in Zukunft vertrauen? Wird er wieder straffällig?
So angemessen eine gewisse Skepsis gegenüber echten Verbrechern ist, so fatal wäre ein faslches Urteil und die damit verbundene Rufschädigung.
Der himmlische Richter und unser Richteramt
Nun ist es so, dass wir alle schuldig vor Gott sind. Wir haben alle ein gerechtes Urteil – die Todesstrafe – verdient. Dennoch hat Gott uns einen Ausweg gegeben, indem er seienn Sohn für unsere Sünden gab.
Daraus erkennen wir, dass es nicht Gottes Wille ist, uns zu töten, sondern uns zu retten. Wo er jedes Recht hätte, uns unserer Strafe zu überlassen, sieht er das Gute in uns und versucht uns vor dem Tod zu bewahren.
Die sollte uns Vorbild sein, denn Paulus zeigt uns auf, dass wir zu einem hohen Richteramt berufen sind:
Wisst ihr nicht, dass wir Engel richten werden? Wie viel mehr die Angelegenheiten dieses Lebens? (1. Korinther 6,3)
Wenn wir also dazu berufen sind, Engel zu richten, sollten wir dann nicht schauen, dass wir die Richterrolle so ausfüllen können wie Jeschua? Er ist gerecht, aber auch mitfühlend und barmherzig.
Und so sollten wir jetzt schon in unserem Alltag darauf achten, nicht vorschnell zu urteilen. Lieber sollten wir uns die Sachverhalte zwei oder drei Mal ansehen und wenn wir dann immer noch nicht sicher sind, lieber schweigen und beobachten als öffentlich zu urteilen.
Letztlich sollten wir immer bedebnken, dass wir mit unseren Worten sowohl segnen als auch töten können. Und genau deshalb warnt uns Jeschua:
Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Denn mit demselben Gericht, mit dem ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit demselben Maß, mit dem ihr [anderen] zumesst, wird auch euch zugemessen werden. (Matthäus 7,1-2)
Es stellt sich uns also die Frage: Wie wollen wir vor einem Gericht behandelt werden? Wie wollen wir von unseren Mitmenschen behandelt werden, wenn wir etwas falsch gemacht haben?
Und so sollten wir auch andere behandeln – gerecht aber mitfühlend und barmherzig!
Bildquelle: Pixabay.com
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