#44 Ki Tetze – “Wenn du ziehst”
5. Mose 21,10-25,19
Jesaja 54,1-10; Matthäus 24,29-42
Scheidungen gehören heute zu einem festen Bestandteil unserer Gesellschaft. Fast jede zweite Ehe wird geschieden. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Gott hat die Ehe ursprünglich als lebenslange Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau vorgesehen (Vgl. Matthäus 19,6). Doch weiß Gott auch, dass es bestimmte Konstellationen wie Missbrauch oder fortgeführten Ehebruch gibt, bei denen es unmöglich ist, eine Ehe aufrecht zu erhalten.
Aus diesem Grund hat Er in Seinem Wort Rahmenbedingungen für eine Scheidung aufgestellt. Und diese finden wir zu einem großen Teil in unsere aktuellen Lesung.
Wenn jemand eine Frau nimmt und sie heiratet, und sie findet nicht Gnade vor seinen Augen, weil er etwas Schändliches an ihr gefunden hat, und er ihr einen Scheidebrief schreibt und ihn ihr in die Hand gibt und sie aus seinem Haus entlässt, (5. Mose 24,1)
Eine genauere Betrachtung des obigen Verses zeigt bereits, dass eine Scheidung nur dann wirklich zulässig ist, wenn etwas Schändliches an einem der Partner gefunden wird. Dieses Schändliche kann nur ein Ehebruch sein, denn die Ehe ist ein Bund, welcher nicht einfach aufgelöst, wohl aber gebrochen werden kann. Im Falle also des Bruchs der Ehe gibt uns YHWH Richtlinien, wie die Bündnispartner sauber auseinander gehen können.
Es sind zwei Elemente, die eine Scheidung ausmachen:
- Das Verlassen des Hauses bzw. Fortschicken aus diesem.
- Die Aushändigung des Scheidebriefes.
Eine Frau, die das Haus ihres Mannes verlassen und einen Scheidebrief erhalten hat, gilt offiziell als geschieden. Laut der nun folgenden Verse ist sie wieder frei zu heiraten.
…und sie verlässt dann sein Haus und geht hin und wird [die Ehefrau] eines anderen Mannes, (5. Mose 24,2)
Die einzige Einschränkung der Wiederheirat besteht für sie darin, dass sie ihren ersten Mann nicht wieder heiraten darf.
…aber der andere Mann verschmäht sie und schreibt ihr [auch] einen Scheidebrief und gibt ihn ihr in die Hand und entlässt sie aus seinem Haus; oder wenn der andere Mann stirbt, der sie sich zur Frau genommen hatte, so kann ihr erster Mann, der sie entlassen hat, sie nicht nochmals zur Frau nehmen, nachdem sie verunreinigt worden ist; denn das wäre ein Gräuel vor YHWH; und du sollst das Land nicht mit Sünde beflecken, das dir YHWH, dein Gott, zum Erbe gibt. (5. Mose 24,3-4)
Eine Frau, die also von ihrem Mann entlassen wurde, soll auch einen Scheidebrief bekommen, der sie als offiziell geschieden ausweist, damit sie wieder in der Lage ist, zu heiraten. Hätte sie den Scheidebrief nicht, wäre sie zwar entlassen bzw. fortgeschickt, aber offiziell immer noch verheiratet. Sie wäre nicht frei, wieder eine Ehe einzugehen.
Scheidungen haben verschiedene Ursachen und manchmal sind Frauen in Ehen, die für sie einfach nicht mehr auszuhalten sind, weil sie geschlagen, missbraucht oder eifersüchtig kontrolliert werden. Gott weiß, dass nicht jede Ehe harmonisch verläuft und hat uns einen Ausweg gegeben, wenn nichts mehr zu retten ist.
Nach den Geboten der Torah ist also eine Wiederheirat nach Scheidung möglich. Nur darf derselbe Partner nicht wieder geheiratet werden.
Wie ist es nun aber zu verstehen, dass einige Stellen des Neuen Testaments, eine Wiederheirat auszuschließen scheinen, weil dadurch ein Ehebruch vorliegen soll? Wie kann es sein, dass die Torah ausdrücklich von der Möglichkeit der Wiederheirat spricht und wir in den Worten Jeschuas oder Paulus ganz andere Lehren zu erkennen scheinen?
Wie so oft scheinen diese Stellen Opfer unglücklicher Übersetzungen geworden zu sein. Wenn wir die Schlagwörter von Jeschua oder Paulus ins Griechische zurück verfolgen, werden wir sehen, dass ihre Lehren sehr wohl mit der Torah im Einklang stehen.
Unten stehend zwei Beispiele dazu:
Es ist auch gesagt: »Wer sich von seiner Frau scheidet, der gebe ihr einen Scheidebrief«. Ich aber sage euch: Wer sich von seiner Frau scheidet, ausgenommen wegen Unzucht, der macht, dass sie die Ehe bricht. Und wer eine Geschiedene heiratet, der bricht die Ehe. (Matthäus 5,32)
Jeschua nimmt hier zunächst einmal Bezug auf 5. Mose 24,1-4. Dies ist genau die Stelle, die wir bereits weiter oben untersucht haben. Wir haben festgestellt, dass dort von keinem generellen Verbot der Wiederheirat die Rede ist. Vielmehr wird erläutert, unter welchen Bedingungen und wen eine geschiedene Frau wieder heiraten darf.
Der Übergang „Ich aber sage euch…“ kann aus dem griechischen Text auch gut mit „Diesen Gedanken fortführend/ergänzend sage ich euch…“. Jeschua baut in seinen Lehren nie einen Gegensatz zur Torah auf, ist Er doch die lebendige Torah, das lebendige Wort Gottes (Vgl. Johannes 1,14). Er greift also den Gedanken aus 5. Mose 24,1-4 auf. Und tatsächlich können wir aus dem griechischen Text einen solche Fortführung rekonstruieren.
Das Wort für scheiden ist aus dem Griechischen ἀπολύω (apoluo) übersetzt. ἀπολύω wird in der restlichen Schrift vorwiegend mit der Bedeutung etwas fortzuschicken oder zu entlassen verwendet.
Hier zwei Referenzverse:
Und als es Abend geworden war, traten seine Jünger zu ihm und sprachen: Der Ort ist einsam, und die Stunde ist schon vorgeschritten; entlasse das Volk, damit sie in die Dörfer gehen und sich Speise kaufen! (Matthäus 14,15)
Sie aber schwiegen. Da rührte er ihn an, machte ihn gesund und entließ ihn. (Lukas 14,4)
Wenn wir in den beiden obigen Versen das Verb entlassen durch das Verb scheiden einsetzten, ergäben sie wenig Sinn.
Es funktioniert jedoch sehr gut in Jeschuas Worten über Ehebruch und Wiederheirat die Begriffe entlassen/Entlassene mit scheiden/Geschiedene zu ersetzen.
Es ist auch gesagt: »Wer seine Frau entlässt, der gebe ihr einen Scheidebrief«. Ich aber sage euch: Wer seine Frau (ohne Scheidebrief) entlässt, ausgenommen wegen Unzucht, der macht, dass sie die Ehe bricht. Und wer eine Entlassene (ohne Scheidebrief) heiratet, der bricht die Ehe. (Matthäus 5,32)
Wer also eine Frau entlässt, soll ihr einen Scheidebrief geben, damit sie wieder heiraten kann. Andererseits wäre es Ehebruch.
Jeschua erläutert 5. Mose 24,1-4. Er spricht von Wiederheirat und unter welchen Bedingungen dies möglich ist. Bei Rückübersetzung von Jeschuas Worten aus dem Griechischen müssen wir keinen Widerspruch sehen. Jeschua steht im Einklang mit der Torah.
Auch bei Paulus Worten funktioniert dieses Prinzip.
Den Verheirateten aber gebiete nicht ich, sondern der Herr, dass eine Frau sich nicht scheiden soll von dem Mann (wenn sie aber schon geschieden ist, so bleibe sie unverheiratet oder versöhne sich mit dem Mann), und dass der Mann die Frau nicht entlassen soll. (1. Korinther 7,10-11)
Zunächst einmal fällt auf, dass Paulus bei der Empfehlung, dass zwei Geschiedene sich versöhnen sollen, was eine Wiederaufnahme der Ehe nahe legt, nicht ganz konform mit der Torah wäre. Wir haben das oben gesehen. Und Paulus weist ausdrücklich darauf hin, dass die folgenden Worte von Gott stammten. Das scheint mir nicht ganz logisch.
Auch in diesem Fall lässt das Griechische wieder eine andere Übersetzung des Verses zu:
Den Verheirateten aber gebiete nicht ich, sondern der Herr, dass eine Frau sich von ihrem Mann nicht trennen soll (wenn sie aber schon getrennt ist, so bleibe sie unverheiratet [heirate keinen anderen] oder versöhne sich mit dem Mann [mit dem sie ja noch offiziell verheiratet ist]), und dass der Mann die Frau nicht entlassen soll. (1. Korinther 7,10-11)
Wir sehen auch hier die Betonung Paulus’, dass die Ehe nicht gedacht war, geschieden zu werden. Wenn sie aber geschieden wird, dann bitte auch mit Scheidebrief und dem kompletten Prozedere. Der Mann darf die Frau nicht einfach (ohne Scheidebrief) entlassen und wenn die Frau (ohne Scheidebrief) von ihrem Mann getrennt ist, soll sie sich entweder mit ihrem Mann versöhnen oder nicht wieder heiraten, bis sie offiziell geschieden ist.
Wir sehen, dass die Heilige Schrift eine Wiederheirat nach Scheidung nicht grundsätzlich ausschließt. Es ist natürlich immer besser, um eine Ehe zu kämpfen. Doch wenn eine dauerhafte Trennung nötig wird, dann doch bitte mit Scheidebrief und dem nötigen Papierkram, damit beide Partner frei sind, neu anzufangen.
Lasst uns also vorsichtig sein mit Dogmen, die zusammenhangslos aus dem Neuen Testament gerissen werden. Oft ist die Wahrheit anders, als sie uns von verschiedenen Institutionen dargestellt wird.
Jeschua segne eure Ehen!
Bildquelle: https://pixabay.com/de/trennung-scheidung-beziehung-paar-908714/
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Bracha
24. August 2018 @ 15:08
Lieber Naphtalie, danke für den Kommentar, ergänzend dazu noch folgende Überlegungen:
5. Mose 22.22: Wenn jemand dabei ergriffen wird, dass er einer FRAU BEIWOHNT; DIE EINEN EHEMANN hat, so sollen sie beide sterben, der Mann und die Frau, der er beigewohnt hat; so sollst du das Böse aus Israel wegtun.
In der Torah steht auf Ehebruch die Todesstrafe, weil die Ehe Abbild für YHWH’s Schöpfungsordnung/Ebenbildlichkeit ist.
Das wird ja heute im jüdisch/christlichen Kulturkreis nicht mehr praktiziert.
Aber noch heute sagt man ..: “der oder die EX “.. das Wort kommt ja von “EXiTUS” (lat.), eigentlich bedeutet es “Tod”.
Also, das was im Volksmund so gesagt wird, deutet auf eine tiefere Wahrheit hin:
Wenn jemand Ehebruch begangen hat (ohne Reue, Früchte der Buße, Vergebung und Umkehr) so hat er in G’ttes Rechtsprechung den Tod verdient. Die EHE ist auch zertört, quasi tot.
Im Prinzip könnte man so weit gehen, dann zu sagen, der ander Teil ist ähnlich frei neu zu heiraten , wie ein/e Witwe/r.
Derek Prince (internat. Bibellehrdienst) ( der u.a. in Jerusalem lebte), schreibt zu dem Thema in seinem Buch “Gott stiftet Ehen” (SEITE 131): Unter dem mosaischen Gesetz war die Todesstrafe die obgligatorische Strafe für Ehebruch, sei es für einen Mann oder für eine Frau. Wiederum wurde der unschuldige Teil automatisch freigestellt, um nochmal zu heiraten.
Oft werden Paulus Worte aus Römer 7.2. zitiert: ‘Denn die verheiratetete Frau ist durchs Gesetz an den Mann gebunden, solange er lebt..’ Jedoch wird meistens nicht dazu gesagt, daß das selbe Gesetz, das die Frau ein Leben lang an ihren Mann band, den unschuldigen Teil automatisch für eine erneute Heirat freistellte, indem es den Teil, der sich des des Ehebruchs schuldig gemacht hat (sei es Mann oder Frau) mit dem Tode bestrafte.” Zitat Ende.
((Übrigens gab es bis zur Reform der Familiengerichtsgesetze (1977) in der BRD ein Scheidungsgesetz, nach dem man schuldig oder unschuldig geschieden wurde..))
Seelsorgerlich halten ich es auf jeden Fall für hilfreich und wichtig, einen Prozeß der Vergebung, Loslösung und Reinigung vom “EX” zu vollziehen, unabhängig davon, ob man neu heiratet oder nicht.
Vergebung: sich selbst, denn man wird ja immer auch mitschuldig in einer Ehe…, und natürlich dem anderen seine Schuld vergeben.. (Er muß sich vor dem ewigen Richter verantworten)
Lösen: Im Namen YESHUAS sich an Geist, Seele und Leib trennen sowie die Verbindung losschneiden denn man war ja eins, ein Fleisch.. (dies ggf. mit einem Zeigen/Seelsorger..)
Reinigen, mit dem Blut Yeshuas der alle Sünden -auch Fremde vergibt, ggf. stellvertretend beten.. (Blutrote Schuld wird weiß wie Wolle..)
Das ‘Kreuz’ zwischen sich und den ‘Ehemaligen’ stellen, damit die Verbindung auch nicht unbewußt weiterwirkt.
Groll, Wut, Bitterkeit, Enttäuschung über den Menschen, sich selbst oder gar den himmlischen Vater (wie konnte er das zulassen ?!) bei Yeshua ablegen, ggf. um Vergebung dafür beten.
Oftmal ist es notwendig, den Geist der Untreue, des Ehebruchs, der Unreinheit und der Unzucht, der mich ja ggf. infiziert und verunreinigt hat, zu binden und ‘im Namen Yeshuas rauszuwerfen’.
Und dann natürlich um Säuberung u. Verbinden der Wunden, Heilung der Verletzungen und Wiederherstellung der beschädigten Seele/Geist beten.
Soweit meine Erkenntnisse zu dem Thema..