#22 Wajak’hel/Pekudei – „Und er versammelte/Zählung“
2. Mose 35,1-40,38
Hesekiel 36,16-38; Johannes 11,47-57
Nachdem JHWH die Anweisungen und Pläne für die Stiftshütte an Mose übermittelt und dieser erneut die Bundestafeln auf dem Berg Sinai empfangen hatte, konnte die Stiftshütte, das Zelt, in dem eben diese Tafel aufbewahrt werden sollten, gebaut werden.
Die Arbeitsanweisungen für das Volk leitete JHWH durch Mose wie folgt ein:
Und Mose versammelte die ganze Gemeinde der Kinder Israels und sprach zu ihnen: Das sind die Worte, die JHWH geboten hat, dass ihr sie tun sollt: Sechs Tage soll gearbeitet werden, aber der siebente Tag soll euch heilig sein, dass ihr die Sabbatruhe JHWH’s feiert. Wer da eine Arbeit verrichtet, der soll sterben. (2. Mose 35,1-2)
So weit, so klar. Elementarer Bestandteil des Bündnisses zwischen Gott und Israel ist der Schabbat. An diesem Tag soll Israel ruhen und keine Arbeit verrichten. Der Schabbat wird sogar als ewiges Zeichen des Bundes benannt (Vgl. 2. Mose 31,17). Und somit ist es nur logisch, dass Gott bei der Arbeit an Seiner Stiftshütte darauf bestand, dass der Schabbat eingehalten wurde. Ja, Er ließ sogar zuerst darauf hinweisen, bevor Mose die weiteren Arbeiten erklären durfte.
JHWH’s Wille war es, dass die Stiftshütte fertig gestellt wurde. Es war aber nicht Sein Wille, dass Israel sich bei der Arbeit, Ihm ein Heiligtum zu bauen, überarbeitete und ausbrannte. Ihm war Gemeinschaft mit Seinem Volk offensichtlich wichtiger als eine frühe Fertigstellung des Zeltes.
In diesem Zusammenhang gab Gott aber noch ein anderes Gebot, welches auch heute noch hin und wieder zu interessanten Debatten führt:
Am Sabbattag sollt ihr kein Feuer anzünden in allen euren Wohnungen! (2. Mose 35,3)
Auf dieses Gebot, welches in dieser Form auch nicht noch einmal wiederholt wird, stützen sich zahlreiche rabbinische Regeln wie das Verbot des Autofahrens am Schabbat oder der Schabbataufzug. Doch geht es Gott wirklich darum nur kein Feuer, ja nicht einmal einen Funken am Schabbat zu verursachen?
Da das Thema immer wieder einmal in der Gemeinde Gottes auftaucht, wollen wir uns dieses Gebot etwas genauer anschauen.
Zunächst einmal steht es ganz klar im Kontext der Arbeit an der Stiftshütte. Einige Bauteile der Stiftshütte bestanden aus Metallen wie Gold, Silber oder Kupfer oder waren zumindest mit diesen überzogen. Um Metall zu schmelzen und formbar zu machen, braucht es Hitze – also Feuer. Das Entzünden eines Feuers ist also bereits der erste Arbeitsschritt für Schmelzprozesse.
Was Gott in meinen Augen mit diesem Gebot sagen will, könnte auch so lauten: Beginnt eure Arbeiten nicht einmal im ersten Schritt. Legt kein Feuer oder unterhaltet es zum Zwecke der Arbeit. Unterbrecht eure Arbeiten am Schabbat komplett und ruht euch aus.
Dass es sich bei diesem Gebot auch nicht um ein generelles Verbot jeglichen Feuers am Schabbat handeln kann, legen andere Gebote im Zusammenhang nahe, wie wir gleich sehen werden.
Die Priester waren auch am Schabbat verpflichtet, das Feuer auf dem Brandopferaltar zu unterhalten.
Aber das Feuer auf dem Altar soll auf ihm brennend erhalten werden, es soll nicht erlöschen; darum soll der Priester Morgen für Morgen Holz darauf anzünden und das Brandopfer darauf zurichten und die Fettstücke der Friedensopfer darauf in Rauch aufgehen lassen. (3. Mose 6,5)
Jeden Morgen war es die Aufgabe des Priesters, das Feuer auf dem Altar neu zu entfachen. Der Schabbat bildete dabei keine Ausnahme, war doch ein Opfer nur mit einem Feuer auf dem Altar möglich. Und der Schabbat erforderte noch mehr Opfer als die regulären Wochentage (Vgl. 4. Mose 28,1-10).
Außerdem gebot JHWH einem jeden Israeliten einmal im Jahr in der Nacht des fünfzehnten Tages des ersten Monats, der Pessachnacht, ein Feuer zu entfachen und zu unterhalten. Dieser Tag wurde als Schabbat angesehen (Vgl. Johannes 19,31). Und an eben diesem Feuer in eben dieser Nacht sollte das Pessachlamm gebraten werden (Vgl. 2. Mose 12,8). Und für den Fall, dass das Fleisch des Lammes nicht komplett in dieser Nacht verzehrt worden war, sollte auch dieser Rest mit Feuer verbrannt werden (Vgl. 2. Mose 12,10). Und dies alles sollte an einem Schabbat geschehen.
Gibt Gott wirklich ein Gebot, nur um es dann kommentarlos durch andere Gebote außer Kraft zu setzen? Oder sind Erfindungen wie der Schabbataufzug einfach ein Missverständnis der Botschaft, die hinter dem Feuerverbot am Schabbat steckt?
In Anbetracht der Tatsache, dass Feuer eine Lichtquelle bei Nacht oder eine Wärmequelle bei Kälte darstellt, scheint mir ein zu dogmatisches Beharren auf das Feuerverbot am Schabbat doch am eigentlichen Ziel – keine Arbeit am Schabbat zu verrichten– vorbei zu führen.
Darüber hinaus glaube ich vielmehr, dass hinter dem Gebot auf einer anderen Ebene noch eine zusätzliche Botschaft steckt.
Diese Botschaft lautet in etwa so: Entfacht bitte kein Feuer, d.h. keine hitzige Debatte, am Schabbat über Äußerlichkeiten. Kommt in Einheit und Frieden zusammen, ruht euch aus, öffnet euch einander und vor Gott und betet JHWH an! Denn der Schabbat ist um des Menschen willen gemacht.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen ein herzliches Schabbat Schalom!
Bildquelle: https://pixabay.com/de/nein-rot-orange-feuer-flammen-2845739/
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