#23 Wajikra – „Und er rief“
3. Mose 1,1-5,26
Hesekiel 45,16-46,18; Lukas 22,1-13
Für JHWH ist jede Sünde ein Gräuel. Er hasst sie und kann ihre Gegenwart nicht ertragen. Ob es Götzendienst, Unzucht, Lüge, Neid, Ehebruch oder falsches Begehren sind, JHWH sagt uns deutlich:
Denn wer so etwas tut, ist JHWH ein Gräuel, und um solcher Gräuel willen vertreibt JHWH, dein Gott, sie [die Kanaaniter] vor dir aus ihrem Besitz. (5. Mose 18,12)
Der Sünder ist eins mit der Sünde und kann somit nicht in Gottes Gegenwart und Nähe leben. Das Tragische dabei ist, dass wir Menschen von Gott geschaffen sind. Wir sind in gewissem Sinne alle Seine Kinder, einfach weil Er uns im Mutterleib gewoben (Vgl. Psalm 139,13) und unseren Geist geformt hat (Vgl. Sacharja 12,1). Doch durch die Sünde werden wir zu einem Gräuel für unseren himmlischen Vater und Er muss uns verurteilen. JHWH durchlebt bei jedem Sünder den Schmerz eines Vaters, der seinen Sohn liebt, ihn aber nicht mehr in seinem Haus leben lassen kann, weil er sich nicht in die Ordnung des Hauses einfügt. Er verliert seinen Sohn und sieht ihn vielleicht nie wieder.
Können wir uns vorstellen, wie sich JHWH fühlt, wenn wir gegen Ihn sündigen?
Er möchte, dass wir Sein Herz kennen lernen. Und Er möchte, dass wir nachempfinden können, was Er empfindet. Und genau dafür gibt Gott uns in Seinem Wort ganz praktische Gebote, die uns wenigstens im Ansatz erspüren lassen, wie es Ihm geht.
Das Sündopfer ist eines dieser praktischen Gebote, die uns vermitteln sollen, welche Sicht Gott auf die Sünde hat und was Er durchlebt.
Stellen wir uns folgende Situation vor. Wir sind hebräische Schafhirten und haben eine kleine Herde von 20 Tieren. 12 Zibben und 8 Widder. Wir stehen ganz am Anfang und wollen einen großen Zuchtbetrieb aufbauen.
Die Schafzucht ist ein recht anspruchsvolles Gewerbe. Schafe brauchen eine ausreichend große Weide mit genügend Gras als Futter. Dafür müssen sie regelmäßig die Weide wechseln. Sie brauchen Pflege und regelmäßig frisches Wasser. Sie brauchen einen Stall für die Nacht oder bei schlechtem Wetter, den wir ihnen bauen. Dieser Stall sollte groß genug sein und regelmäßig frisch eingestreut werden. Nicht zu vergessen ist die Schafschur.
Wir sind darauf bedacht, auf alle Bedürfnisse der Schafe zu achten und sie gut zu pflegen, damit unsere Herde wächst und wir auch irgendwann einen guten Ertrag aus der Schafzucht haben.
Schafe werfen ab ihrem zweiten Lebensjahr 1-3 Junge in der Regel einmal im Jahr. Die Tragezeit beträgt ca. 150 Tage. Eine Schafherde vermehrt sich also recht langsam. Und wie viel Zuwachs sie bekommt, hängt natürlich enorm von der Anzahl der Weibchen zur Zeit der Paarung bzw. der Geburt der Lämmer ab.
Als Schafhirten stecken wir also viel Liebe, Arbeit, Sorgfalt, Schweiß, Geduld und Glauben in unsere Schafherde, damit diese wächst und uns in vielerlei Hinsicht Frucht bringt. Vor diesem Hintergrund haben Schafhirten und Eltern recht ähnliche Aufgaben. So sieht sich Gott auch einerseits als Vater (Vgl. Jesaja 64,8) und anderseits als Hirte für Israel (Vgl. Hesekiel 34,30-31).
In beiden Rollen investiert JHWH in uns, um in der Zukunft gute Frucht zu sehen (vgl. Johannes 15,8). Er möchte, dass wir reifen, wachsen und uns mehren (Vgl. 1. Mose 1,28). Welche Enttäuschung und welchen Schmerz muss es dem Vater im Himmel bereiten, wenn all Seine Mühe umsonst war, weil wir uns für den Ungehorsam, die Sünde, entscheiden?
Er lässt es uns erfahren.
Wenn aber jemand vom Volk des Landes aus Versehen sündigt, indem er etwas tut, von dem JHWH geboten hat, dass man es nicht tun darf, und Schuld auf sich bringt, und seine Sünde wird ihm bewusst, die er begangen hat, so soll er eine makellose Ziege, ein weibliches [Tier], zum Opfer bringen für seine Sünde, die er begangen hat,…Will er aber ein Schaf zum Sündopfer darbringen, so soll es ein makelloses weibliches Tier sein,…(3. Mose 4,27-28.32)
In unserem obigen Beispiel würden wir für jede Sünde ein makelloses weibliches Schaf opfern müssen. Jedes einzelne dieser Schafe hat eine intensive Pflege von uns erfahren. In jedem Schaf steckt unsere Energie und Liebe. Jedes Schaf wäre ein schmerzlicher Verlust.
Darüber hinaus würde sich auch unsere Herde weniger schnell vermehren. Ab der zwölften Sünde wäre eine Schafzucht aus der bestehenden Herde nicht mehr möglich. Bekämen wir unsere Sünden nicht in den Griff, wäre das unser wirtschaftlicher Ruin. Wir würden letztlich all unseren Besitz verlieren.
Im alten Israel, zur Zeit des ersten oder zweiten Tempels, hatte die Sünde eine direkt greifbare materielle Dimension des Verlustes. Doch nur, weil kein Tempel aus Stein mehr existiert, heißt das nicht, dass Gottes Geist hinter den Geboten nicht auf einer anderen Ebene offenbar wird. Hierzu lassen sich auch einige Beispiele in der Bibel finden.
David verlor seinen Sohn nach dem Ehebruch mit Batscheba (Vgl. 2. Samuel 12,14), Eli wurde mit Not und Trübsal für sein Haus und dem Verlust des Priestertums bestraft (Vgl. 1. Samuel 2,27-36) und Nebukadnezar verbrachte 7 Jahre wahnsinnig in der Wildnis (Vgl. Daniel 4).
JHWH fordert Gerechtigkeit für die Sünde. Sündopfer sind keine freiwilligen Gaben, wenn wir am Leben bleiben wollen. Das Sündopfer ist unser Lebensretter. Doch es ist auch mit einer Lehre über die Sünde verbunden. Wir dürfen lernen, wie Er empfindet, was uns eine Hilfestellung bieten soll umzukehren.
Wenn Gott uns züchtigt, ist Er gerecht dabei. Er möchte uns lehren durch die Züchtigung. Denn nicht die bereits vollbrachte Sünde ist das wahre Problem, sondern Eigenschaften wie Neid, unreine Gedanken, Habsucht oder falsches Begehren, die zur Sünde führen. Diese Charaktereigenschaften stehen uns nur zu oft im Weg.
Doch Jeschua hilft uns. Es ist ja Sein Wunsch, uns zu reinigen.
Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist Er treu und gerecht, dass Er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit. (1. Johannes 1,9)
Deshalb dürfen wir auch nach jeder Sünde und nach jedem Schaden, der dadurch entstanden ist, mit Zuversicht weiter gehen. Wir dürfen aus unseren Fehlern lernen. Und wir werden von unseren Sünden und gefallenen Charaktereigenschaften im Vertrauen auf die Kraft und das Wort des Messias frei werden!
Gehorche dem Rat und nimm die Zurechtweisung an, damit du künftig weise bist! (Sprüche 19,20)
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