Pessach und das Geheimnis des Lammes
Zentraler Bestandteil von Pessach war und ist das Lamm, welches am Abend des 14. Aviv geschlachtet werden sollte.
Redet zu der ganzen Gemeinde Israels und sprecht: Am zehnten Tag dieses Monats nehme sich jeder Hausvater ein Lamm, ein Lamm für jedes Haus; wenn aber das Haus zu klein ist für ein Lamm, so nehme er es gemeinsam mit seinem Nachbarn, der am nächsten bei seinem Haus wohnt, nach der Zahl der Seelen; dabei sollt ihr die Anzahl für das Lamm berechnen, je nachdem jeder zu essen vermag. Dieses Lamm aber soll makellos sein, männlich und einjährig. Von den Schafen oder Ziegen sollt ihr es nehmen, und ihr sollt es aufbewahren bis zum vierzehnten Tag dieses Monats. Und die ganze Versammlung der Gemeinde Israels soll es zur Abendzeit schächten. (2. Mose 12,3-6)
Dieses Lamm war das Opfer, welches den Israeliten die Tür aus Ägypten heraus öffnete. Durch die Opferung dieses Lammes und der Markierung der eigenen Türpfosten mit seinem Blut, blieb Israel von der letzten Plage Ägyptens verschont.
Denn Ich will in dieser Nacht durch das Land Ägypten gehen und alle Erstgeburt im Land Ägypten schlagen, vom Menschen bis zum Vieh, und Ich will an allen Göttern der Ägypter ein Strafgericht vollziehen, Ich, YHWH. Und das Blut soll euch zum Zeichen dienen an euren Häusern, in denen ihr seid. Und wenn Ich das Blut sehe, dann werde Ich verschonend an euch vorübergehen; und es wird euch keine Plage zu eurem Verderben treffen, wenn Ich das Land Ägypten schlagen werde. (2. Mose 12,12-13)
Für uns ist völlig klar, dass dieses Lamm prophetisch auf den Opfertod Jeschuas hindeutet, stellt doch Johannes der Täufer selbst diesen Zusammenhang her:
Am folgenden Tag sieht Johannes Jeschua auf sich zukommen und spricht: Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt! (Johannes 1,29)
Wir sehen heute auf das Ereignis des Exodus und des Pessachs in Ägypten und die Kreuzigung Jeschuas zurück und erkennen die deutlichen Parallelen.
Doch wie mögen die Hebräer die Opferung des Lammes verstanden haben? Haben sie den Tod des Messias darin schon gesehen? Oder gab es noch eine andere viel unmittelbarere Botschaft für sie?
Zunächst sei festgehalten, dass ein einjähriges männliches Lamm, ein fast ausgewachsenes Tier ist. Nur noch ein Hirte, der die Tiere von Geburt an kennt, kann die einjährigen von den älteren Tieren unterscheiden. Ein Außenstehender wird seine Mühe damit haben.
Somit sollten wir bei einem einjährigen männlichen Lamm weniger an ein Neugeborenes Lämmlein, sondern an einen fast ausgewachsenen Widder denken.
Israel sollte einen Widder schlachten und dessen Blut an die Türpfosten streichen. Doch was bedeutete es, in Ägypten einen Widder zu schlachten?
Hierfür wollen wir uns einmal ansehen, welche Bedeutung der Widder in Ägypten generell hatte.
Chnum ist einer der wichtigsten Widdergottheiten des Alten Ägyptens. Ursprünglich nannte man ihn Chnumu. Die Griechen gaben ihm mehrere Namen: Chnumis, Chnubis oder Knuphis.
Chnum wurde entweder in Form eines Widders oder als Mensch mit dem Kopf eines Widders verehrt.
Es sind zwei Schwerpunkte seines Wesens auszumachen:
- Chnum ist Spender des Wassers.
- Chnum ist Urheber allen Lebens.
Beiden Funktionen ist gemein, dass sie im Akt der Schöpfung auftreten:
- Quelle (Spender des Wassers).
- Schöpfer (Urheber allen Lebens)
Chnums Funktion als Spender des Wassers ist an seinem Kultort Elephantine entstanden. Dort stieg der Nil über die Ufer. Chnum selbst bringt die Überschwemmung hervor. Er wird als Hüter des Nils bezeichnet. Man geht weiter und bezeichnet ihn selbst als Nil.
(Quelle: „Chnum – ägyptischer Widdergott“, https://www.aegypten-geschichte-kultur.de/chnum-widdergott, 08.04.2019)
Der Widder wurde in Ägypten also als Symbol für den Schöpfergott und Lebensspender Chnum angesehen. Als Hüter des Nils war Chnum es, in dem die Ägypter ihre Lebensgrundlage sahen. Er war allein durch die Tatsache, dass er mit dem Nil in Verbindung gebracht wurde, einer der wichtigsten Gottheiten im ägyptischen Pantheon.
Der Kult um Chnum ging soweit, dass Widder in Ägypten nicht gegessen und sogar komplett mumifiziert wurden.
Man fand zahlreiche mumifizierte Widder in Steinsärgen bestattet.
Aufgrund des Widderkultes gab es Spannungen hinsichtlich der Juden. Denn sie opferten Widder, während dies die Priester des Chnum tabuisierten.
(Ebd., 08.04.2019)
Mit diesem Wissen versetzen wir uns also einmal in einen Hebräer in Ägypten, der von Gott die Anweisung bekam, das Symbol des wichtigsten Gottes Ägyptens, einen Widder, zu schlachten, komplett zu essen und auch noch demonstrativ das Blut dieses geschlachteten Tieres für jeden sichtbar an die Türpfosten des eigenen Hauses zu streichen.
Was wird in einem solchen Hebräer vorgegangen sein?
Eines können wir mit Sicherheit sagen: Die Hebräer, die mit dem Volk Gottes aus der Knechtschaft Ägyptens ausziehen wollten, mussten sich klar bekennen. Sie waren aufgefordert sich klar und deutlich, für jeden sichtbar, von den Göttern Ägyptens zu distanzieren.
Niemand konnte sich verstecken oder unter dem Radar bleiben, um in die Freiheit zu kommen. YHWH forderte jeden Israeliten einzeln auf, mit dem System und der ehemaligen Heimat Ägyptens Schluss zu machen.
Das Pessachlamm fordert uns somit heraus, mit den Göttern dieser Welt und deren Anbetungs- und Rechtssystemen zu brechen und uns klar zu unserem Glauben an Jeschua zu bekennen. Nur in der Fokussierung auf die Freiheit, die vor uns liegt, können wir auch dahin gelangen.
Hinken wir mit einem Bein in Ägypten, werden wir nie die wirkliche Freiheit des Reiches Gottes erfahren.
So möchte ich diesen Artikel mit zwei Zitaten aus dem Wort Gottes schließen, die die Bedeutung Pessachs für uns sehr gut zusammenfassen.
Da trat Elia vor das ganze Volk und sprach: Wie lange wollt ihr auf beiden Seiten hinken? Ist YHWH Gott, so folgt Ihm nach, ist es aber Baal, so folgt ihm! Und das Volk erwiderte ihm kein Wort. (1. Könige 18,21)
Denn wer sich Meiner und Meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch der Sohn des Menschen schämen, wenn Er kommen wird in der Herrlichkeit Seines Vaters mit den heiligen Engeln. (Markus 8,38)
In diesem Sinne Chag Pessach Sameach!
Bildquellen:
https://pixabay.com/de/photos/ram-kopf-horn-tierwelt-ziege-164555/
https://pixabay.com/de/photos/widder-tempel-karnak-skulptur-3283196/
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