#43 Ki Tetze – „Wenn du ziehst“
Ki Tetze
5. Mose 21,10-25,19
Jesaja 54,1-10; Matthäus 24,29-42
Manche Stellen der Heiligen Schrift erscheinen uns auf den ersten Blick sehr archaisch. Die Welt um uns herum hat sich sehr verändert und von den Ordnungen Gottes abgewandt. Wir leben in dieser Welt und haben ihre Gepflogenheiten zuerst kennengelernt.
Wenn wir nun mit gewissen Bibelversen konfrontiert werden, fällt es manchmal schwer zu verstehen, was Gott mit ihnen ausdrücken möchte. Manche Gebote sind dieser Welt so fremd, dass es uns durch unsere Prägung kaum möglich ist, die Liebe Gottes darin zu erkennen.
In diesem Kommentar zu Ki Tetze schauen wir uns einen Vers an, der sehr leicht zu Irritationen führen kann. Am Ende werden wir aber den Sinn des Gebotes verstehen.
Die kriegsgefangenen Frauen
Im Text von Ki Tetze stoßen wir auf ein Gebot, in dem die Wertschätzung und Liebe Gottes gegenüber jedem Menschen auf den ersten Blick kaum zu erkennen ist. Aber wir werden merken, dass beides sehr gut zu finden ist.
Es handelt es sich um das Gebot über die Behandlung der kriegsgefangenen Frauen. Schauen wir uns zunächst den Text an.
Wenn du gegen deine Feinde in den Krieg ziehst und YHWH, dein Gott, sie in deine Hand gibt, sodass du von ihnen Gefangene heimführst, und du unter den Gefangenen eine schöne Frau siehst und dich in sie verliebst und sie zur Frau nimmst, so führe sie in dein Haus und lass sie ihre Haare abschneiden und sich die Nägel schneiden und die Kleider ihrer Gefangenschaft ablegen, und lass sie in deinem Haus wohnen und ihren Vater und ihre Mutter einen Monat lang beweinen; danach kannst du zu ihr eingehen und sie zur Ehe nehmen, dass sie deine Frau sei. Wenn du aber keinen Gefallen [mehr] an ihr hast, so sollst du sie freilassen, nach ihrem Belieben, aber sie keineswegs um Geld verkaufen, sie auch nicht als Sklavin behandeln, weil du sie geschwächt hast. (5. Mose 21,10-14)
Das obige Gebot bezieht sich auf Frauen, die im Zuge eines Krieges als Gefangene nach Israel kamen. Grundsätzlich konnten die Frauen in unterschiedliche Lebenssituationen geraten.
- Die Frau war Teil des besiegten Volkes, aber keine Familie oder kein Herr wollte sie aufnehmen. In diesem Fall war sie gar keine „Gefangene“ mehr.
- Ein Mann interessierte sich für sie und nahm sie sich zur Frau. Dann galt das obige Gebot.
- Ein nahm sie als Magd bzw. Sklavin in sein Haus. In diesem Fall wurde sie zu einer Fremden mit entsprechenden Rechten.
Schauen wir uns die obigen Verse noch einmal an.
Die Heirat einer kriegsgefangene Frau
Wenn also ein Mann sich eine Frau unter den Gefangenen aussuchte, dann sollte diese zunächst einen Platz in seinem Haus bekommen und dort einen Monat lang bleiben und ihren Verlust betrauern können. Zudem sollte sie ihre Haare und Nägel abscheiden sowie die Kleidung ihrer Gefangenschaft ablegen.
Im Grunde handelte es sich bei diesem Monat der Trauer um eine Zeit der Transformation. Die Frau konnte Abschied von ihrem alten Leben nehmen, was durch das Schneiden der Nägel und der Haare symbolisiert wurde. Darüber hinaus sollte sie fortan durch ihre Kleidung nicht als Gefangene, sondern als Freie erkennbar sein.
Doch was tat der Mann in diesem Monat? Er zeigte ihr ihre Liebe und umwarb sie. Indem er die Frau in sein Haus nahm und ihr die Kleidung ihrer Gefangenschaft abnahm, hatte er ihr schon die Zusage gegeben, sich um sie zu kümmern. Die Verlobung musste schon gelaufen sein. Folglich war der Mann bereits eine Verpflichtung für diese Frau eingegangenen, denn sie war jetzt frei und musste im Falle einer Scheidung auch als Freie entlassen werden.
Doch welchen Effekt hatte das Scheiden der Haare und Nägel auf den Mann? Die Haare sind auch ein Schmuck für die Frau. Mit einer schönen Frisur können Frauen ihr äußeres sehr ansprechend gestalten. Kahle Frauen wirken in ihrer äußeren Erscheinung auf die meisten Männer nicht sonderlich attraktiv. Wenn die Frau nun also keine Haare und kurze Nägel hatte, war die Wahrscheinlichkeit höher, dass der Mann sie wirklich liebte und nicht nur äußerlich attraktiv fand.
Insofern schützte Gott die Frau vor den Trieben der Männer und die Männer lernten ihre Frauen auch dann zu lieben, wenn sie nicht besonders attraktiv oder schön aussahen.
Kriegsgefangene als Sklaven?
Was war jedoch, wenn kriegsgefangene Frauen nicht als Ehefrauen, sondern als Mägde oder Sklavinnen bestimmt waren?
Grundsätzlich war es möglich, dass Sklaven aus fremden Völkern über Generationen hinweg im Besitz einer hebräischen Familie bleiben konnten (vgl. 3. Mose 25,44-46). Damit wurden sie aber zu Fremdlingen, denen dieselben Rechte zustanden wie Einheimischen (Vgl. 3. Mose 19,33-34).
Demnach hatten sich auch die Herren der Mägde um diese zu kümmern. Streng genommen hatten sie sich sogar darum zu bemühen, für sei einen Mann zu finden oder sie selbst zu heiraten (vgl. 2. Mose 21,7-11).
Die kriegsgefangene Frau wurde damit in einen Stand erhoben, der dem einer hebräischen Magd sehr ähnlich war. Sie hatte viele Rechte inne, die die einheimischen Frauen auch innehatten. Und wenn sie innerhalb Israels heiratete, dann wurde sie zu einer Einheimischen und damit frei.
Fazit
Gott hat Gebote geschaffen, die einen größtmöglichen Schutz für die Frauen vor Missbrauch bieten sollten. Dass die Menschen diesen Geboten nicht immer gerecht wurden, ist eine andere Sache.
Doch tatsächlich wies Gott mit den Geboten zu den kriegsgefangenen Frauen, die Männer in die Schranken und den Frauen einen Weg in die Freiheit.
Möge Jeschua uns seine Liebe zu uns persönlich immer deutlicher machen, sodass in unserem Herzen die tiefe Überzeugung wächst, dass wir geliebt und behütet sind!
Bildquelle: Pixabay.com
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