#28 Emor – „Rede!“
Emor
3. Mose 21,1-24,23
Hesekiel 44,15-31; Matthäus 26,59-66
YHWH hat die hebräische Sprache so gestaltet, dass es manchmal mehrere mögliche Bedeutungen in einem Bibelvers gibt. Diese Unterschiede können zum Teil sehr signifikant sein, bis dahin, dass der komplett gegenteilige Sinn entsteht. In diesem Kommentar zu Emor wollen wir uns einen Vers ansehen, der verschieden gelesen werden kann. Dabei gibt jede der beiden vorgestellten Lesarten einen Aspekt der Inhalte wieder. Jeder dieser Aspekte ergänzt sich und schließt sich nicht aus.
Die Schaubrote und das Feueropfer
Zunächst wollen wir uns den Vers aus Emor ansehen, um den es im Folgenden gehen soll:
Und du sollst auf jede Schicht reinen Weihrauch legen, und er soll für das Brot sein, als der Teil, der zum Gedenken bestimmt ist, ein Feueropfer für YHWH. (3. Mose 24,7)
Stellen wir den Zusammenhang dieses Verses her. Den Priestern war aufgetragen, an jedem Schabbat zwölf frische Brote im Heiligtum aufzuschichten. Diese sollten auf dem Tisch im Zelt der Begegnung aufgeschichtet werden. Zusätzlich sollte Weihrauch auf ihnen geräuchert werden (Vgl. 3. Mose 24,5-9).
Der Weihrauch in Verbindung mit dem Brot wird nun als Feueropfer bezeichnet. Dadurch, dass der Weihrauch aber nur geräuchert wurde, konnte es zu keiner echten Flamme gekommen sein. Die Bezeichnung Feueropfer klingt damit dramatischer, als es tatsächlich gewesen ist.
Doch es gibt durchaus noch eine andere Lesart für diesen Vers. Diese schließt die eben vorgestellte nicht aus, sondern ergänzt sie um einen weiteren Gedanken, sodass beide gut nebeneinander stehen können.
Ein Blick in einen hebräischen Textabschnitt von Emor
Schauen wir uns zunächst den hebräischen Text des oben genannten Verses an (zur Erinnerung: Hebräisch wird von rechts nach links gelesen):
7וְנָתַתָּ֥ עַל־ הַֽמַּעֲרֶ֖כֶת לְבֹנָ֣ה זַכָּ֑ה וְהָיְתָ֤ה לַלֶּ֙חֶם֙ לְאַזְכָּרָ֔ה אִשֶּׁ֖ה לַֽיהוָֽה׃
Bei den beiden fett markierten Worten handelt es sich um die hebräischen Begriffe für Weihrauch (levonah) und Feueropfer (eischah).
Zunächst wollen wir uns mit dem Feueropfer befassen. Es gibt ein hebräisches Wort, welches (abgesehen von der masoretischen Akzentuierung) identisch geschrieben wird. Dies ist das Wort für Frau oder Ehefrau (ischah).
Damit können wir den Vers auch wie folgt übersetzen:
Und du sollst auf jede Schicht reinen Weihrauch legen, und er soll für das Brot sein, als der Teil, der zum Gedenken bestimmt ist, [eine (Ehe-)Frau] für YHWH. (3. Mose 24,7)
Die Brote in Verbindung mit dem Weihrauch sollten an die Ehefrau Gottes erinnern. Diese besteht aus den zwölf Stämmen Israels, welche durch die zwölf Schaubrote repräsentiert werden.
Doch schauen wir uns noch zwei weitere Bedeutungen an.
Das Brot und der Weihrauch
Das hebräische Wort für Brot lautet lechem. Dieses kann aber auch mit Krieg oder Kampf übersetzt werden. Im nachfolgenden Vers sehen wir das Wort in ebendieser Bedeutung.
Es erwählte sich neue Götter, da war Krieg in ihren Toren. Wurden wohl Schild und Speer gesehen unter vierzigtausend in Israel? (Richter 5,8)
Doch lechem hat noch eine andere Bedeutung, die wir uns aber weiter unten ansehen wollen.
Kommen wir zuvor zum Weihrauch (levonah). Dieses hebräische Wort ist eng verwandt mit dem Begriff für weiß (lavan). Die Farbe Weiß steht in der Schrift für Reinheit und Gerechtigkeit. So heißt es, dass die Priester sich in Gerechtigkeit kleiden (vgl. Psalm 132,9). Außerdem werden die Sünden, die erst scharlachrot waren, durch das Rechten mit Gott weiß wie Schnee (vgl. Jesaja 1,18).
Das Bild der Schaubrote zeigt uns auf einer geistlichen Ebene, dass die Braut, bestehend aus den zwölf Stämmen Israels, Kämpfe auszustehen hat, um zur Gerechtigkeit zu gelangen. Doch am Ende steht lechem – ein Fest.
Das Happy End
Am Ende des Kampfes der Braut steht ein Fest am Schabbat. Die Schaubrote dienten den Priestern nach den sieben Tagen als Nahrung.
Und es soll Aaron und seinen Söhnen gehören; die sollen es essen an heiliger Stätte; denn als ein Hochheiliges von den Feueropfern YHWHs soll es ihm gehören, als eine ewige Gebühr. (3. Mose 24,9)
Und hier sehen wir, wie sich eine weitere Bedeutung des Wortes lechem manifestiert. Es kann nämlich auch mit Fest oder Mahl übersetzt werden. Im folgenden ein Beispielvers findet das Wort diese Verwendung:
Der König Belsazar veranstaltete für seine tausend Großen ein prächtiges Mahl und trank Wein vor den Tausend. (Danuel 5,1)
Wir sehen, dass in der Stiftshütte bereits viele prophetische Aussagen verschlüsselt waren. Und dies noch bevor die Propheten überhaupt auftraten und dem Volk Israel von dessen Kämpfen, Gericht, Drangsal und finalen Errettung verkündeten.
Es lohnt sich also umso mehr, sich mit den Beschreibungen des Zeltes der Begegnung auseinanderzusetzen. Denn wie der Autor des Hebräerbriefs es so passend formulierte, ist das Zelt und der Gottesdienst ein Schatten auf die himmlischen Wahrheiten:
Diese dienen einem Abbild und Schatten des Himmlischen, gemäß der göttlichen Weisung, die Mose erhielt, als er die Stiftshütte anfertigen sollte: »Achte darauf«, heißt es nämlich, »dass du alles nach dem Vorbild machst, das dir auf dem Berg gezeigt worden ist!« (Hebräer 8,5)
Möge Jeschua uns noch viele weitere Ebenen in seinem Wort offenbaren!
Bildquelle: Jeremy Park, Bible-Scenes.com
- 36 Beha’alotcha – “Wenn du aufsetzt” - 17. Juni 2024
- #35 Nasso – “Erhebe!” - 9. Juni 2024
- Es ist Zeit weiterzuziehen - 6. Juni 2024