#07 Wajetze – „Und er zog aus“
Wajetze
1. Mose 28,10-32,3
Hosea 12,13-14,10; Johannes 1,41-51
Wie bereits in der Torahportion Chajeh Sarah lesen wir auch in Wajetze von der ersten Begegnung eines Patriarchen mit seiner zukünftigen Frau. War es zuvor Isaak, der Rebekka zum ersten Mal sah, so ist es nun Jakob, der seine geliebte Rahel in Haran traf.
Die Begegnung am Brunnen
Auffällig an beiden Begegnungen ist, dass sie sich an einem Brunnen ereigneten. Sowohl Isaak als auch Jakob lernten ihre Frauen an einem Brunnen kennen (Vgl. 1. Mose 24,62-67). Dabei spielt der Brunnen durchaus eine große Rolle in den jeweiligen geistlichen Bildern der Ereignisse.
Der Brunnen ist der Ort, an dem Wasser für eine Siedlung geholt werden kann. Somit ist er als Wasserspender gleichzeitig Lebensspender, denn ohne Wasser gibt es kein Leben.
Auch das hebräische Wort für Brunnen welches sowohl in Wajetze als auch in Chajeh Sarah verwendet wird, steht im Zusammenhang mit dem Leben. Es handelt sich um das Wort באר (be’er).
Die entsprechende Wurzel באר (ba’ar) findet sich an drei bedeutungsvollen Stellen innerhalb der Torah. Dabei lässt sich באר (ba’ar) mit “(ein-)graben” am besten übersetzen. Wir sehen uns im Folgenden alle drei Stellen an, in denen wir die entsprechende Wurzel finden.
Und du sollst alle Worte dieses Gesetzes auf die Steine schreiben, klar und deutlich! (5. Mose 27,8)
Da antwortete mir YHWH und sprach: Schreibe die Offenbarung nieder und grabe sie in Tafeln ein, damit man sie geläufig lesen kann! (Habakuk 2,2)
Um Informationen klar und deutlich auf Steine schreiben zu können, muss man diese in die Steine eingravieren. Nur dann ist ein deutlich lesbares Schriftbild garantiert. In beiden Versen ist allerdings eine göttliche Offenbarung gemeint, die auf Stein geschrieben werden soll.
In diesem Zusammenhang ist die dritte Stelle hoch interessant.
Auf der anderen Seite des Jordan, im Land Moab, fing Mose an, dieses Gesetz auszulegen, und er sprach:… (5. Mose 1,5)
Was die Schlachterbibel mit “auszulegen” übersetzt, wäre vielleicht besser mit “einzugraben” zu übersetzen. Schließlich geht es Gott ja darum, die Torah auf unsere (vormals steinernen) Herzen zu schreiben (Vgl. Hesekiel 36,26). Und auch Mose wollte bei seiner letzten Rede vor dem Volk die Torah wohl vielmehr in den Herzen der Zuhörer verankern, als sie einfach nur auszulegen.
Der Brunnen und Zion
Aus dem oben genannten Punkt sehen wir, dass YHWH diese Geschichten wohl sehr wichtig sind. Der Brunnen zeigt uns an, dass wir das, was wir lesen im Herzen tragen sollten.
Außerdem ist der Brunnen ein Hinweis auf Zion und geistliche Zusammenhänge, teilt uns der Psalmist doch mit:
Aber von Zion wird man sagen: »Mann für Mann ist in ihr geboren«, und der Höchste selbst wird sie befestigen. YHWH wird zählen, wenn er die Völker verzeichnet: »Dieser ist dort geboren.« (Sela.) Und sie singen beim Reigen: »Alle meine Quellen sind in dir!« (Psalm 87,5-7)
Somit versetzt uns die Anwesenheit des Brunnens bei der Begegenung von Jakob und Rahel, wie sie in Wajetze überliefert ist, in eine himmlische Szenerie.
Das Bild auf Braut und Bräutigam
Wie wir schon bei der Begegnung von Isaak und Rebekka gesehen haben, stellt auch die erste Begegnung von Jakob und Rahel ein Bild auf das Zusammentreffen von Jeschua und seiner Braut dar.
Allein der Anblick Rahels versetzte Jakob in Entzücken.
Und es geschah, als Jakob Rahel sah, die Tochter Labans, des Bruders seiner Mutter, und die Schafe Labans, des Bruders seiner Mutter, da trat er hinzu und wälzte den Stein von der Öffnung des Brunnens und tränkte die Schafe Labans, des Bruders seiner Mutter. Und Jakob küsste Rahel und erhob seine Stimme und weinte. (1. Mose 29,10-11)
Die Anwesenheit Rahels beschwang Jakob derart, dass er in der Lage war, den schweren Stein, der sonst nur durch gemeinsame Kraftanstrengung bewegt werden konnte, ganz allein vom Brunnen zu wälzen.
Jakob war überglücklich und hin und weg von seiner zukünftigen Frau.
Können wir uns nun aber vorstellen, dass Jeschua ähnlich auf uns reagiert, wenn er uns erblickt. Wenn er in unsere Nähe sein kann? Können wir uns vorstellen, dass Jeschua für uns Himmel und Erde in bewegung setzt, nur um mit uns zusammen zu sein?
Wir wissen es natürlich, aber ist diese Erkenntnis auch in unserem Herzen und begleitet uns tagtäglich?
Wie wichtig die Erkenntnis seiner Liebe ist, verrät uns das Hohelied:
Setze mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel an deinen Arm! Denn die Liebe ist stark wie der Tod, und ihr Eifer unbezwinglich wie das Totenreich; ihre Glut ist Feuerglut, eine Flamme YHWH’s. (Hohelied 8,6)
Nur in der Gewissheit seiner Liebe, haben wir die Kraft, den Widrigkeiten des Alltags und der Welt zu begegnen. Also lasst uns diese Liebe jeden Tag neu entfachen und in unser Bewusstsein rufen!
Bildquelle: Sweet Publishing / FreeBibleimages.org
(Creative-Commons-Lizenz)
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