#17 Jethro – “Jethro”
Jethro
2. Mose 18,1-20,23
Jesaja 6,1-7,6; 9,5-6; Matthäus 19,16-26
Wenn wir in den deutschen Bibelübersetzungen von den Heidenvölkern lesen, dann kommen diese in der Regel nicht gut weg. Da ist die Rede von Gericht und Zerstörung. Von Sünde und Götzendienst.
Es sind also die Heiden, die sich von Gott abgewandt haben und deshalb gerichtet werden müssen. Doch woher kommt der Begriff Heidentum eigentlich? Und was ist das hebräische Konzept dahinter? Wir werfen einen Blick darauf.
Der deutsche Begriff “Heidentum”
Wir starten unsere Untersuchung bei den deutschen Bibelübersetzungen. Um die Bedeutung der Wörter Heiden oder Heidentum herauszufinden, suchen wir die Instanz für die deutsche Sprache auf. Den Duden.
Dort lesen wir zum Begriff Heiden Folgendes:
- Zustand des Nicht-zum-Christentum-bekehrt-Seins; Religionen und religiöse Vorstellungen der Heiden
- Gesamtheit der Heiden, heidnische Welt
Laut Duden sind Heiden diejenigen, die nicht zum Christentum bekehrt (worden) sind. Nun ist aber die Frage, was der Duden unter Christentum versteht? Bibeltreue Nachfolger Jeschuas oder die katholische Kirche?
Vielleicht hilft uns die Etymologie des Wortes an dieser Stelle weiter. Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen klärt uns darüber auf, in welchem Kontext die Heiden in der Antike standen:
Die engere Begriffsgeschichte beginnt mit dem Eingang des lateinischen Wortes paganus in den christlichen Sprachgebrauch (vgl. engl. pagan und frz. païen). Es bezeichnet ursprünglich den Landbewohner, aus Sicht des Stadtbewohners, also den, der der römischen Zivilisation fern- und kulturell niedriger steht. Es wird später von römischen Soldaten zur abfälligen Bezeichnung des Zivilisten benutzt. Möglicherweise von hier übernimmt es im 4. Jahrhundert die aufstrebende Kirche, die damit den miles christianus, der in der Taufe den Fahneneid (= sacramentum) auf Christus abgelegt hat, vom Nichtchristen unterscheidet. Nach anderer Interpretation wurden die pagani zu Heiden im religiösen Sinne, weil die Landbevölkerung weniger christianisiert gewesen sei als die Städte.
(Quelle: https://www.ezw-berlin.de/publikationen/lexikon/heidentum/, abgerufen am 28.01.2024)
Wir sehen, dass der Begriff Heide tatsächlich aus dem römischen Reich kam und diejenigen bezeichnete, die sich außerhalb des elitären Rechtsraums des damaligen Reiches befanden.
Die Kirche hat ihrerseits den Begriff übernommen und die Gruppen, die sich außerhalb der kirchlichen Gemeinschaft befanden, als Heiden bezeichnet.
Damit können wir festhalten, dass der Begriff selbst nicht aus der Bibel stammen kann und dem hebräischen Begriff eine andere Bedeutung zugrunde liegen muss.
Die Gojim
In den meisten Fällen, in denen wir in unseren Bibeln „Heidenvölker“ oder „Heiden“ lesen, stammen diese Worte von den hebräischen Begriffen גּוֹי (goi) oder גּוֹיִם֙ (gojim) ab.
Tatsächlich beziehen sich diese Begriffe in den meisten Fällen auf Völker außerhalb Israels. Es gibt jedoch mindestens eine Stelle in der Heiligen Schrift, in der Israel als goi bezeichnet wird.
… ihr aber sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein! Das sind die Worte, die du den Kindern Israels sagen sollst. (2. Mose 19,6)
Uns ist auf den ersten Blick klar, dass wir hier nicht „heiliges Heidenvolk“ übersetzen können. Doch worum geht es in der Szene? Was bedeutet der obige Vers?
Israel stand damals am Sinai. YHWH gab Mose den Auftrag, dem Volk eine Botschaft zu überbringen. Diese beinhaltete die Aussage, dass Israel dann ein heiliges goi sein werde, wenn es der Stimme Gottes gehorchen würde. Der Stimme Gottes zu gehorchen, ist mit dem Befolgen, der Gebote gleichzusetzen.
Wenig später sprach der Allmächtige die zehn Worte vom Sinai. Diese waren die Verfassung für die neu geschaffene Nation Israel. Die Worte goi oder gojim würde ich deshalb mit Nation übersetzen.
Eine Nation ist ein Volk, welches gleicher Abstammung, Sprache und Kultur ist und sich gleichzeitig auf dem Weg zum eigenen Staat befindet oder ihn schon gegründet hat. Israel befand sich am Sinai in dieser Phase.
Doch wodurch entsteht die Heiligkeit der Nation?
Eine weitere Bedeutung von גּוֹי
Das heräische Wort גּוֹי (goi) kann noch eine andere Bedeutung haben. Und diese Bedeutung hilft uns, das Konzept der heiligen Nation besser zu verstehen.
In der hebräischen Bibel gibt es das Wort גַּו (gav). Diese kann mit Rücken oder Rückseite übersetzt werden.
Aber sie wurden widerspenstig und lehnten sich auf gegen dich und warfen dein Gesetz hinter ihren Rücken und erschlugen deine Propheten, die gegen sie Zeugnis ablegten, um sie zu dir zurückzuführen, und verübten große Lästerungen. (Nehemia 9,26)
Eine andere mögliche Übersetzung ist „darin“ oder „inmitten“.
Sie sandten ihm einen Bericht, darin war Folgendes geschrieben: »Dem König Darius allen Frieden! (Esra 5,7)
Das Wort gavi entspricht der Schreibweise von goi und bedeutet „mein Rücken“ oder „meine Mitte“. Doch was können wir daraus schließen?
Fazit
Das hebräische Wort goi spiegelt das Konzept einer Nation wider. Ob es sich bei dieser Nation um eine heilige oder eine dem Gericht verfallene Nation handelt, hängt davon ab, wer sich in deren Mitte bzw. hinter ihr befindet.
Israel ist die Nation, in deren Mitte Gott wohnt. Diese Nation ist heilig. Eine Nation, die Gott jedoch den Rücken zukehrt, ist unheilig.
Und so stellt sich für uns die Frage: Ist Gott in unserer Mitte oder kehren wir ihm den Rücken zu?
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