#12 Wajechi – „Und er lebte“
Wajechi
1. Mose 47,28-50,26
1. Könige 2,1-12; Johannes 13,1-19
Als Jakob seinen Tod vor Augen sah, entschloss er sich, die Söhne Josephs zu segnen. Die Segnungen über seine Enkel sprach der Patriarch sogar noch vor den Segenssprüchen über seine eigenen Söhne aus. In diesem Kommentar zu Wajechi werfen wir einen Blick darauf, warum Jakob so handelte und welche Bedeutung seine Entscheidung für uns heute hat.
Der Erstgeburtssegen
Innerhalb der hebräischen Kultur spielte der Segen des Erstgeborenen eine wichtige Rolle. Der erste Sohn sollte die Rolle des Vaters als Familienoberhaupt übernehmen. Deshalb trafen die Väter die Entscheidung ihrer Nachfolge kurz vor ihrem Ableben in Form des entsprechenden Segens.
Grundsätzlich war der Vater bei der Wahl des Erstgeborenen an die tatsächliche Geburtenreihenfolge seiner Söhne gebunden (Vgl. 5. Mose 21,15-17). Dennoch bestand die Möglichkeit, die Söhne zu überspringen, die für die Aufgabe des Oberhauptes nicht geeignet waren.
Ferner hatte YHWH in der Linie des Messias die Rolle des Erstgeborenen oft vorherbestimmt. In der Regel fiel diese Rolle aber dem Zweiten zu. Dieses Muster sehen wir bei Kain und Abel, Ismael und Isaak sowie Esau und Jakob. Der Allmächtige hatte in all diesen Fällen die zukünftige Entwicklung der Beteiligten bedacht.
Doch bei all den vorgenannten Beispielen mündete die Erwählung des Zweitgeborenen in Streit, Misstrauen oder sogar Mord. Es gab nie einen friedvollen Verzicht des Erstgeborenen auf sein Recht.
Die Problematik Jakobs
Als Jakob sein Ende sah, stand er vor einem Problem. Joseph erfüllte bereits die Rolle des Erstgeborenen, denn alles, was der Vater und seine Söhne hatten, kam aus der Hand des Elften. Es gab nichts, was Jakob Joseph hätte geben können, um die Versorgung seiner Familie zu verbessern.
Dennoch gab er ihm ein Stück des Erbteils, das Joseph seinen Brüdern voraus haben sollte.
Und ich schenke dir einen Bergrücken, den du vor deinen Brüdern voraushaben sollst; ich habe ihn den Amoritern mit meinem Schwert und meinem Bogen aus der Hand genommen. (1. Mose 48,22)
Praktisch übernahm Joseph also die Rolle des ersten Sohnes. Doch in der Geburtenreihenfolge standen noch zehn Brüder vor ihm. Ruben, Simeon und Levi hatten sich durch ihr Verhalten als Erstgeborene disqualifiziert (Vgl. 1. Mose 49,3-7). Doch Juda hatte mit seinem Einsatz für Benjamin bewiesen, dass er die Qualitäten eines Oberhauptes hatte.
Jakob stand also vor dem Konflikt, dass er mit Juda zwar einen würdigen Nachfolger hatte, Joseph diese Rolle aber praktisch schon ausfüllte. Um diese Diskrepanz zu lösen, griff er zu seiner List.
Jakob adoptierte die beiden Söhne Josephs, Manasse und Ephraim, und setzte sie an die Stelle von Ruben und Simeon.
So sollen nun deine beiden Söhne, die dir im Land Ägypten geboren wurden, ehe ich zu dir nach Ägypten gekommen bin, mir angehören; Ephraim und Manasse sollen mir angehören wie Ruben und Simeon! (1. Mose 48,5)
Mit dieser List konnte er die Söhne Josephs mit einem Teil des Erstgeburtssegens betrauen. Jakob teilte den Segen zwischen den Häusern Juda und Joseph auf, in dem er beide mit einer Führungsrolle versah.
Die Segnungen von Ephraim und Manasse
Doch warum setzte Jakob bei der Segnung seiner Enkel den jüngeren Ephraim vor den älteren Manasse (Vgl. 1. Mose 48,13-20)?
Wir erinnern uns daran, dass es bisher immer in Streit mündete, wenn der Jüngere dem Älteren vorgezogen wurde. Dies traf insbesondere dann zu, wenn der Ältere offensichtlich nicht für die Rolle des Erstgeborenen geeignet war oder diese sogar verschmähte.
Bei Ephraim und Manasse war es allerdings anders. Die beiden Brüder durchbrachen das Muster zum ersten Mal. Denn Manasse nahm die Wahl des Patriarchen einfach hin. Nirgends lesen wir, dass es daraufhin Krieg unter den Brüdern gab.
Im Gegenteil. Jakob war so beeindruckt von den beiden, dass er sprach:
… Mit dir wird man sich in Israel segnen und sagen: Gott mache dich wie Ephraim und Manasse! So setzte er Ephraim dem Manasse voran. (1. Mose 48,20b)
Jakob war sich sicher, dass die beiden Brüder die Entscheidung ihres Großvaters akzeptieren würden. Es gab keinen Streit und kein Lamentieren. Und so wünschte er es sich auch für Joseph und Juda.
Fazit
Wir wissen, wo wir heute stehen. Joseph und Juda verfehlen die Einheit von Ephraim und Manasse bei Weitem.
Dennoch dürfen wir persönlich daraus lernen, dass wir die Entscheidungen des himmlischen Vaters ohne Murren und Lamentieren akzeptieren dürfen. Darauf liegt echter Segen und die Chance, mit Gott und den Menschen in unserem Leben in eine vertraute Gemeinschaft zu kommen.
Bildquelle: Picryl.com (Public Domain)
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Bracha
24. Dezember 2023 @ 13:46
Danke für den Kommentar.
Du schreibst: Jakob teilte den Erstgeburtssegen zwischenden Häusern Juda und Joseph auf, indem er beide mit einer Führungsrolle versah.”
Woraus leitest du das ab?
Danke und Schalom !
Naphtali
29. Januar 2024 @ 16:59
Schalom Bracha,
die Antwort findest du im von dir zitierten Absatz:
“Mit dieser List konnte er die Söhne Josephs mit einem Teil des Erstgeburtssegens betrauen. Jakob teilte den Segen zwischen den Häusern Juda und Joseph auf, in dem er beide mit einer Führungsrolle versah.”
Liebe Grüße
Naphtali