#10 Miketz – „Am Ende“
1. Mose 41,1-44,17
Sacharja 2,14-4,7; Johannes 10,22-28
Können wir uns vorstellen, was es bedeutet, wenn Ägypten eine siebenjährige Hungersnot erlebte? Wenn sieben Jahre kein bzw. kaum Regen fiel und auch der Nil, wie es in Ägypten der Fall war, nicht genug Wasser für eine ertragreiche Landwirtschaft mit sich führte?
Diese Hungersnot musste schwer auf der ganzen orientalischen Gegend lasten. Doch warum kam sie ausgerechnet in der Zeit Josefs und Jakobs? Was war der Hintergrund für Gottes Entscheidung eine Hungersnot über das ganze Land zu verhängen?
Es liegt auf der Hand, dass die Spaltung der Familie Jakobs und das damit verbundene Exil Josefs in Ägypten eine zentrale Rolle spielen sollten.
Tatsächlich betraf die Hungersnot auch das Land Kanaan, in dem Jakob mit den Söhnen, die ihm noch geblieben waren, lebte.
Es heißt:
Und Jakob sah, dass es in Ägypten Korn gab. Da sprach Jakob zu seinen Söhnen: Was seht ihr einander an? Siehe, ich höre, dass es in Ägypten Korn gibt; zieht hinab und kauft uns dort Getreide, damit wir leben und nicht sterben! (1. Mose 42,1-2)
Allein diese beiden Verse deuten an, dass es um den geistlichen Zustand Jakobs und seiner Familie nicht allzu gut bestellt war. Wir wollen uns die Hinweise dazu etwas genauer anschauen.
Zunächst wissen wir von anderen Hungersnöten, dass YHWH sehr wohl in der Lage war, seine Bündnispartner auch außerhalb Ägyptens zu versorgen. Isaak gebot Er ausdrücklich:
Da erschien ihm YHWH und sprach: Reise nicht nach Ägypten hinab, sondern bleibe in dem Land, das ich dir nennen werde! (1. Mose 26,2)
Und in der Folge lesen wir:
Und Isaak säte in dem Land und erntete im selben Jahr hundertfältig; denn YHWH segnete ihn. (1. Mose 26,12)
Wir sehen also, dass Gott Jakob auch im Land Kanaan hätte versorgen können. Doch wir lesen nicht, dass Jakob und seine Söhne es überhaupt in Erwägung gezogen haben, Gottes Rat in dieser Situation einzuholen.
Weiterhin steht Ägypten auch für Knechtschaft und Tod. Ägypten ist kein Land, in dem sich ein Hebräer wirklich wohl fühlen könnte. Indem Jakob sich dem natürlichen Ägypten zuwandte, wandte er sich auch dem geistlichen System in Ägypten zu, welches von Götzendienst, Unzucht, Unterdrückung der Witwen, Waisen und Fremdlinge und vielerlei anderer Sünden geprägt war.
Und nicht zuletzt deutet das hebräische Wort für Korn darauf hin, dass Jakob vorwiegend eine fleischliche statt einer geistlichen Perspektive, bei seinem Plan nach Ägypten zu gehen, hatte.
Das Wort Korn ist aus dem hebräischen שׁבר (schever) übersetzt. Die Wurzel dieses Wortes deutet auf etwas gebrochenes hin; wie ein gebrochenes Stück Holz oder ein gebrochener Baum.
In unten stehendem Vers sehen wir ein Beispiel dazu:
Und der Hagel erschlug im ganzen Land Ägypten alles, was auf dem Feld war, vom Menschen bis zum Vieh. Auch zerschlug der Hagel alles Gewächs auf dem Feld und zerbrach alle Bäume auf dem Land. (2. Mose 9,25)
Außerdem hat das Wort שׁבר (schever) denselben numerischen Wert wie das Wort für Fleisch (בשר; basar), nämlich 502, was einen deutlichen Zusammenhang zwischen beiden herstellt. Beide Wort haben denselben Wert.
All diese Hinweise sprechen dafür, dass wir in Jakob einen gebrochenen oder sogar tief depressiven Mann vorfinden. Doch woher kam dieser Zerbruch in seinem Geist?
Und Jakob zerriss seine Kleider und legte Sacktuch um seine Lenden und trug lange Zeit Leid um seinen Sohn. Da machten sich alle seine Söhne und Töchter auf, um ihn zu trösten; er aber wollte sich nicht trösten lassen, sondern sprach: Ich höre nicht auf zu trauern, bis ich zu meinem Sohn hinabfahre ins Totenreich! So beweinte ihn sein Vater. (1. Mose 37,34-35)
Jakob hatte sich festgelegt zu trauern, bis er Josef würde wiedersehen, was seiner Ansicht nach nur im Totenreich möglich sein würde. Mit anderen Worten, Jakob entschied sich, in seinem Leben nur noch auf seinen Tod zu warten. Er sah keinen Sinn mehr in seinem Leben und zog sich zurück.
Doch Jakob war YHWH’s Bündnispartner. Durch Jakob wollte Gott sein Volk bauen. Es sollte ein Volk aus Königen und Priestern sein, das den lebendigen Gott auf der Erde repräsentieren sollte. Wie sollte ein solches Volk diese Aufgabe bewältigen können, wenn sein Stammvater ein Toter war?
Und tatsächlich wurde Jakobs Geist auch wieder lebendig, als er die Botschaft erhielt, seinen Sohn wieder sehen zu können.
Da sagten sie ihm alle Worte, die Joseph zu ihnen geredet hatte. Und als er die Wagen sah, die Joseph gesandt hatte, um ihn abzuholen, da wurde der Geist ihres Vaters Jakob lebendig, (1. Mose 45,27)
Wir sehen, dass Gott in der Lage und auch gewillt ist, Ereignisse, die die ganze Welt betreffen können, zu inszenieren, um einem seiner Schafe Heilung zu verschaffen. Wir sehen, dass Er genau weiß, was wir brauchen, sodass wir Ihm voll vertrauen können.
So lasst uns mit Mut und Zuversicht in die Zukunft gehen! Und lasst uns wissen, dass Er bereit ist, die ganze Welt zu erschüttern, um uns zu retten und zum Leben zu führen.
Wie sollten wir also unsere Hungersnöte erleben? Unsere Verzweiflung, unseren Frust unsere Trauer etc.? Sie sind Chancen für uns, einen Schritt weiter auf unserem Weg der Heilung und Heiligung zu gehen. Lasst uns diese Chancen nicht verpassen und nach dem Willen Gottes darin suchen!
Bildquelle: Sweet Publishing / FreeBibleimages.org
https://freebibleimages.org/illustrations/joseph-reunion/
(Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)
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Ottmar / Nazarim
23. Dezember 2019 @ 8:32
Schalom,
ich möchte noch einen Gedanken äußern.
basar bedeutet auch Evangelium
Naphtali
23. Dezember 2019 @ 11:03
Das stimmt, lieber Ottmar. Danke für die Ergänzung.