Inneren Frieden finden: Die biblische Reise zur Heilung des menschlichen Geistes (Teil 2)
Die Beschaffenheit unseres Geistes
Im ersten Teil dieser Serie haben wir uns damit beschäftigt, warum wir alle Heilung brauchen. Gott stellt jedem Menschen die Diagnose, dass er Sünde und damit eine schwere Wunde in sich trägt.
Denn so spricht YHWH: Dein Schaden ist verzweifelt böse und deine Wunde unheilbar. (Jeremia 30,12)
Zugleich aber eröffnet er einen Ausweg:
Denn ich will dir Genesung bringen und dich von deinen Wunden heilen, spricht YHWH, weil sie dich eine »Verstoßene« nennen [und sagen]: »Das ist Zion, nach der niemand fragt!« (Jeremia 30,17)
Es ist also offensichtlich, dass unser unheilbarer Schaden nur durch den Allmächtigen in der Tiefe geheilt werden kann. Um besser zu verstehen, wie das funktionieren kann, wollen wir uns einer Metapher bedienen, die uns Gott selbst anbietet.
Der Töpfer und der Ton
Durch den Propheten Sacharja erfahren wir ein wichtiges Detail über die Natur unseres Geistes und wie der Allmächtige damit umgehen kann.
Dies ist die Last, das Wort YHWHs über Israel: Es spricht YHWH, der den Himmel ausspannt und die Erde gründet und den Geist des Menschen in seinem Inneren bildet: (Sacharja 12,1)
Gott formt den Geist des Menschen in seinem Inneren. Zunächst könnte man fragen: In wessen Innern? In Gott oder im Menschen? Wie im hebräischen Denken üblich, kann es beides sein.
Wir wollen aber die Variante betrachten, dass Gott den Geist im Menschen bildet. Und hier kommt dem Wort bilden eine besondere Bedeutung zu. Im hebräischen Grundtext steht das Wort יָצַר (jatzar). Die eigentliche Wortbedeutung von jatzar hat mit der Tätigkeit eines Töpfers zu tun, der seinen Ton formt.
Gott bezeichnet sich im obigen Vers als Töpfer unseres Geistes. Dieses Bild ist sehr interessant und gibt uns eine Erklärung dafür, wie der Allmächtige unseren Geist heilen kann.
Der Töpfervorgang
Am Anfang jeder Töpferarbeit steht ein Klumpen Ton. Im schlechtesten Fall ist dieser Klumpen trocken und steinhart. Die erste Aufgabe des Töpfers ist es, den Ton weich zu machen. Wie macht er das? Indem er Wasser hinzufügt.
Wenn der Ton weich ist, kann er vom Töpfer in die gewünschte Form gebracht werden. Dann wird er gebrannt, eventuell glasiert und noch einmal gebrannt.
Wie können wir nun diesen Prozess auf unseren Geist übertragen?
Die Deutung des Gleichnisses
Der Tonklumpen ist unser Geist. Er ist zunächst unbearbeitet und manchmal knochenhart. Nicht anders wird z.B. das Herz des Pharao beschrieben (vgl. 2. Mose 9,7). Aber nicht nur der Pharao verhärtete sein Herz, sondern die Schrift bezeichnet jeden, der sich von Gott abwendet, als hartherzig.
Wohl dem Menschen, der beständig in der Furcht [Gottes] bleibt; wer aber sein Herz verhärtet, wird ins Unglück stürzen. (Sprüche 28,14)
Wir gehen also von einem harten Tonklumpen aus, der erst weich und formbar gemacht werden muss. Das Wasser, das dazu nötig ist, steht in unserem Gleichnis für die Tora und den Geist, der sie geschrieben hat.
Meine Lehre [Torah] triefe wie der Regen, meine Rede fließe wie der Tau, wie die Regenschauer auf das Gras, und wie die Tropfen auf das Grün. (5. Mose 32,2)
und drei sind es, die Zeugnis ablegen auf der Erde: der Geist und das Wasser und das Blut, und die drei stimmen überein. (1. Johannes 5,8)
Wenn wir in den Bund mit Gott eintreten und den Heiligen Geist in uns aufnehmen, haben wir überhaupt erst die Möglichkeit zu einer wirklichen Verwandlung. Denn dann kann Gott sein Werk beginnen und unseren Geist formen.
Am Anfang steht der Töpfer vor einem Klumpen Ton. Er sieht nur die äußere Schicht. Die Teilchen im Inneren des Klumpens entziehen sich seinem Blick. Erst durch den Prozess des Knetens und Formens haben die inneren Teilchen eine Chance, an die Oberfläche zu kommen.
So ist es auch mit unserem Geist. Wenn Gott beginnt, ihn zu formen, kommen manchmal Dinge zum Vorschein, die wir noch gar nicht kannten. Manchmal gefallen uns diese Dinge, manchmal würden wir sie am liebsten wieder verstecken. Es sind unsere Wunden, unsere Sünden, unsere Verletzungen.
Gott lädt uns ein, sie anzuschauen, damit sie heilen können. Im Grunde geht es darum, aus einem Klumpen, in dem alles Mögliche verborgen ist, ein Kunstwerk zu schaffen, das schön, einzigartig und nützlich ist.
Wir werden sehen, wie diese Wundheilung in der Praxis funktionieren kann. Für den Moment wollen wir uns damit begnügen, dass Gott diesen Gestaltungsprozess mit uns durchlaufen will und dabei immer wieder Erinnerungen, Emotionen oder Schmerzen ans Licht bringt, die der Heilung bedürfen.
Im nächsten Teil werden wir uns mit den Themen beschäftigen, mit denen Gott uns in diesem Prozess konfrontieren könnte. Wir wollen erfassen, was in uns Heilung braucht.
Quelle Titelbild: Pixabay.com
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