#27 Acharei Mot/Kedoschim – „Nach dem Tod/Heilige“
3. Mose 16,1-20,27
Amos 9,7-15; Matthäus 15,10-20; Markus 12,28-34
Die Torah bietet uns vielfältige Gebote, die unsere Beziehungen zu unseren Mitmenschen verbessern und gelingen lassen sollen. Wir wollen uns eines dieser Gebote einmal etwas genauer anschauen. Es handelt sich um Folgendes:
Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen; sondern du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, dass du nicht seinetwegen Schuld tragen musst! Du sollst nicht Rache üben, noch Groll behalten gegen die Kinder deines Volkes, sondern du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! Ich bin YHWH. (3. Mose 19,17-18)
Im Grunde handelt es sich um ein Gebot, welches uns eine Richtungsweisung geben will, wie wir mit unseren Nächsten umgehen, wenn wir eine Meinungsverschiedenheit klären, einen Konflikt bereinigen oder echtes Fehlverhalten des Anderen ansprechen wollen. YHWH gibt uns hier also einen Rahmen für jegliche Form von Kritik.
Wie machen wir das also? Zunächst einmal ohne Hass im Herzen. Wie wichtig ist es, zu prüfen, aus welcher Motivation wir andere zur Rede stellen wollen? Geht es darum uns zu rechtfertigen? Geht es darum, es dem Anderen heim zu zahlen? Warum suchen wir ein Gespräch mit einer Person? Warum wollen wir eine Meinungsverschiedenheit klären? Können wir sie nicht auch einfach stehen lassen?
Manchmal haben uns Menschen verletzt und wir wollen ihnen das mitteilen. Wir hoffen, dass dadurch die Beziehung zu der Person, die uns verletzt hat, wiederhergestellt wird. Doch sollten wir immer darauf achten, dass wir der Person auch tatsächlich vergeben haben, bevor wir in ein solches Gespräch gehen. Vergebung geschieht vor der gemeinsamen Konfliktbearbeitung.
Besprechen wir Konflikte oder Verletzungen mit Menschen, sollten solche Gespräche vorrangig das Ziel haben, dem Anderen einen Einblick in das eigene Gefühlsleben zu geben und ihm ein Mitfühlen zu ermöglichen, damit er sein Verhalten in Zukunft anpassen oder verändern kann. Wir suchen keinen Schuldigen, YHWH wird uns am Ende richten. Wir geben dem Anderen damit aber ein Feedback zu den Folgen seines Verhalten.
Gehen wir in einer anklagenden Haltung auf unsere Mitmenschen zu, wie sehr sie uns auch verletzt haben mögen, wird die Beziehung noch mehr Schaden nehmen und die Verletzungen werden auf beiden Seiten nur noch größer. Damit laden wir Sünde auf uns.
YHWH gibt uns außerdem einen guten Maßstab, wie wir einen guten Weg finden können auf den Anderen zu zugehen. Schauen wir auf uns selbst! Wie möchte ich angesprochen werden? Wie möchte ich, dass mich jemand auf mein Fehlverhalten hinweist? Wie wäre Kritik für mich gut annehmbar?
Nach einem Konflikt oder einer Verletzung ist es ein echter Ausdruck von Liebe, die Wahrheit zu sprechen, ohne den Anderen anzugreifen oder zu richten. Es ist ein Ausdruck von Liebe, sich zu öffnen, die eigenen Gefühle zu erklären und das eigene Verhalten zu begründen. Und die Liebe wird von Jeschua als das Hauptmerkmal Seiner Gemeinde gedeutet (Vgl. Johannes 13,35).
Jeder Konflikt, in dem wir uns befinden, ist eine Chance für alle Beteiligten, Jeschuas Liebe zu erfahren und eigene Verhaltensweisen zu überdenken. Wir sollten diese Chancen nicht verstreichen lassen und auch um unsere schwierigen Beziehungen kämpfen. Vielleicht will Jeschua sich gerade darin verherrlichen!
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Bracha
26. April 2018 @ 21:07
Lieber Naphtalie,
vielen Dank für die Überlegungen zur Konfliktklärung!
Du schreibst: “Besprechen wir Konflikte oder Verletzungen mit Menschen, sollten solche Gespräche vorrangig das Ziel haben, dem Anderen einen Einblick in das eigene Gefühlsleben zu geben und ihm ein Mitfühlen zu ermöglichen, damit er sein Verhalten in Zukunft anpassen oder verändern kann.”
Aus meiner Sicht ist eine ergänzende Variante, eben nicht nur ‘auf das Eigene’ zu schauen, sondern auch das des Anderen zu sehen und zu hören. Den Nächsten lieben wie mich selbst.
Im Falle einer Konfliktklärung würde das denn bedeuten, zu versuchen, den Anderen zu verstehen, dessen Sichtweise wahrzunehmen, also mit dem Gegenüber mitzufühlen. Quasi erst mal ‘in dessen Mokkasins zu laufen’. Dieser Part von Empathie führt dann u.U. dazu, daß ich keine Verhaltensänderung vom Anderen erwarte, sondern selber Schritte der Veränderung gehe.
Herzliches Schalom!
Naphtali
27. April 2018 @ 15:19
Liebe Bracha,
danke für Deine wertvolle Ergänzung. Du hast natürlich recht, eine Konfliktlösung ist ohne eigene Bewegung nur selten möglich. Schön, dass Du diesen Kommentar noch hinzugefügt hast.
Sei gesegnet und behütet!
Liebe Grüße
Naphtali