#04 Wajera – „Und er erschien“
Wajera
1. Mose 18,1-22,24
2. Könige 4,1-37; Lukas 17,28-37
Manche Begebenheiten in der Schrift erscheinen auf den ersten Blick widersprüchlich oder missverständlich. Gott fordert uns an diesen Stellen immer wieder heraus, um die Ecke zu denken und die Gegensätzlichkeit aufzulösen.
Da der Allmächtige nicht lügen kann (Vgl. Titus 1,2), sind auch Widersprüche in seinem Wort ausgeschlossen. Also dürfen wir uns auf ein Rätsel einlassen, welches Gott uns gestellt hat.
Abrahams Bündnispartner
Eines dieser Rätsel begegnete mir in den Bündnispartnern Abrahams. Ich habe mich immer gefragt, wie es sein kann, dass Abraham Amoriter als Bundesgenossen hatte.
Es kam aber ein Entflohener und sagte es Abram, dem Hebräer, der bei den Terebinthen Mamres wohnte, des Amoriters, der ein Bruder von Eschkol und Aner war; diese waren Abrams Bundesgenossen. (1. Mose 14,13)
Eschkol, Aner und Mamre waren Brüder. Wenn Mamre Amoriter war, dann waren es Eschkol und Aner wohl auch.
Es ist nun wichtig zu verstehen, dass Bündnisse über die Lebensdauer der ursprünglichen Bündnispartner ihre Gültigkeit behielten. Im Grunde waren sie auf ewig angelegt.
Das bedeutet, dass auch nach dem Tod von Abraham, Aner oder Eschkol die Bündnisverpflichtungen, aber auch die daraus abzuleitenden Rechte auf die nachfolgenden Generationen übergingen. Die einzige Ausnahme bestand darin, dass der Bund tatsächlich gebrochen wurde. Dies konnte jedoch mit dem Tod der betreffenden Partei geahndet werden.
Ein weiterer Bündnispartner war der Philisterkönig Abimelech. Der Gegenstand dieses Bundes ist uns sogar so überliefert, dass wir den generationsübergreifenden Charakter erkennen können:
So schwöre mir nun hier bei Gott, dass du weder an mir noch an meinen Kindern, noch an meinen Kindeskindern treulos handeln wirst. Dieselbe Freundschaft, die ich dir bewiesen habe, sollst du auch an mir beweisen und an dem Land, in dem du ein Fremdling bist! (1. Mose 21,23)
Doch was ist hier bei diesen Bündnissen das potenzielle Problem?
Der Bund mit den Amoritern
Einige Generationen nach Abraham war es Israel verboten, mit den Amoritern zu paktieren. Im Gegenteil, das Volk hatte den Auftrag, alle Amoriter zu schlagen.
Wenn YHWH, dein Gott, dich in das Land bringt, in das du kommen wirst, um es in Besitz zu nehmen, und wenn er vor dir her viele Völker vertilgt, die Hetiter, die Girgasiter, die Amoriter, die Kanaaniter, die Pheresiter, die Hewiter und die Jebusiter, sieben Völker, die größer und stärker sind als du; und wenn sie YHWH, dein Gott, vor dir dahingibt, dass du sie schlägst, so sollst du unbedingt an ihnen den Bann vollstrecken; du sollst keinen Bund mit ihnen machen und ihnen keine Gnade erweisen. (5. Mose 7,1-2)
Was bedeutete dies jetzt aber für die Bundesgenossen von Abraham? Was war mit den Nachkommen von Aner und Eschkol? Sollten diese getötet werden, obwohl der Stammvater mit ihren Vätern verbündet war?
Im Grunde läuft die Frage ja darauf hinaus, ob Gott Israel dazu anstiftete, das Bündnis Abrahams zu brechen. Aber ich denke, das können wir ausschließen.
Doch dann stellt sich die Frage, was denn nun aus dem Bund geworden ist.
Der Bund von Mamre, Aner und Eschkol
Zunächst einmal fällt auf, dass die Männer Aner, Eschkol und Mamre keine weitere Erwähnung in der Bibel finden. Sie tauchen einfach nicht mehr auf. Als seien sie verschwunden.
Wir kommen gleich dazu, warum das so sein könnte. Doch wir wollen noch eine weitere Besonderheit aus dem Text des Bundesschlusses ansehen. Die Schlachter 2000 übersetzt den Vers, in dem der Bund zwischen den Amoritern und Abraham erwähnt wird, wie folgt:
Es kam aber ein Entflohener und sagte es Abram, dem Hebräer, der bei den Terebinthen Mamres wohnte, des Amoriters, der ein Bruder von Eschkol und Aner war; diese waren Abrams Bundesgenossen. (1. Mose 14,13)
Der fett hervorgehobene Part wäre wortgetreu besser so übersetzt:
… diese waren die Herren von Abrahams Bund.
Was bedeutet das? In der jüdischen Überlieferung werden verschiedene Deutungen angeboten. Rabbi Samson Raphael Hirsch meint, dass durch die Formulierung einfach ausgedrückt werden soll, dass Mamre und seine Brüder Abraham in ihre Bundesgemeinschaft aufnahmen und nicht andersherum. Sie waren von Abraham so begeistert, dass sie ihn in ihrer Nähe als Bündnispartner wissen wollten.
Eine andere Deutung spricht davon, dass es wohl Mamre gewesen ist, der Abraham zur Beschneidung riet. Dabei soll Abraham nach der Aufforderung Gottes gezweifelt haben, ob er die Beschneidung wirklich durchführen sollte. Letztlich stand bei einem schlecht platzierten Schnitt ja sein Same auf dem Spiel. Doch Mamre soll den Stammvater überzeugt haben. Wie sollte Abraham, der doch bereit war, sein Leben für Gott zu geben, ihm einen Teil seines Körpers verwehren?
Egal ob wir die oben angeführten Deutungen oder eine eigene für wahr halten. Es scheint wohl so zu sein, dass Abraham durch seinen Wandel eine solche Strahlkraft auf die Menschen um sich herum hatte, dass diese seine Nähe suchten.
Der Bund mit Abimelech
Dasselbe gilt wohl für Abimelech, denn er begründete seinen Wunsch nach einem Bund mit Abraham wie folgt:
Und es geschah zur selben Zeit, da redete Abimelech in Begleitung seines Heerführers Pichol mit Abraham und sprach: Gott ist mit dir in allem, was du tust. (1. Mose 21,22)
Durch das Vorbild Abrahams lernten diese Menschen den Schöpfer von Himmel und Erde kennen und waren wahrscheinlich auch für ein Bündnis mit IHM bereit.
In dem Moment, in dem sie den Bund mit dem Allmächtigen schlossen, wurden sie eine neue Kreatur. Aus den Amoritern und dem Philister wurden Hebräer.
Darum: Ist jemand in Messias, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen; siehe, es ist alles neu geworden! (2. Korinther 5,17)
Damit kann es gut sein, dass die Nachfahren von Mamre, Aner, Eschkol und vielleicht auch von Abimelech längst selbst zu Hebräern geworden waren, als die Kinder Israels ins Land Kanaan kamen.
Fazit
Wenn wir unser Leben mit dem von Abraham vergleichen: Fühlen sich die Menschen um uns herum auch durch unsere Strahlkraft angezogen? Erfahren sie an unserem Leben, dass Gott sie liebt?
Suchen die Menschen unsere Nähe, weil sie merken, dass ihre ausgehungerten Seelen bei uns etwas finden könnten, was ihnen Ruhe verschafft?
Nicht jeder Mensch muss uns zugeneigt sein. Dennoch sollten wir uns an Abraham ein Vorbild nehmen und beten, dass Gott uns reinigt, damit er durch uns wirken und Menschen zu sich ziehen kann.
Bildquelle: Freebibleimages.org (CC BY-NC-ND 4.0 DEED)
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