Purim und der andauernde Kampf zwischen Jakob und Esau
Purim hat seinen Ursprung im Buch Esther. Dort erfahren wir, dass Mordechai das Fest als Erinnerung an die Rettung der Juden in Persien einsetzte (Vgl. Esther 9,18-32).
Dabei war Mordechai eine zentrale Figur innerhalb der Geschichte. An seinem Widersacher Haman entfaltete sich ein uralter Konflikt, der bis in die Zeit der Stammväter zurückreichte. Doch schauen wir uns die beiden Charaktere genauer an.
Mordechai der Jude
Mordechai wird uns als Jude vorgestellt. Doch streng genommen war er gar kein echter Jude. Er kam aus dem Stamm Benjamin und nicht aus Juda (Vgl. Esther 2,5). Wenn wir genauer hinsehen, stellen wir sogar fest, dass er aus einem königlichen Geschlecht kam oder zumindest in dessen Nähe familiärer Nähe angesiedelt war.
Mordechai kam aus dem Haus Kis, dem Vaterhaus des Königs Saul. Konkret war er der Enkel von Simei, einem Sohn von Kis.
Simei ist uns von anderer Stelle bekannt. Er war einer der letzten Verblieben aus dem Haus Sauls, nachdem dieser gestorben war. Das exakte Verwandtschaftsverhältnis zu Saul ist allerdings unklar. Aus dem Text lässt sich aber vermuten, dass Simei ein (Halb-)Bruder oder Neffe von Saul gewesen sein könnte.
Obwohl Simei David zunächst bekämpfte und nicht als König akzeptierte (Vgl. 2. Samuel 16,5-14), so wandte er sich letztlich doch dem Gesalbten Gottes zu.
und er sprach zum König: Mein Herr, rechne mir die Missetat nicht zu und gedenke nicht an das Böse, was dein Knecht getan hat an dem Tag, als mein Herr, der König, Jerusalem verließ, sodass der König es sich zu Herzen nehme! Denn dein Knecht weiß wohl, dass ich gesündigt habe; und siehe, ich bin heute zuerst gekommen, vor dem ganzen Haus Joseph, um hinabzugehen, meinem Herrn, dem König, entgegen! (2. Samuel 19,20-21)
Mordechai kam nun aus der Linie des Kis. Er war ein frommer Hebräer, der dem Allmächtigen treu folgte. Als Beamter am Hof des persischen Königs war er hoch angesehen und seinem Herrn treu. Er bewahrte Ahasveros sogar vor einem Mordkomplott (Vgl. Esther 2,21-23). Darüber hinaus kümmerte er sich um die Tochter seines Onkels Hadassa.
Ein interessantes Detail: Es ist gut möglich, dass Hadassa, die spätere Königin Esther, direkt aus der Linie Sauls stammte und damit das Werk ihres Vaters vollendet, in dem dieser versagte – die Tötung Agags.
Wir sehen in Mordechai also einen gottesfürchtigen Hebräer, der am Hof des persischen Königs Ahasveros diente.
Haman
Haman war ebenfalls ein Beamter am Hof des Königs. Dieser setzt ihn über alle seine Fürsten.
Nach diesen Begebenheiten erhob der König Ahasveros Haman, den Sohn Hamedatas, den Agagiter, zu höherer Macht und Würde und setzte ihn über alle Fürsten, die bei ihm waren. (Esther 3,1)
Damit war Haman auch über Mordechai gesetzt. Doch dieser verweigerte Haman die Geste des Kniefalls.
Und alle Knechte des Königs, die im Tor des Königs waren, beugten die Knie und fielen vor Haman nieder; denn der König hatte es so geboten. Aber Mordechai beugte die Knie nicht und fiel nicht nieder. (Esther 3,2)
Die einzige Begründung, die Mordechai dafür lieferte, war, dass er ein Jude sei (Vgl. Esther 3,4). Die Sprengkraft dieser Aussage liegt in der Herkunft Hamans begründet.
Er war ein Agagiter, das heißt ein Nachkomme Agags. Wahrscheinlich war Agag ein Titel und weniger ein Name. Dennoch taucht er an signifikanten Stellen auf.
Agag und Amalek
Zunächst fällt auf, dass Agag der König von Amalek war, dessen Tötung Saul nicht vollzog (Vgl. 1. Samuel 15). Wir sehen also, dass Agag mit Amalek in Verbindung steht.
Beide Namen sind nun aber in besondere Weise in der Torah verankert.
Über Agag weissagte Bileam durch den Geist Gottes:
Wasser wird aus seinen Eimern fließen, und sein Same wird sein in großen Wassern. Sein König wird höher sein als Agag, und sein Reich wird erhöht sein. (4. Mose 24,7)
Der König Jakobs sollte also größer sein, als Agag. Schon allein durch diese Prophetie können wir gut verstehen, weshalb sich Mordechai weigerte, sich Haman unterzuordnen. Doch sie ist nicht die Einzige.
Bezüglich Amalek gebot Gott den Hebräern:
Wenn dir nun YHWH, dein Gott, Ruhe gegeben hat vor allen deinen Feinden ringsum in dem Land, das YHWH, dein Gott, dir als Erbe gibt, um es in Besitz zu nehmen, so sollst du das Andenken an Amalek unter dem Himmel vertilgen; vergiss es nicht! (5. Mose 25,19)
Wir sehen einen weiteren Hinweis dafür, dass Mordechai sich Haman gar nicht fügen konnte. Andernfalls hätte er YHWH verworfen.
Doch tatsächlich gehen die Prophetien noch weiter zurück. Amalek war ein Enkel Esaus (Vgl. 1. Mose 36,12). Und zum Verhältnis zwischen Jakob (dem Jüngeren) und Esau (dem Älteren) ist uns folgende Vorhersage Gottes überliefert:
Und YHWH sprach zu ihr: Zwei Völker sind in deinem Leib, und zwei Stämme werden sich aus deinem Schoß scheiden; und ein Volk wird dem anderen überlegen sein, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen. (1. Mose 25,23)
Indem Mordechai den Kniefall gegenüber Haman verweigerte, blieb er auch dieser Verheißung treu.
Das geistliche Bild
Tatsächlich ist die Rivalität zwischen Haman und Mordechai eine weitere Manifestation des Kampfes zwischen Jakob und Esau.
Indem Mordechai sich als Jude ausgab – obwohl er streng genommen gar keiner war – lässt den Schluss auf eine tiefere Ebene zu. Der Benjaminiter bezog sich damit möglicherweise weniger auf seine Abstammung als auf seine Eigenschaft als Gottlobender oder Gottpreisender. Juda hat seinen Namen in diesem Zusammenhang erhalten (Vgl. 1. Mose 29,35).
Der Name Esau hingegen entpricht dem „Machenden“, demjenigen, der in der materiellen Welt zu Hause ist und durch seine Werke Erlösung sucht. Beide Seiten (Jakob und Esau) stehen im Widerstreit, wie der Geist und das Fleisch. Dieser Widerstreit findet sowohl im Außen als auch in unserem Inneren satt.
Es ist nun also unsere Aufgabe, so wie Mordechai den Kniefall vor den Verführungen dieser Welt zu verweigern und unserem Gott treu zu bleiben. Und dann wird der Allmächtige auch den rettenden Ausweg schaffen! Denn dieser ist uns bereits durch uralte Prophetien bestimmt.
Bildquelle: Sweet Publishing / FreeBibleimages.org (CC BY-SA 3.0)
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