Shavuot
Während der Omer-Zählung der sieben Wochen reifte in Israel die Weizenernte. Bis zum Ende der Zählung war der erste Weizen reif für die Ernte; die Erstlingsfrucht dieser Weizenernte konnte nun zum Tempel am „Fest der Wochen“ oder „Fest der Ernte“ gebracht werden.
Noch heute wird bei den Juden traditionell das Buch Rut zum Fest der Wochen gelesen. Die Geschichte ereignete sich während der Gersten- und Weizenernte.
Die Urgroßmutter von König David war Rut, die Moabiterin. Sie war Heidin, lernte aber den Elohim Israels durch ihre Schwiegermutter Noomi kennen und lieben. Diese gläubige Frau wurde in YHWHs auserwähltes Volk aufgenommen. Davids Linie war also nicht vollkommen jüdischen/israelitischen Ursprungs. Rut heiratete Boas und sie bekamen einen gemeinsamen Sohn Obed; dessen Sohn war Isai und dieser war der Vater von dem großen König David. Am Ende der Linie Davids wurde der Messias geboren. Der Messias kommt aus einer Linie, die aus Juden und Heiden gleicherweise bestand.
Rut war nicht nur eine tugendhafte Frau, die ihrer Schwiegermutter Noomi beistand, sich zu Noomis Gott hielt, sondern auch noch ihre Linie durch Yibbum (Leviratsehe) erhalten wollte. Die „Leviratsehe“ (lat. levir „Schwager“) bezeichnet eine Ehe, in der die kinderlose Witwe dem Bruder des verstorbenen Mannes, also ihrem Schwager, anvertraut wird. Der Begriff „Levirat“ greift dabei den Rechtsfall von 5. Mose 25,5-10 auf, in dem allein von der Schwagerehe die Rede ist … „auf dass dessen Name nicht ausgetilgt werde aus Israel“ (5. Mose 25,6). So wird Yibbum als eine Handlung der Barmherzigkeit verstanden.
Rut wird als eine bewundernswerte und beachtenswerte Frau geschildert. Aber wenn wir zu dem Ende des Buches kommen und sehen, wie Rut sich auf Noomis Anweisungen hin badet, mit Öl salbt, sich ein besonderes Kleid anzieht und sich auf der Tenne in der Mitte der Nacht zu den Füßen Boas legt, ist das Bild der tugendsamen Rut dann noch aufrechtzuerhalten? Ist dies nicht eine skandalöse Wendung und ein ungeheuerlicher Versuch der Verführung in der Geschichte der Rut? Aber es ist nicht das erste Mal, dass so eine Geschichte der Verführung in der Torah auftaucht. Es gibt noch zwei weitere Geschichten.
In der Abrahams- und in der Josefgeschichte werden zwei Geschichten eingeflochten, die beide um Yibbum gehen und beide weisen das Element der Verführung, wie in der Geschichte der Rut auf. Die Abrahamserzählung wird von der Geschichte von Lot und seinen Töchtern unterbrochen und die Josefserzählung von der Geschichte von Juda und Tamar.
Nachdem Sodom und Gomorra zerstört worden war, glaubten die Töchter von Lot, dass sie nicht nur ihre Linie, sondern die ganze Menschheit erhalten müssten, indem sie ihren Vater, als einzig überlebenden Mann – so glauben sie -, betrunken machten und verführten. Hier wurde Yibbum durch Verführung ausgeführt.
In der unverwechselbaren und lehrreichen Familiengeschichte in 1. Mose 38 verfügte Juda über alle ehelichen Verbindungen seiner Söhne. Der älteste Sohn namens Er musste die Kanaanäerin Tamar zur Frau nehmen. Nach seinem Tod musste der zweitälteste namens Onan zu ihr eingehen und so die Schwagerehe vollziehen. Als auch Onan starb, verfügte Juda, dass Tamar als Witwe in das Haus ihres Vaters zurückkehrte, bis der jüngste Sohn Schela das heiratsfähige Alter erreicht haben sollte. Im Grunde wollte Juda aber eine weitere Leviratsehe zwischen Tamar und seinem letzten noch lebenden Sohn unterbinden. Unter diesen Umständen sah sich Tamar dazu berechtigt, den inzwischen verwitweten Juda zu verführen. Auch hier wird Yibbum durch Verführung ausgeführt.
Aus dieser Verbindung gingen die Zwillinge Perez und Serach hervor, die es Tamar erlaubten, in das Haus bzw. in die Genealogie Judas zurückzukehren. Am Schluss sah Juda auch ein, dass er kein Recht hatte, ihr seinen Sohn Schela vorzuenthalten. Sieben Generationen nach Perez wurde aus dieser Linie Boas geboren. Hier der Stammbaum:
Abraham war der Vater Isaaks, Isaak der Vater Jakobs, Jakob der Vater Judas und seiner Brüder. Juda war der Vater von Perez und Serach; ihre Mutter war Tamar. Perez war der Vater von Hezron, Hezron der Vater von Ram, Ram von Amminadab, Amminadab von Nachschon, Nachschon von Salmon und Salmon von Boas; die Mutter des Boas war Rahab. Boas war der Vater Obeds; Obeds Mutter war Ruth. Obed war der Vater Isais. ( Matthäus 1,2-5)
Der Sohn von Lot und seiner ältesten Tochter hieß Moab. Moabiter war die Bezeichnung seiner Nachkommen und aus dieser Linie stammte Rut.
In der Geschichte von Rut treffen diese beiden o. a. Linien, in denen die beiden Geschichten der Verführung zu finden sind, aufeinander in Rut und Boas. Rut, die Moabiterin, heiratet Boas, einen Nachkommen aus der Linie von Tamar und Juda.
Werden die beiden Geschichten der Verführung wirklich in einer dritten Verführungsgeschichte fortgesetzt?
Boas nimmt Rut wahr, als wer sie war: „Man hat mir alles angesagt, was du getan hast an deiner Schwiegermutter nach deines Mannes Tod, dass du verlassen hast deinen Vater und deine Mutter und dein Vaterland und zu einem Volk gezogen bist, das du vorher nicht kanntest.“ (Rut 2,11) Er schlägt vor, dass YHWH ihr es vergelten möge: „YHWH vergelte deine Tat, und dein Lohn möge vollkommen sein bei YHWH, dem Elohim Israels, zu dem du gekommen bist, dass du unter seinen Flügeln Zuflucht hättest.“ (Rut 2,12) Monate vergehen, aber Boas beobachtet nur und handelt nicht in einem Akt von Yibbum, letztlich wie Juda, der seinen letzten Sohn im Akt des Yibbum von Tamar zurückhält. Tamars Antwort auf die Entscheidung von Juda war, ihn zu verführen. Und man fragt sich, ob das jetzt hier in der Geschichte von Rut auch passiert. Die Erntezeit ist vorbei und Noomi sagt zu ihr: „Meine Tochter, ich will dir einen Ruhestatt suchen, dass dir’s wohlgehe.“ (Rut 3,1) Rut konnte nicht ruhen, bis sie durch einen Ehemann die Geschichte ihres verstorbenen Mannes, seine Linie durch ein Kind zu erhalten, abgeschlossen hatte. Sie war genauso unruhig wie Tamar, die nicht ruhte, bis sie mit Juda für einen Nachkommen ihres verstorbenen Mannes sorgte. Noomi schlug Rut Boas vor, durch den sie zur Ruhe kommen konnte. Und wenn er nicht handeln würde, dann gibt es Wege … wie in den Geschichten von Tamar und Juda und Lot und seinen Töchtern: die Lösung war Verführung. Und die Vorschläge, die Noomi Rut unterbreitet, sich zu baden und zu salben, deuten an, dass die Geschichte der Verführung sich wiederholen würde. Und schlussendlich ist Rut eine Tochter von Moab und was würde man anderes von ihr erwarten? Und Boas war aus der Linie von Perez und wir wissen, wie er entstanden ist.
„Als es nun Mitternacht ward, erschrak der Mann und beugte sich vor: und siehe, eine Frau lag zu seinen Füßen.“ (Rut 3,8) Und jetzt könnte die Verführung einsetzen. Aber Rut antwortete wahrheitsgemäß, wer sie war und gab dem Mann die Möglichkeit der Wahl – das was ihre Vorfahren, die Töchter von Lot und Lot, nicht taten. Sie bat ihn um Heirat. Aber hören wir, wie sie es tat: „Bereite den Zipfel deines Gewands (kanaph) über deine Magd, denn du bist der Löser.“ (Rut 3,9). Kanaph kann Gewand bedeuten, aber auch Flügel. Haben wir dieses Wort „Flügel“ nicht schon früher in der Geschichte von Rut gehört, als Boas die Größe von Rut lobte und zu ihr sagte: „Dass du unter seinen Flügeln Zuflucht hättest“ (Rut 2,12) Rut sagte ihm: „Wenn du glaubst, dass es gut genug für Gott ist, mich unter seine Flügel zu nehmen, dann solltest du deine Flügel über mich ausbreiten. Machlon, mein toter Mann, war dein Cousin. Du könntest mir helfen. Und Boas verstand sie. In dieser Nacht fand keine Verführung statt, sondern am nächsten Tag wurde alles legal geregelt und Boas heiratete dann Rut.
Emuna
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