Parascha ‘miKetz’ = “zum Ende (hin)”

Parascha ‚miKetz‘ מִקֵּץ = „zum Ende (hin) “ – 1. Mo. 41, 1 – 44, 17;
V1) Es ereignete sich, dass zum Ende (hin) – מִקֵּץ miKetz von zwei vollen Jahren [, in denen Josef im Gefängnis war,] der Pharao träumte: „[In diesem Traum] stand er am Strom [des Nil] [genau in dem Moment],
V2) als sieben Kühe aus dem Strom herausstiegen: [Diese] waren schön (im Aussehen) anzusehen, weil sie wohl genährt (fett an Fleisch) waren. Dann weideten sie im Riedgras.
= Mit diesen Worten beginnt unsere Parascha. Wir befinden uns mitten in der Erzählungsgeschichte Josefs, die hier mit mehreren Kapiteln in die Geschichte der Glaubensväter Avrahams, Jizchaks und Ja’akovs eingeschoben ist.
Letzte Woche hatten wir uns die Eckdaten zur Geburt Josefs näher angeschaut: Was seine Benennung zu „Josef“ auf Deutsch bedeutet: „er füge hinzu“. Diese prophetische Namensgebung als Wunsch seiner Mutter Rachel war quasi die ausgesprochene Glaubensbitte in Form einer Proklamation an den Allmächtigen und deutet zugleich auch auf die prophetische Bestimmung Josefs hin.
Ich gebe hier unterhalb zunächst eine Übersicht über das ganze Leben Josefs wie es uns hier in der Schrift von beReschit niedergelegt ist. Das Leben Josefs stellt ein profetisches Bild auf die Funktion des Messias dar, was wir uns ganz besonders in der nächsten Lesung sehen werden.
Parascha ‚waJeschev‘ – 1. Mo.37, 1 – 40, 23;
- Mo. 37, 1-36: Josef und seine Brüder; Josefs Träume; er wird von seinen Brüdern nach Ägypten verkauft;
(1. Mo. 38, 1- 30: Einschub: Jehuda (Juda) und Tamar) - Mo. 39, 1-23: Josef bei Potifar: Potifars Frau versucht Josef zu verführen, er entflieht, wird aber innhaftiert;
- Mo. 40, 1-23: Josef im Gefängnis: die Träume des Bäckers und des Mundschenks;
Parascha ‚miKetz‘ – 1. Mo. 41, 1 – 44, 17;
- Mo. 41, 1-57: Josef deutet die Träume des Pharaos: 7 fette und 7 magere Jahre; die Befreiung Josefs aus dem Gefängnis, seine Einsetzung zum Bevollmächtigten des Pharaos als zweithöchste Person Ägyptens;
- Mo. 42, 1-38: Hungersnot in K‘naan, die erste Reise der Brüder Josefs nach Ägypten (ohne ihren jüngsten Sohn Ben-jamin);
- Mo. 43, 1-34: die zweite Reise der Brüder Josefs nach Ägypten mit Ben-jamin;
- Mo. 44, 1-17: Josef stellt seine Brüder auf eine harte Probe;
Parascha ‚waJigasch‘ – 1. Mo. 44, 18 – 27, 27;
- Mo. 44, 18-44: Jehuda redet als Führer seiner Brüder verantwortungsvoll vor Josef;
- Mo. 45, 1-28: Josef gibt sich seinen Brüdern zu erkennen;
- Mo. 46, 1-34: nun reist auch Ja’akov nach Ägypten;
- Mo. 47, 1-26: Josef wird zum Verwalter über Ägypten gesetzt;
Parascha ‚waJechi‘ – 1. Mo. 47, 28 – 50, 26;
- Mo. 47, 28-31: Ja’akovs letzter Wille: seine Beerdigung in der Machpela-Gruft;
- Mo. 48, 1-22: Ja’akov segnet Efraim und Menasche;
- Mo. 49, 1-33: Ja’akovs Segen über die Söhne/Stämme Israels;
- Mo. 50, 1-26: Ja’akovs Tod und Überführung nach K’naan; die Aussöhnung der Brüder und der Tod Josefs;
Wir fahren mit unserem Text fort:
V3) Siehe, danach stiegen [noch] sieben anderen Kühe zu den ersten aus dem Strom auf: Diese aber waren häßlich (im Ansehen) anzuschauen, weil sie unterernährt (mager an Fleisch) waren. Sie stellten sich neben die Kühe ans Ufer des Stromes.
V4) [Dann geschah es], dass die Kühe, welche grässlich (im Ansehen) anzusehen waren, weil sie ausgemergelt waren (mager an Fleisch), sie fraßen die sieben Kühe, die von schönem Aussehen, waren, weil sie wohl genährt (fett) waren. [In diesem Moment] erwachte der Pharao.
V5) Doch er schlief [wieder] ein und träumte ein zweites Mal: Siehe, sieben Ähren wuchsen an einem Halm auf, die waren prall (fett) und schön.
V6) Nach ihnen sprossten [auch] sieben Ähren [an einem Halm] auf, die waren kümmerlich/spärlich (mager), weil sie vom Ostwind ausgedörrt/versengt waren.
V7) Die kümmerlichen/mageren Ähren verschlangen die sieben prallen (fetten) und vollen Ähren. Daraufhin erwachte der Pharao, und ihm wurde gewahr, es war [nur] ein Traum.
V8) [Doch] am nächsten Morgen war sein Geist [wegen dieser Träume] so sehr in Unruhe, dass er hinsenden ließ, um alle Wahrsagepriester Ägyptens und alle seine Weisen zu rufen. Ihnen erzählte der Pharao dann seine Träume. Es fand sich aber niemand, der sie dem Pharao deuten konnte.
V9) Jetzt redete der Ober-Mundschenk mit dem Pharao: „Heute muss ich an meine Verfehlungen erinnern.
V10) [Einst] war der Pharao sehr zornig über seine Knechte und gab mich in Gewahrsam in das Haus des Hauptverantwortlichen der Leibwächter, mich und den obersten Backmeister.
V11) Auch wir hatten [dort] in einer Nacht einen Traum, sowohl ich als auch er. Wir träumten jeder mit eigener Deutung seines Traumes.
V12) Es befand sich bei uns ein junger Hebräer, der ein Knecht des Obersten der Leibwächter war. Ihm erzählten wir [die Träume]. Da deutete er uns unsere Träume, einem jeden [von uns] deutete er nach seinem Traum.
V13) Und es geschah genau so wie er [die Träume] uns gedeutet hatte, so ist es dann [auch] geschehen: Ich wurde wieder in meine Stellung eingesetzt, und ihn hat man gehängt.“
V14) Da sandte der Pharao hin und ließ Josef rufen. Schnell ließen sie ihn aus dem Kerker holen. [Sein Haar] wurde geschoren, seine Kleider wurden gewechselt. Dann kam er vor den Pharao.
V15) [Jetzt] sprach der Pharao zu Josef: „Ich habe einen Traum gehabt, doch es gibt niemanden, der ihn deuten kann. Ich habe nun von dir sagen gehört, dass du es verstehst, einen Traum zu deuten.“
V16) Josef antwortete dem Pharao: „Das steht nicht bei mir. Elohim wird antworten, was dem Pharao zum Heil – שְׁלוֹם schalom ist.“
= Nachdem Josef nahezu 2 Jahre im Gefängnis verbracht hatte, wendet sich sein Schicksal. Der Allmächtige hatte dem Pharao diesen Traum gegeben, der ihn in Unruhe versetzte. Alle Wahrsager und Gebildeten des Landes werden an den Hof des Pharaos gebracht. Aber keiner von ihnen konnte diese Träume auslegen. In diesem Moment erinnert sich der oberste Mundschenk wieder an Josef und an sein Versäumnis, dem Pharao von ihm zu erzählen. Auf einmal geht alles ganz ganz schnell. Josef wird vor den Pharao gebracht. Dieser erzählt ihm seine Träume, und mit der Hilfe Elohims vermag er dessen Doppeltraum zu deuten:
V25) Da sprach Josef zum Pharao: Der (Doppel-)Traum des Pharao ist einer. Elohim hat dem Pharao mitgeteilt, was er tun wird.
V26) Die sieben schönen Kühe bedeuten sieben Jahre, [ebenso auch] die sieben schönen Ähren bedeuten sieben Jahre. Es ist [nur] ein Traum.
V27) Die sieben ausgemergelten und grässlich [anzusehenden] Kühe, die nach ihnen heraufstiegen, [auch] sie bedeuten sieben Jahre, [ebenso] auch die sieben kümmerlichen, vom Ostwind vertrockneten Ähren: [Sie bedeuten, dass es] sieben Jahre lang der Hungersnot geben wird.
V28) Das ist das Wort, was ich zum Pharao [jetzt] geredet habe: Elohim hat den Pharao sehen lassen, was er tun wird.
V29) Siehe, es werden sieben Jahre kommen, in welchen großer Überfluss im ganzen Land Ägypten [vorherrschen wird].
V30) Nach ihnen aber werden sieben Jahre der Hungersnot aufkommen. Dann wird der ganze Überfluss im Land Ägypten vergessen werden. Die Hungersnot wird das Land auszehren.
V31) Aufgrund der [schweren] Hungersnot danach, wird man nichts mehr von [all] dem Überfluss im Land erkennen können, weil sie sehr schwer sein wird.
V32) Dass der Traum sich für den Pharao zweimal wiederholte, [bedeutet], dass die Angelegenheit bei Elohim fest beschlossenen ist und weiter: Elohim wird [seinen Plan] unverzüglich ausführen.
= Josef deutet dem Pharao seinen Doppeltraum, dass er vom Allmächtigen den himmlischen Plan gezeigt bekommen hat. Dies wissend liegt es an ihm, nun klug vorzusorgen.
Hier hat der Pharao ein Prinzip der Geschichte gezeigt bekommen: Jede Epoche und jede Kultur verläuft nach diesem Prinzip: der wirtschaftliche Aufschwung steht für die guten Jahre. Dieser Reichtum wird jedoch oft durch Krieg und Not sowie Hungersnot und Armut wieder zunichte gemacht. Das ist der Kreislauf der Geschichte.
Aber dieser Kreislauf der 7 reichen Jahre des Überflusses und deren Niedergang mag hier insbesondere auch ein prophetisches Schattenbild auf die Endzeit sein, die letzten schweren Jahre, die der Wiederkunft des Messias vorausgehen.
In der Folge gibt Josef dem Pharao Ratschläge, was zu tun ist, um die schlechte Zeit der 7 Hungersjahre zu überstehen:
V33) Nun suche der Pharao nach einem Mann, der verständig נָבוֹן navon und weise חָכָם chacham ist. Ihn setze er über das Land Ägypten ein.
V34) [Weiter] tue der Pharao [dies]: Er soll Verwalter über das Land einsetzen, die den fünften Teil der Ernte in den sieben fruchtbaren Jahren vom Land Ägypten als Steuern einziehen.
V35) Sie sollen alles Getreide der sieben guten Jahre, die kommen werden, unter der Obhut des Pharaos in den Vorratshäusern der Städten einsammeln und aufbewahren.
V36) So wird das [eingesammelte] Korn zum Vorrat für das Land dienen für die sieben Jahre der Hungersnot, die im Land Ägypten sein werden. So wird das Land durch die Hungersnot nicht zugrunde geht.“
= Josef deutete nicht nur die Träume des Pharaos, sondern er erteilte ihm im Anschluß seinen weisen Ratsplan, was in den künftigen Jahren zu tun wäre. Er und seine Ratsleute befinden die Anweisungen für klug. Deswegen wird Josef nun zum obersten Befehlshaber nach dem Pharao über das ganze Land Ägypten ernannt.
V37) Die Worte waren in den Augen des Pharao und in den Augen aller seiner Diener gut.
V38) Jetzt fragte der Pharao seine Dienern: „Werden wir [wohl] jemanden [anderes] finden wie diesen, einen Mann, in dem der Geist Elohims ist?“
V39) Zu Josef sprach der Pharao: „Weil dich Elohim alles dies hat erkennen lassen, [zeigt es sich], dass [niemand anderes] so verständig – נָבוֹן navon und weise – חָכָם chacham ist wie du.
V40) [Darum] sollst du über mein Haus gestellt werden. Deinen Worten/Ausspruch (Mund) soll sich mein ganzes Volk fügen. Nur um den Thron will ich größer sein als du.
V41) Weiter sprach der Pharao zu Josef: „Siehe, ich habe dich [jetzt] über das ganze Land Ägypten gesetzt!“
V42) Der Pharao nahm seinen Siegelring von seiner Hand und steckte ihn an Josefs Hand. Dann ließ er ihn mit Byssusgewändern bekleiden. Dann ließ er eine goldene Kette um seinen Hals legen.
V43) Ferner ließ er ihn auf dem zweiten Streitwagen fahren, den er besaß. Es wurde vor ihm her gerufen: „Werft euch [alle] nieder!“ [Auf diese Weise] setzte er ihn über das ganze Land Ägypten ein.
V44) Der Pharao sprach zu Josef: „Ich bin der Pharao, doch ohne dich soll kein Mensch im ganzen Land Ägypten seine Hand oder seinen Fuß erheben können!“
= Josef wird zum obersten Herrscher über Ägypten gesetzt, gleich im Rang nach dem Pharao, weil er in ihm den Geist Elohims erkennt, der Josef die Verständigkeit und Weisheit verliehen hat. Er wird mit kostbarem Byssus bekleidet, erhält eine goldene Kette um den Hals, ebenso den Siegelring an seine Hand gesteckt, der ihm die Befehlsgewalt des Pharaos sichert. Ebenso den besten königlichen Streitwagen, mit dem er durch das ganze Land Ägypten durchfahren wird. Sichtbar wird seine Autorität auch dadurch, dass bei seinen Zügen hinfort Rufer/Künder alles Volk anweisen: „Werft euch nieder!“
V45) Des Weiteren gab der Pharao Josef nun einen [neuen] Namen [auf ägyptisch]:
Zafnat-Pa’ane‘ach – צָפְנַת פַּעְנֵחַ.
Außerdem gab er ihm Asnat – אָסְנַת, die Tochter Potiferas, des Priesters von On, zur Frau.
Danach zog Josef aus durch das [ganze] Land Ägypten.
V46) Josef war dreißig Jahre alt, als er vor dem Pharao, dem König von Ägypten, stand.
Josef ging vom Pharao weg und durchzog das ganze Land Ägypten.
= der ägyptische Name Josefs als ‘Zafnat-Pa’ane’ach‘ mag eine doppelte Bedeutung haben. Zunächst lässt sich aus der koptischen Sprache (Alt-Ägyptisch) ableiten: P-sote-m-ph-eneh, was als „Stützer oder Erhalter des Lebens“ übersetzt werden kann. Hieronymus deutete auf Latein als „salvator mundi“ = „Erretter der Welt“ (diese Deutungen nach Delitzsch Seite 296), so wie die hohe Jesus-Statue in Rio de Janeiro nahe dem Zuckerhut auf dem Cocovado es repräsentiert.
Nach der aramäischen Übersetzung und dem Kommentar der Tora, dem Targum Onkelos, wird dieser Name als „Entzifferer bzw. Offenbarer von Geheimnissen“ übersetzt.
Asnat, die Frau Josefs: ihr Name deutet auf den Namen der ägyptischen Göttin Neith hin. Im alten oder mittleren Ägypten sei dies ein sehr häufiger Name gewesen.
Hier endet unsere heutige Parascha.
Euch allen Chag-ssameach le Chanukka und Schabbat Schalom!
- Parascha ‚beSchalach‘ -בְּשַׁלַּח = „als er ziehen ließ“ - 6. Februar 2025
- Parascha ‚bo‘ = „komm!“ - 29. Januar 2025
- die 10 Plagen oder Schläge (hebr. makot) über Ägypten - 25. Januar 2025