Parascha ‘ki-teze’ – “Wenn du (in den Krieg) ausziehst”
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Parascha ‚ki teze‘ – 5. Mo. 21, 10 – 25, 19;
Liebe Geschwister,
wir haben jetzt eine weitere Tora-Lesung vor uns, die immer noch die zweite sog. Abschiedsrede Mosche umfässt.
Die Parascha beginnt mit den folgenden Worten: 5. Mo. 21, 10a:
„Wenn du gegen deine Feinde in den Krieg ausziehst – כִּי-תֵצֵא ki-teze.“
Die jüdische Tradition identifiziert insgesamt 74 der 613 mizwot (Gebote) allein in dieser Tora-Lesung ‚ki-teze‘. Das sind die meisten Gebote, die in einer Tora-Lesung vorkommen. Dabei handelt es sich um ein breites Spektrum an Regeln, die a) ethische Kriegsführung, b) das Familienleben, c) die Bestattung von Verstorbenen, d) Eigentumsrechte, e) die humane Behandlung von Tieren, f) faire Arbeitspraktiken und g) korrekte wirtschaftliche Transaktionen für die Menschen umfassen, wenn sie im gelobten Land leben.
Es folgt hier eine grobe Übersicht der Themen, wobei wir zwischendurch einzelne Mizwot eingehender betrachten werden.
- 5. Mo. 21, 10 – 14: die Parascha beginnt mit der Darlegung der eschet j‘fat-toar – אֵשֶׁת יְפַת-תֹּאַר = „eine Frau von schöner Gestalt“.
V10b) Dann gibt der Ewige, dein Elohim, (deine Feinde) in deine Hand: nun führst du ihre Gefangenen weg.
V11) [Es mag sein, dass] du unter den Gefangenen eine Frau von schöner Gestalt – אֵשֶׁת יְפַת-תֹּאַר eschet j’fat-to‘ar, erblickst – sie mag dir gefallen, weshalb du [sie] dir zur Frau nehmen möchtest.
V12) [Dann sollst du so verfahren:] Du bringst sie in dein Haus, wo sie ihr Haupt scheren soll [bzw. wo ihr das Haupt geschert werden soll], ebenso werden ihre Fingernägel geschnitten.
V13)Auch soll sie die Kleidung ihrer Gefangenschaft von sich ablegen. [Dort] in deinem Haus soll sie einen ganzen Monat lang bleiben, damit sie ihren Vater und ihre Mutter beweinen (bzw. betrauern) kann. [Erst] danach magst du zu ihr eingehen und sie heiraten, so daß sie deine Frau wird.
V14) Weiter soll [die Regelung] sein: Wenn du [später] kein Gefallen [mehr] an ihr findest, so lass sie (in Freiheit] ziehen gemäß ihres [eigenen] Wunsches. Doch sollst du sie nicht um Geld verkaufen – du sollst sie nicht wie eine Sklavin behandeln, weil du sie geschwächt hast.
= Die Tora zeigt in diesem Gebot die Barmherzigkeit und volle Gerechtigkeit Elohims, eben dadurch, dass die ausländische Frau als Kriegsbeute trotzdem mit Würde zu behandeln ist. Zunächst musste der israelitische Mann dieser Frau die Zeit ihrer Trauer gewähren. Wie revolutionär! Auch das Gebot, dass wenn der israelitische Mann sich von ihr wieder scheiden will, gebietet die volle Fairness, sie nämlich dann mit Würde zu behandeln: er musste sie in die Freiheit entlassen! Für die damalige Zeit war das ein revolutionäres humanes Gebot!
5. Mose 21:15-21:
- der aufsässige Sohn – בֵּן סוֹרֵר וּמוֹרֶה ben ssorer u’more:dieGesetzgebung über den rebellischen und ungehorsamen Sohn, der von seinen Eltern bestraft werden soll.
5. Mose 21, 22-23:
- Aufhängung an einem Baum – תְּלוּיָה עַל עֵץ tluja al etz:Vorschriften zur Bestrafung eines Verbrechers durch Aufhängung; dazu die Pflicht, den Leichnam am selben Tag zu begraben
5. Mose 22, 1-12:
- das verlorene Gut – אֲבֵדָה aveda:dasGebot, gefundene Gegenstände an ihren Besitzer zurückzugeben
- Mischgewebe – שַׁעַטְנֵז scha’atnas:diesesGebot verbietet den Priestern Kleidung aus einer Mischung von Wolle und Leinen zu tragen
5. Mose 22, 13-30:
- Verleumdung der Ehefrau – מֵחַרְתָּ mecharta: die Vorschriften für den Fall, dass ein Mann seine Frau fälschlich der Untreue beschuldigt.
- Unzucht – זְנוּת snut: Bestrafung von sexuellen Vergehen wie Ehebruch und Vergewaltigung.
5. Mose 23, 1-9:
- Versammlung Adonajs – קְהַל ה’ jikhal-Adonaj: Bestimmungen, wer in die Gemeinschaft Israels eintreten darf und wer ausgeschlossen ist (z.B. Ammoniter, Moabiter)
5. Mose 23, 10-26:
- Unreinheit – טוּמְאָה tum’a: Gebote zur Reinhaltung des Lagers und zur Vermeidung von Unreinheit
Kp. 23, 10-15:
V10) Wenn du gegen deine Feinde ins Kriegslager ausziehst, dann sollst du dich vor jeder schlechten/bösen Angelegenheit – מִכֹּל דָּבָר רָע mi kol davar-ra’a hüten:
= Was mit jeder schlechten oder bösen Angelegenheit gemeint ist, das wird in den V11 – 14 dann erklärt: Es sind die Unreinheiten und Unreinlichkeiten des Leibes.
V11) [Z. B.] wenn ein Mann unter dir ist, der durch einen „Zufall der Nacht“ – מִקְּרֵה-לָיְלָה mikre-haLajla nicht rein ist, so soll er außerhalb vor das Lager hinausgehen. Er darf nicht ins Lager hineinkommen.
V12) Das [ist die Bestimmung:] Bei Abendanbruch soll er sich im Wasser baden, damit er beim Sonnenuntergang [wieder] ins Lager zurückkommen darf. – vgl. Lev. 15, 16f;
= hier geht es um die Heiligkeit des göttlichen Heereslagers. Gemeint ist der Samenerguß, der Unreinheit schafft. Auf dem Zuge durch die Wüste sollten nur die mit einer länger andauernden Unreinheit Behafteten aus dem Lager entfernt werden (4. Mo. 5, 2); im Kriegslager hingegen soll diese Vorschrift auch für die leichtere Verunreinigungen gelten.
V13) Du sollst einen Platz außerhalb des Lagers haben, wohin [für deine Notdurft] hinausgehen musst.
V14) Weiter sollst du ein Schaufelgerät bei deinem Gerät haben. Dann es soll geschehen, wenn du dich draußen hinsetzt, so sollst du [ein Loch, eine Grube] damit graben und deine Ausscheidung wieder zudecken.
V15) Denn der Ewige, dein Elohim, wandelt – מִתְהַלֵּךְ mitten in deinem Lager umher, weil er dich erretten und deine Feinde vor dir preisgeben will. Deswegen muss dein Lager heilig sein
bzw. gehalten werden: er darf keine Blöße (anstößige Sache) – עֶרְוַת דָּבָר erwat-davar bei dir sehen/finden, sonst wird er sich von dir abwenden.
= V13f) Auch durfte das Kriegslager nicht mit dem Schmutz der Exkremente verunreinigt werden. Außerhalb des Lagers muss deswegen ein an der Seite gelegener Ort für die Verrichtung der Notdurft gefunden werden. Eine Art Spaten soll er bei sich haben, um eine Grube in den Erdboden zu graben.
Die Schamwürdigkeit ist nicht der Unrat an sich, sondern die Ehrfurchtslosigkeit, die das Volk durch nicht Beseitigung desselben bekunden würde, was den Ewigen aus dem Lager Israels vertreiben würde.
- Gelübde – נֶדֶר neder:Vorschriften über das Einhalten von Gelübden und Schwüren
5. Mose 24, 1-22:
- Gerechtigkeit – צְדָקָה zdaka:Gebote zum Schutz von Schwachen, wie Waisen, Witwen und Fremden, sowie über faire Löhne und Erntepflichten
5. Mose 25, 1-19:
- Schwagerheirat – יַבָּמָה jebama:Vorschriften zur Schwagerehe (Levirat), wenn ein Mann kinderlos stirbt
- Auslöschung Amaleks – מַחִיַּת עֲמָלֵק: mechijat-Amalek:dasGebot, das Gedächtnis von Amalek auszulöschen, weil er Israel hinterhältig auf seiner Wanderung angegriffen hat
= Bei dieser Auflistung handelt es sich nur einige der Gebote, die in dieser Tora-Lesung vorkommen. Es sind alles soziale Gebote, um die Gerechtigkeit im heiligen Volk Gottes zu regeln.
Wir können immer wieder feststellen, dass es ganz besonders um zwei Dinge in allen Geboten geht, die oft nur herausgezogene Beispiele darstellen: es geht zum einen um die gelebte Gerechtigkeit im sozialen Miteinander und zum anderen um die Heiligkeit des ganzen Volkes und der ganzen Gemeinde, damit der Herr unter seinem Volk wohnen und verweilen kann.
Mögen uns diese beiden Aspekte immer wieder neu in unserem Glaubensleben beflügeln!
Euch allen ein Schabbat Schalom!
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