#42 – Ekew – Sobald
5.Mose 7,12-11,25; Jesaja 49,14-51,3
Hat das Volk der Israeliten die Landeinnahme verdient?
Eine spannende Frage. Steht dem Volk das Land einfach nur deswegen zu, weil YHWH mit Abraham ein Bündnis geschlossen hatte? Und zu dem Bündnis gehörte das Land: „Denn all das Land, das du siehst, will ich dir und deinen Nachkommen geben für alle Zeit.“ (1. Mose 13,15).
Nein! Sie mussten selbst etwas dazu tun: „Und wenn ihr diese Rechte hört und sie haltet und danach tut, so wird YHWH, dein Elohim, auch halten den Bund und die Barmherzigkeit, wie er deinen Vätern geschworen hat“ (5. Mose 7,12).Die Antwort erscheint einfach. Das Volk schien das Land, was ihren Vorfahren versprochen wurde, verdient zu haben, weil sie die Unterweisungen YHWHs befolgt hatten.
Als nun das Volk endlich dabei ist, das Land einzunehmen, warnt Mose sie aber dreimal:
„Wenn nun YHWH, dein Elohim, sie (die Feinde) ausgestoßen hat vor dir her, so sprich nicht in deinem Herzen: YHWH hat mich hereingeführt, dies Land einzunehmen, um meiner Gerechtigkeit willen -, da doch YHWH diese Völker vertreibt vor dir her um ihres gottlosen Treibens willen.
Denn du kommst nicht herein, ihr Land einzunehmen, um deiner Gerechtigkeit und deines aufrichtigen Herzens willen, sondern YHWH, dein Elohim, vertreibt diese Völker um ihres gottlosen Treibens willen, damit er das Wort halte, das er geschworen hat deinen Vätern Abraham, Isaak und Jakob.
So wisse nun, dass YHWH, dein Elohim, dir nicht um deine Gerechtigkeit willen dies gute Land zum Besitz gibt, da du doch ein halsstarriges Volk bist“ (5. Mose 9,4 -6)
Dreimal sagt YHWH Seinem Volk, dass sie es nicht verdient haben, das Land einzunehmen. „So seid ihr YHWH ungehorsam gewesen, solange ich euch gekannt habe“ (5. Mose 9,24).
Widersprüchliche Aussagen! Haben wir nicht gerade gelesen, dass das Volk nur das Land bekommt, weil es dies verdient hat, weil sie Seine Rechte gehört und gehalten haben? Seltsam! Nun scheint YHWH zu sagen, dass der Bund gehalten wird, unabhängig davon, ob sie es verdienen oder nicht. Bekommen sie nun das Land, weil sie es verdienen oder obwohl sie es nicht verdienen? Hier kommt ganz plötzlich noch ein anderer Gesichtspunkt neben Verdienst oder Nichtverdienst hinein: weil die anderen Völker gottlos sind: „YHWH vertreibt diese Völker vor dir her um ihres gottlosen Treibens willen. (5. Mose 9,4 u. 5)
Erneut erhebt sich die Frage, warum bekommt nun das Volk das Land? Aufgrund ihres Verdienstes oder aufgrund des Bündnisses oder weil die Völker um sie herum so gottlos sind?
Um diese Frage beantworten zu können, schauen wir uns jetzt nochmals das Bündnis an, dass YHWH mit Abraham geschlossen hatte.
Der Fokus liegt letztendlich auf Abraham, dem YHWH versprochen hatte, ihm und seinen Nachkommen das Land zu geben.
Warum erwählte YHWH Abraham oder überhaupt einen Menschen? Der historische Kontext des Bündnisses mit Abraham war, dass folgende Ereignisse vorausgingen: Die Sünde von Adam und Eva, Kain tötete seinen Bruder Abel, die Zerstörung der Menschheit durch die Wasserfluten und die Arche Noahs, der Bau des Turms von Babylon. Alle Geschichten gingen um den Fall der Menschen und genau hier kommt Abraham ins Spiel. Und bei der Erwählung Abrahams ging es nicht nur um Abraham allein, sondern um die gesamte Menschheit: „Und ich will dich zum großen Volk machen und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.“ (1. Mose 12,2 u. 3)
Nachdem die Menschheit gefallen war, brauchte YHWH irgendjemand, um den Verlauf der Menschheitsgeschichte zu ändern. „Da sprach YHWH: Wie könnte ich Abraham verbergen, was ich tun will, da er doch ein großes und mächtiges Volk werden soll und alle Völker auf Erden in ihm gesegnet werden sollen?“ (1. Mose 18,17 u. 18). Hier wird die Mission von Abraham klar: „Denn dazu habe ich ihn auserkoren, dass er seinen Kindern befehle und seinem Hause nach ihm, dass sie YHWHs Wege halten und tun, was recht und gut ist…“ (1. Mose 18,19). Abraham sollte eine Nation werden, die YHWHs Wege halten, das war seine Mission!
Nach seiner Beschneidung verspricht YHWH Abraham, ihn fruchtbar zu machen, mit ihm einen Bund aufzurichten und ihm und seinem Geschlecht das Land zu geben“ (1. Mose 17,6 – 8). Der Bund bedeutet: Kinder und Land! Wenn Abraham das tut, was YHWH von ihm will, bekommt er eine Belohnung: Kinder und Land. Haben diese beiden Dinge etwas miteinander zu tun? Aus Abraham soll eine Modell-Nation werden, aber dazu braucht er sozusagen Werkzeuge, um dies zu erreichen. Um eine Nation zu werden, braucht er Kinder und natürlich ein Land. Kinder und Land sind Werkzeuge für Abraham, um seine Mission erfüllen zu können!
Und ehe YHWH diese Werkzeuge in Abrahams Hände legte, teste er ihn, um zu sehen, ob er völlig Ihm hingegeben war. Als Abraham bereit war, Isaak zu opfern, sagte YHWH zu ihm: „und durch dein Geschlecht sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden, weil (ekev) du meiner Stimme gehorcht hast.“ (1. Mose 22,19).
Unsere Paraschat ekev beginnt genau mit diesem Wort: Ekev sh’ma mishpat (wenn ihr die Rechte hört).
In der gesamten Torah wird das Wort ekev nur diese beiden Male gebraucht im Kontext von YHWHs Stimme hören. Beim ersten Mal wird ekev gebraucht, als Abraham das erste Werkzeug, nämlich Kinder, bekommt und jetzt wird es zum zweiten Mal gebraucht, wenn YHWH dabei ist, den Kindern Abrahams das zweite Werkzeug, nämlich das Land, zu geben.
Und jetzt bekommen wir ein völlig neues Verständnis unserer Wochenlesung. Warum bekommen die Kinder Abrahams das Land? Das Land ist nicht ein Verdienst für sie, sondern ein Werkzeug, seine Mission durchzuführen. Aber ich kann euch das Land nicht geben, wenn ihr nicht hingegeben seid, meine Mission durchzuführen. Deswegen hat Mose dreimal zu ihnen gesagt, dass es nicht ihr Verdienst sei, dass sie das Land bekommen.
Und jetzt verstehen wir auch die Zusammenhänge. Das Volk hat das Land bekommen, weil es um sie herum gottlose Völker gibt, damit sie durch ihren Auftrag einen positiven Einfluss nehmen können? Das ist das Bündnis: Wenn du ins verheißene Land kommst, vergisss nie deinen Auftrag, deine Mission!
Renate Mourick
7. August 2015 @ 13:34
Ganz ausgezeichnet
Emuna
7. August 2015 @ 19:05
Danke, ein herzliches Schabbat Schalom
Silvia
8. August 2015 @ 8:28
Nehedar!
Emuna
9. August 2015 @ 9:05
Toda raba, liebe Silvia!