#18 Mischpatim – „Rechtsordnungen“
Mischpatim
2. Mose 21,1-24,18
2. Könige 12,1-17; Matthäus 17,22-27
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Fremdling und einem Sklaven? Die Frage ist berechtigt, denn es heißt in der Lesung Mischaptim:
Den Fremdling sollst du nicht bedrängen noch bedrücken; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen im Land Ägypten. (2. Mose 22,20)
Waren wir nun Fremdlinge oder Sklaven in Ägypten? Oder gibt es da gar keinen Unterschied?
Was sind Fremdlinge?
Das hebräische Wort für Fremdlinge im obigen Vers lautet גֵּר (ger). Die zugrundeliegende Wurzel bedeutet so viel wie in einem Land umherziehen oder sich dort aufhalten. Ein Fremdling ist ein Mensch, der in dem Land, in dem er sich gerade aufhält, keine Heimat hat.
Er hat dort weder Erbbesitz noch hat er die Rechte eines Eingeborenen. Heute würden wir das Wort Fremdling vielleicht mit dem Begriff Tourist wiedergeben.
Die Torah sagt uns zwar, dass dasselbe Recht zwischen dem Fremdling und dem Einheimischen gelten soll (vgl. 3. Mose 24,22). Dennoch gibt es bestimmte Rechtsbereiche, die für Fremdlinge ausgeschlossen sind.
Für Fremdlinge im alten Israel hieß das:
- Ein Fremdling würde nie König werden, da dieser unter den Brüdern erwählt werden sollte (Vgl. 5. Mose 17,15).
- Ein Fremdling konnte niemals Priester werden, da die Priester aus dem Stamm Levi und der Linie Aarons kommen mussten.
- Ein Fremdling konnte auch keine Regierungsverantwortung übernehmen oder im Ältestenrat sitzen, denn die Ältesten und Fürsten sollten aus den Stämmen erwählt werden (Vgl. 5. Mose 1,13).
- Ein Fremdling würde nie dauerhaften Besitz in Israel erlangen, da die Grundstücke spätestens nach 50 Jahren an ihre ursprünglichen Besitzer aus den Stämmen zurückgingen.
Folglich genießt der Fremdging zwar den Schutz der Gesetze eines Landes, aber er hat selbst keine Gestaltungsmöglichkeiten. Er wird sich immer mit den Entscheidungen anderer abfinden müssen.
Außerdem ist er im Land auch nicht Zuhause. Auch wenn er sich in der Fremde wohlfühlen mag, so ist er dort nicht daheim.
Was sind Sklaven?
Wie verhält es sich nun bei einem Sklaven? Das hebräische Wort für Sklave עֶבֶד (eved) ist wahrscheinlich besser mit Diener übersetzt.
Ein Diener ist einem Herren und damit seinen Regeln und Gesetzen unterstellt. Dies bedeutet auch, dass er keinen kreativen Spielraum in Bezug auf die Festsetzung der Regeln im Haus seines Herren hat.
Ja nach Einstellung seines Herren kann es dem Diener sehr gut oder sehr schlecht gehen. Doch innerhalb der Torah ist auch der Sklave ein Mensch, auf den das himmlische Recht (die Mischpatim) anwendbar ist. Somit darf auch einem Sklaven nichts gestohlen werden, er darf nicht getötet oder betrogen werden.
Doch wie wird ein Hebräer überhaupt zum Sklaven?
Gottes Wille ist es, dass sein Volk aus freien Menschen besteht, welche durch ein Grundeigentum (Land) weitgehend für sich selbst sorgen können. Jedoch kann es vorkommen, dass einzelne Hebräer verarmen. Gott sagte sogar voraus, dass dies in seinem Volk vorkommen würde.
Denn der Arme wird nicht aus dem Land verschwinden; darum gebiete ich dir: Tue deine Hand weit auf für deinen Bruder, für den Elenden und den Armen bei dir in deinem Land! (5. Mose 15,11)
Wenn ein Hebräer so stark verarmt, dass er sich selbst nicht mehr versorgen kann, dann bleibt ihm nur noch die Möglichkeit, sich als Sklave zu verkaufen.
Insofern ist seine Situation, dem eines Fremdlings sehr ähnlich.
Sklave und Fremdling sind sich sehr ähnlich
Wenn wir nun die Eckdaten eines Sklaven mit denen eines Fremdlings vergleichen, dann stellen wir fest, dass die Eigenschaften beider sehr ähnlich sind.
Beide haben keinen Grundbesitz im Land. Beide können keine Regierungsverantwortung übernehmen und sind Herren unterstellt. Beide haben ihre Heimat oder ihren Familienbesitz zumindest temporär verloren oder verlassen.
Doch für beide gibt es einen klaren Ausweg in die Freiheit. Dem Sklaven soll die Freiheit nach Verlauf von sechs Jahren wiedergegebene werden. Der Fremdling wird zum freien Hebräer, wenn er sich einem Stamm in Israel anschließt.
Ist es dann ein Unterschied, ob wir als Fremdlinge oder Sklaven in Ägypten bezeichnet werden? In jedem Fall waren wir Mittellose und Fremde im ägyptischen System. Und in jedem Fall ist der einzige Weg zu echter Freiheit ausschließlich in Jeschua zu finden. Das bedeutet auch, dass wir ein Teil Israels werden müssen, um tatsächlich frei zu sein.
Möge der Allmächtige uns unseren Platz in seinem Volk immer deutlicher offenbaren!
Bildquelle: Pixabay.com
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