#17 Jethro – „Jethro“
Jethro
2. Mose 18,1-20,23
Jesaja 6,1-7,6; 9,5-6; Matthäus 19,16-26
Jethro, der Schwiegervater von Mose, ist eine durchaus mysteriöse Figur innerhalb der biblischen Überlieferung. Er ist aber auch der namengebende Protagonist für unsere Lesung in dieser Woche. Deshalb wollen wir an dieser Stelle einen Blick auf ihn und sein Verhältnis zu YHWH werfen.
Jethro der Priester
Als wir Jethro kennenlernen, wird er uns als Priester von Midian vorgestellt.
Aber der Priester in Midian hatte sieben Töchter; die kamen, um Wasser zu schöpfen, und füllten die Tränkrinnen, um die Schafe ihres Vaters zu tränken. (2. Mose 2,16)
Im obigen Vers erfahren wir auch, dass Jethro sieben Töchter und offensichtlich eine große Schafherde hatte, um die sich die Frauen kümmerten. Diese Töchter wurden von fremden Hirten angegriffen und verjagt, bevor Mose sie rettete.
Allein diese Geschichte lässt einige Fragen aufkommen: Warum wurden die Töchter mit Jethros Schafen verjagt? Welchen Grund gab es für die Feindseligkeit?
In der jüdischen Überlieferung gibt es dazu den Gedanken, dass Jethro sich bereits von der Anbetung der midianitischen Götzen abgewandt hatte. Demnach war er, der einst angesehene Priester, nun ein Ausgestoßener aus seinem Volk. So wie Mose nicht mehr nach Ägypten zurückkehren konnte, so war auch Jethro von seiner midiantischen Heimat getrennt.
Dabei scheint es aber so, dass er als Priester durchaus auf der Suche nach dem wahren Schöpfer von Himmel und Erde war. Auffällig an den Textstellen ist, dass er geradezu von göttlichen Symbolen umgeben wird. Die Torah versucht hier deutlich die besondere Rolle des midianitischen Priesters herauszustellen, in dem sie hervorhebt, dass Jethro
- Priester war,
- sieben Töchter hatte,
- ähnlich wie David eine Schafherde besaß und
- sein Vater den Namen Reguel trug, was mit „Freund Gottes“ übersetzt werden kann.
Es ist also nicht auszuschließen und sogar wahrscheinlich, dass Jethro bereits ein Priester Gottes war, als Mose ihn kennenlernte. In jedem Fall würde er es aber noch werden.
Der Besuch Jethros bei den Hebräern
Nachdem Israel aus Ägypten ausgezogen und der Pharao mitsamt seiner Armee im Schilfmeer ertrunken war, machte sich Jethro gemeinsam mit seiner Tochter Zippora auf, um nach seinem Schwiegersohn zu sehen. Sicher gab es einiges zu besprechen, hatte sich Mose doch im Streit von Zippora getrennt (Vgl. 2. Mose 4,24-26).
Doch obwohl wir eine Auseinandersetzung oder gar einen Streit bezüglich Zippora zwischen den beiden Männern erwarten könnten, lesen wir von einem anderen Gesprächsinhalt:
Da erzählte Mose seinem Schwiegervater alles, was YHWH dem Pharao und den Ägyptern um Israels willen getan hatte, und alle Mühsal, die ihnen auf dem Weg begegnet war, und wie YHWH sie errettet hatte. (2. Mose 18,8)
Die Reaktion von Jethro war diese:
Jethro aber freute sich über alles Gute, das YHWH an Israel getan hatte, und dass er sie errettet hatte aus der Hand der Ägypter. Und Jethro sprach: Gelobt sei YHWH, der euch errettet hat aus der Hand der Ägypter und aus der Hand des Pharao, ja, der sein Volk aus der Gewalt der Ägypter errettet hat! Nun weiß ich, dass YHWH größer ist als alle Götter; denn in der Sache, worin sie in Vermessenheit handelten, ist er über sie gekommen! (2. Mose 18,9-11)
Es scheint, als hätte Jethro in diesem Gespräch mit Mose den letzten Puzzle-Stein bekommen, den er noch benötigte, um YHWH gänzlich die Ehre geben zu können. Folglich brachte er auch direkt Brandopfer für den Allmächtigen dar und nahm an einem Bündnismahl mit den Ältesten der Kinder Israels teil (Vgl. 2. Mose 18,12).
Spätestens zu diesem Zeitpunkt können wir davon ausgehen, dass Jethro in ein Bündnis mit Gott eingetreten war.
Der Verbleib des Priesters aus Midian
Interessant ist jedoch, zu sehen, wie es für den Vater von Zippora weiterging. Ein naheliegender Schluss wäre, dass er sich dem Volk Israel einfach anschließen würde. Doch das passierte nicht, sondern:
Darauf ließ Mose seinen Schwiegervater ziehen, und er kehrte in sein Land zurück. (2. Mose 18,27)
Warum verließ Jethro das Volk Israel wieder, statt zu bleiben?
Ein möglicher Gedanke ist, dass er zurück zu seiner Familie, seinen Söhnen und Töchtern, ging, um auch ihnen von der Herrlichkeit Gottes zu erzählen. Das hat er wohl auch recht erfolgreich getan, denn seine Söhne zogen später mit den Söhnen Judas nach Kanaan (Vgl. Richter 1,16).
Weiterhin erfahren wir, dass der Kontakt zwischen Israel und Jethro – oder Hobab, wie er auch genannt wurde (Vgl. Richter 4,11) – zumindest so lang erhalten blieb, wie die Hebräer am Sinai lagerten. Als sich die Wolke aber letztlich erhob und Mose seinen Schwiegervater bat, mit ihm zu kommen, lehnte dieser ab.
Der aber antwortete ihm: Ich will nicht mit euch gehen, sondern in mein Land und zu meiner Verwandtschaft will ich ziehen! (4. Mose 10,30)
Auch hier ließe sich die Frage stellen, warum Jethro auch die zweite Einladung, mit Israel zu ziehen, ausschlug. Doch auch dieses Mal bietet sich erneut die Antwort an. Womöglich wollte er einfach zu seinem Erbbesitz und seiner Familie, um ihnen als Botschafter der Wahrheit zu dienen. Den entsprechenden Erfolg haben wir bereits gesehen.
Fazit
Welches Fazit zu ziehen wir nun aus der Betrachtung? Grundsätzlich sollte uns aus der Geschichte um Jethro klar werden, dass wir den geistlichen Zustand eines Menschen nicht anhand äußerlicher Dinge beurteilen können. Wir können in vielen Fällen nicht klar einschätzen, wie die Beziehung einer Einzelperson zu Jeschua ist.
Manchmal treffen Menschen Entscheidungen, die wir kaum nachvollziehen können und die unserem Glaubenskonzept widersprechen. Doch könnte es sein, dass wir uns irren, wenn wir anderen den Glauben absprechen würden?
An der Geschichte Jethros können wir lernen, dass der erste Eindruck kaum das vollständige Bild liefern kann. Nur weil Jethro das Volk Israel verließ, heißt das nicht, dass er YHWH verworfen hätte.
Oft erhalten wir das vollständige Bild von einem Menschen gar nicht. Doch bevor wir uns ein Urteil bilden, sollten wir alle Optionen in Erwägung ziehen. Und im Zweifel, sollten wir eine wohlmeinende Alternative bevorzugen – zumindest, bis sich das Gegenteil klar abzeichnet.
Möge Jeschua uns diese Fähigkeit schenken!
Bildquelle: Sweet Publishing / FreeBibleimages.org
- #23 Wajikra – „Und er rief“ - 19. März 2023
- Jerusalem und ihr Weg zur Braut – Teil 1 - 15. März 2023
- #22 Wajak’hel/Pekudei – „Und er versammelte/Zählung“ - 12. März 2023