#18 Mischpatim – „Rechtsordnungen“
Mischpatim
2. Mose 21,1-24,18
2. Könige 12,1-17; Matthäus 17,22-27
In der Lesung Mischpatim tritt das Thema der hebräischen Sklaven in den Vordergrund.
In diesem Kommentar wollen wir klären, was sich hinter dem Wort “Sklave” verbirgt und was das hebräische Sklaventum mit uns als Nachfolger Jeschuas zu tun hat.
Unser Verständnis von Sklaven
Mischpatim beginnt direkt mit dem Themenkomplex der hebräischen Sklaven. So heißt es bereits im zweiten Vers:
Wenn du einen hebräischen Sklaven kaufst, soll er sechs Jahre lang dienen, und im siebten soll er unentgeltlich freigelassen werden. (2. Mose 21,2)
Wir haben schon im Kommentar zu Jethro gesehen, dass manche Bibelstellen unvorteilhaft übersetzt sind und deshalb etwas anderes suggerieren können, als im Text eigentlich gemeint ist. Mit dem Begriff des Sklaven in den deutschen Bibeln ist es wohl ähnlich.
Wenn wir in unserer westlichen/römischen Kultur an Sklaven denken, dann denken wir eben genau an römische Sklaven. Die unfreien Menschen damals wurden rechtlich als Sache betrachtet. Das heißt, dass römische Sklaven keinerlei Rechtsfähigkeit besaßen. Sie waren keine Träger von Rechten.
Das ging sogar soweit, dass wenn ein Sklave von einem anderen Menschen als dem Herren getötet wurde, der Delikt sich nur im Bereich der Sachbeschädigung bewegte. Es handelte sich bei der Tötung eines Sklaven im juristischen Sinne weder um Totschlag noch um Mord.
Der hebräische Sklave
Die Lesung Mischpatim klärt uns darüber auf, dass YHWH sich in seinem Reich einen anderen Umgang miteinander wünscht. Wenn also ein Hebräer sein Leben und seine Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit verkaufte, so war er dennoch Träger aller Rechte eines Menschen. Insofern wäre das Wort Sklave wohl besser als Diener oder Knecht übersetzt.
Unter Umständen kommt sogar unsere moderne Vorstellung von Arbeitnehmern der Definition des hebräischen Sklaven recht nahe.
Beispielsweise darf ein Sklave nicht geschlagen und misshandelt werden, denn:
Und wer seinen Sklaven oder seine Sklavin mit einem Stock schlägt, sodass sie ihm unter der Hand sterben, der soll unbedingt bestraft werden; (2. Mose 21,20)
Tatsächlich ist die Strafe für den Totschläger auch klar formuliert:
Wer einen Menschen schlägt, dass er stirbt, der soll unbedingt sterben. (2. Mose 20,12)
Darüber hinaus hatte der Herr einer Magd diese wie seine eigene Frau bzw. Tochter zu behandeln (Vgl. 2. Mose 21,7-11). Er hatte für sie Sorge zu tragen und sie entweder selbst zu heiraten oder einen passenden Mann für sie zu suchen.
Der Weg des Sklaven
Die hebräischen Sklaven waren Menschen, die sich aus der Not heraus einem Herren verschrieben haben, weil sie sich selbst wirtschaftlich nicht mehr halten konnten. Für diese Not konnte es verschiedene Ursachen geben, doch es war nicht Aufgabe des Herren, diese zu beurteilen.
Er sollte den Bruder neben sich nicht verarmen und ihn bei ihm wohnen lassen (Vgl. 3. Mose 25,35).
Nach sechs Jahren stand es dem Sklaven frei, den Herren zu verlassen und sein Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen. Wenn er gehen wollte, war der Weg frei. Die Schulden wurden ihm erlassen und sein Herr sollte ihm noch die Hände füllen, damit er ein Startkapital hatte (Vgl. 5. Mose 15, 1-18).
Wenn aber der Sklave erklärt: Ich liebe meinen Herrn, meine Frau und meine Kinder, ich will nicht freigelassen werden!, so soll ihn sein Herr vor Gott bringen und ihn an die Tür oder den Pfosten stellen, und er soll ihm seine Ohren mit einem Pfriem[1] durchbohren, damit er ihm diene für alle Zeiten. (2. Mose 21,5-6)
Wollte ein Sklave aber bleiben, so lesen wir in Mischpatim, dass ihm ein Pfriem ins Ohr gestochen werden sollte. Dieser Pfriem war das Symbol, dass er sich als Diener seines Herren dessen Willen und seinen Regeln unterordnen würde. Der Sklave legte also sein eigenes Leben freiwillig nieder, um zukünftig im Gehorsam gegenüber seinem Herren und dessen Haus zu leben.
Mischpatim schlägt den Bogen zu Jeschua
Mischpatim stellt uns also zu Beginn das Thema der hebräischen Sklaven vor. Wir erfahren, dass die Sklaven aus Not zu ihren Herren kamen, diese sie aufnahmen und gut behandeln sollten. Die Dienstzeit der Sklaven war grundsätzlich auf 6 Jahre begrenzt, wobei der Sklave diese freiwillig verlängern konnte. Er verpflichette sich damit, sein eigenes Leben aufzugeben und sich komplett in die Hände seines Herren zu begeben.
Zum Ende der Paraschah erfahren wir von einem Engel, dem Israel unbedingt gehrochen sollte.
Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, damit er dich behüte auf dem Weg und dich an den Ort bringe, den ich bereitet habe. Hüte dich vor ihm und gehorche seiner Stimme und sei nicht widerspenstig gegen ihn; denn er wird eure Übertretungen nicht ertragen; denn mein Name ist in ihm. (2. Mose 23,20-21)
Wir können diesen Engel identifizieren. Es muss sich um Jeschua gehandelt haben (Vgl. 1. Korinther 10,1-4). Und im Zuge des Bundeschlusses am Sinai hören wir das Volk Gehorsam geloben:
Darauf nahm er das Buch des Bundes und las es vor den Ohren des Volkes. Und sie sprachen: Alles, was YHWH gesagt hat, das wollen wir tun und darauf hören! (2. Mose 24,7)
Wir sehen also, dass YHWH dem Volk Israel zunächst einmal die Ebene der hebräischen Sklaven mit einem menschlichen Herren erklärte. Doch dies sollte nur dem Vorbild der Beziehung zwischen Gott und Israel dienen.
Erst wenn wir die irdischen Gebote verstehen und erleben, können wir die Beziheung zu unserem Schöpfer in der Tiefe erfassen. Als Knechte des Allmächtigen wissen wir, dass er uns in sein Haus aufnimmt, damit wir wieder auf die Beine kommen und unser Leben seinem Willen gemäß in Eigenverantwortung führen können.
Bildquelle: Pixabay.com
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Lore
27. Januar 2022 @ 14:00
Lieber Naphtali, vielen, herzlichen Dank !! Habe mich so über die “kleine” Dastellung: gesprengte Ketten gefreut und konnte es (da ich viel Druckertinte sparen konnte) auch gleich ausdrucken. Das ist immer sehr gut, da ich es mehrmals lesen und auch in die Gemeinde zur Paraschat-Bearbeitung dann mitnehmen kann. Shalom Lore !!
Naphtali
27. Januar 2022 @ 14:59
Schalom Lore,
es freut mich, wenn ich Dir damit helfen konnte. Ich kann aber für die Zukunft nicht garantieren, dass die Beiträge immer druckerfreundlich und tintensparend ausfallen. Beachte dazu meine Tipps im letzten Kommantar.
Liebe Grüße
Naphtali