#08 Wajischlach – „Und er sandte“
Wajischlach
1. Mose 32,4-36,43
Obadja 1,1-21; Matthäus 2,13-23
Die 20 Jahre, die Jakob bei Laban verbrachte, waren sicher sehr bedrückend für ihn. Die ersten 7 Jahre vergingen für ihn noch wie im Flug, da er Rahel, für die er ja diente, sehr liebte (Vgl. 1. Mose 29,20). Doch die zweiten 7 Jahre waren schon nicht mehr geplant. Und die letzten 6 mussten die Hölle gewesen sein.
Jakob sagte am Ende seiner Dienstzeit zu Laben:
Es ging mir so: Am Tag verschmachtete ich vor Hitze und in der Nacht vor Frost, und der Schlaf floh von meinen Augen. Diese 20 Jahre lang habe ich dir in deinem Haus gedient, 14 Jahre um deine beiden Töchter und sechs Jahre um deine Schafe, und du hast mir meinen Lohn zehnmal verändert! (1. Mose 31,40-41)
Jakob erlebte die Zeit bei Laban also als sehr herausfordernd.
Die Rettung durch die Drangsal
Doch tatsächlich war Labans Haus für Jakob trotz aller Drangsal ein rettendes Versteck. Esau hatte sich geschworen, Jakob zu töten, sobald ihr gemeinsamer Vater Isaak gestorben war.
Und Esau wurde dem Jakob feind wegen des Segens, womit sein Vater ihn gesegnet hatte; und Esau sprach in seinem Herzen: Die Zeit, da man um meinen Vater trauern wird, ist nicht mehr weit; dann will ich meinen Bruder Jakob umbringen! (1. Mose 27,41)
Trotz Jakobs Drangsal, die er bei Laban erlebte, konnte er für seine Zeit dort dankbar sein, denn in der Gegenwart Esaus war er nicht mehr sicher.
Die Begegnung mit Esau
Als Jakob Laban verlassen musste, wusste er, dass er einer Konfrontation mit Esau nicht aus dem Weg gehen konnte. Er wusste auch, dass Esau immer noch sauer sein würde und von seinem Mordplan nicht abgelassen hatte.
Jakob versuchte ihn mit Geschenken zu besänftigen (Vgl. 1. Mose 32,14-22), weil er immer noch Angst hatte, Esau könnte ihm etwas antun. Und er hatte recht, denn Esau reagierte auf die Besänftigungen Jakobs wie folgt:
Und Jakob erhob seine Augen und schaute, und siehe, Esau kam heran und 400 Mann mit ihm. Da verteilte er die Kinder auf Lea und auf Rahel und auf die beiden Mägde. (1. Mose 33,1)
Jakob stand also mit seiner Familie vor Esau mit seinen 400 bewaffneten Männern. Natürlich war Esau auf Rache aus.
Doch wieder griff Gott ein und beschützte Jakob vor seinem feindlich gesinnten Bruder.
Der Mann und der Hüftschaden
In der Nacht vor dem Zusammentreffen mit Esau fand Jakob keine Ruhe. Er spürte seine Angst und sein Unbehagen. Er wusste, dass er der Begegnung Esaus nicht ausweichen konnte, aber er verspürte dafür noch keinen Frieden. Deshalb schickte er seine ganze Familie fort und suchte die Einsamkeit.
Er stand aber noch in derselben Nacht auf und nahm seine beiden Frauen und seine beiden Mägde samt seinen elf Kindern und überschritt mit ihnen die Furt Jabbok; und er nahm sie und führte sie über den Fluss und ließ alles, was er hatte, hinübergehen. (1. Mose 32,23-24)
Jakob blieb allein zurück. Wahrscheinlich suchte er eine Begegnung mit dem Allmächtigen. Und die bekam er auch.
Jakob aber blieb allein zurück. Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte anbrach. (1. Mose 32,25)
In der Folge des Ringkampfes mit dem Engel des Herrn wurde Jakobs Hüfte verrenkt. Doch er ließ nicht ab von ihm, bis dieser ihn gesegnet hatte und der Segen, den Jakob erhielt, bestand in einer Namensänderung (Vgl. 1. Mose 32,26-29).
Die Änderung des Namens hatte auch mit der Änderung der Identität zu tun. Aus Jakob dem Schlitzohr (Vgl. 1. Mose 27,36) wurde Israel der Kämpfer an Gottes Seite. Mit dieser neuen Identität als Gottes Krieger konnte Jakob in die Begegnung mit Esau gehen. Seine hinkende Hüfte machte ihm dabei gar nichts mehr aus.
Tatsächlich könnte es sogar sein, dass genau diese geschlagene Hüfte Jakobs Rettung vor dem Tod durch Esau war, denn welches Bild hätte Esau vor seinen 400 Männern abgegeben, wenn er seinen alten behinderten Bruder mit samt seiner Familie einfach abgeschlachtet hätte? Wie viel Ehre hätte es ihm eingebracht?
Es geht um unsere Identität
Ein wichtiger Bestandteil unserer Erlösung besteht darin, dass wir unsere wahre Identität wieder entdecken. Das bedeutet nicht nur, dass wir sie theoretisch erkennen und annehmen, sondern dass unser wahres Ich wieder in unserem Herzen verankert ist.
So sehen wir, dass die falsche Identität Jakobs, das Schlitzohr, immer mehr Schaden nahm und kaum noch zu gebrauchen war. Die Identität als Israel ihm aber die Kraft gab, vor Esau zu treten. Doch der Prozess der Identitätsfindung nahm für Israel viele Jahre in Anspruch.
Wir sind ein Teil von Israel, von Gottes Volk, seinen Kindern und seinen Kriegern. Als solche sind wir freie Menschen, die ihr Leben nach dem Gesetz der Freiheit, der Torah, ausrichten wollen. Und um diese Freiheit in unserem Leben zu erfahren, kämpfen wir den Kampf des Glaubens, indem wir unsere Identität in Israel wiederfinden.
Wir lernen, was es bedeutet, ein Teil von Gottes Volk zu sein, indem wir YHWH und seinen Plan in all unseren Lebenssituationen suchen. Egal wie beschwerlich sich unser Weg gerade anfühlen mag, YHWH hat einen Plan damit. Vielleicht ist die Beschwerlichkeit auch gerade darin begründet, dass wir unsere falsche Identität als Jakob ablegen sollen. Wenn wir uns in Gottes Plan einfügen, wird Er unser Herz formen und die Torah in uns lebendig werden, sodass wir in der Identität Israels die Begegnung mit Esau nicht mehr fürchten müssen!
Bildquelle: Sweet Publishing / FreeBibleimages.org (CC BY-SA 3.0)
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