#48 Wezot ha’Bracha – „Und dies ist der Segen“
#48 Wezot ha’Bracha – „Und dies ist der Segen“
5. Mose 33,1-34,12
Josua 1,1-18; Lukas 24,44-53
In der letzten Lesung des jährlichen Torahzyklusses begegnen wir Mose in den letzten Momenten seines Lebens. Wie der Vater Jakob einst seine Söhne (Vgl. 1. Mose 49), so segnete auch Mose die Stämme Israels, bevor er zu seinen Vätern versammelt wurde.
Der letzte Segen eines Vaters über seinem Sohn hat einerseits mit der Verteilung des Erbes zu tun. Nun entscheidet sich, wer das Erstgeburtsrecht bekommen wird und wie der Rest des Erbes verteilt werden soll. Andererseits ist dieser Segen auch eine prophetische Richtungsweisung für das weitere Leben des Sohnes. Der Vater spricht über seinem Sohn aus, wie er sein Leben verlaufen sieht. Damit stellt der Vater prophetisch Weichen für das weitere Leben seines Sohnes. Abhängig davon, wie sich der Sohn zu dieser Prophetie positioniert, kann diese ihm zum Fluch oder zum Segen werden.
Jakob segnete seinerzeit zwölf Söhne. Mose jedoch segnete elf Stämme. Der komplette Stamm Simeon fehlt in Moses Segen. Doch warum? Hat Mose ihn vergessen? Oder hat er sich bewusst eines Segens enthalten?
Vielleicht können wir diese Fragen nicht abschließend beantworten, aber wir wollen uns einmal auf eine Spurensuche begeben und die Geschichte des Stammes Simeon etwas genauer untersuchen. Eventuell finden wir darin Indizien, warum Mose Simeon eben nicht segnete.
Simeon war der zweite Sohn Jakobs, den er mit der Leah gezeugt hat (Vgl. 1. Mose 29,33). Simeon war einer der Söhne – neben Levi – der maßgeblich an dem Rachefeldzug gegen die Stadt Sichem nach der Vergewaltigung seiner Schwester Dina beteiligt war (Vgl. 1. Mose 34). Dieser Rachefeldzug missfiel seinem Vater Jakob so sehr, dass er, nachdem er bereits Ruben übergangen hatte, auch Simeon nicht das Erstgeburtsrecht übertragen wollte.
Simeon und Levi sind Brüder, Waffen der Gewalt sind ihre Schwerter! Meine Seele komme nicht in ihren geheimen Rat, und meine Ehre vereine sich nicht mit ihrer Versammlung! Denn sie haben Männer gemordet in ihrem Zorn und Stiere verstümmelt in ihrer Willkür. Verflucht sei ihr Zorn, weil er so heftig, und ihr Grimm, weil er so hart ist! Ich will sie verteilen unter Jakob und zerstreuen unter Israel. (1. Mose 49,5-7)
Jakob sah in Simeon – und in Levi – ein ungestümes Temperament, welches ihm so unberechenbar schien, dass er ihm kein Erbteil zudachte. Simeon sollte wie Levi zerstreut werden unter Israel und kein eigenes Erbteil haben. Ihm wurde zwar ein Erbteil in Mitten seines Bruders Juda zugedacht (Vgl. Josua 19,1-9), doch scheint es so, als hätte sich ein großer Teil des Stammes Simeon nach der Reichsteilung dem Nordreich unter Jerobeam angeschlossen, denn es heißt:
Und Rehabeam regierte nur über die Kinder Israels, die in den Städten Judas wohnten…und niemand folgte dem Haus Davids als allein der Stamm Juda (1. Könige 12,17.20b)
Somit verließ Simeon sein Erbe.
Doch zurück zu Jakob: Jakob starb in Ägypten, wo er mit seiner ganzen Familie hinzog, um durch Joseph von einer siebenjährigen Hungersnot gerettet zu werden. Simeon war zu diesem Zeitpunkt selbst schon Familienvater und nahm all seine Söhne mit nach Ägypten:
Dies aber sind die Namen der Söhne Israels, die nach Ägypten kamen, Jakob und seine Söhne: der erstgeborene Sohn Jakobs: Ruben…Die Söhne Simeons: Jemuel, Jamin, Ohad, Jachin, Zohar, und Saul, der Sohn von der kanaanäischen Frau. (1. Mose 46,8.10)
Simeon kommt also mit insgesamt sechs Söhnen nach Ägypten. Ganz nebenbei erfahren wir, dass er sich mit einer kanaanäischen Frau einließ. Eine Frau aus einem Volk, mit dem er sich ausdrücklich nicht einlassen sollte (Vgl. 2. Mose 23,32) und mit dem seine Großmutter Rebekka schon einige Mühen hatte (Vgl. 1. Mose 27,46). Auch dies lässt Simeon nicht im besten Licht erscheinen.
Doch schauen wir uns die Entwicklung des Stammes Simeon noch etwas genauer an. Vielleicht haben ja die Nachkommen Simeons aus den Fehlern ihres Vaters gelernt.
Ein prominenter Vertreter des Hauses Simeon war Simri, Sohn des Salus. Über ihn lesen wir Folgendes:
Und Israel ließ sich in Sittim nieder; und das Volk fing an, Unzucht zu treiben mit den Töchtern der Moabiter, und diese luden das Volk zu den Opfern ihrer Götter ein. Und das Volk aß [mit ihnen] und betete ihre Götter an. Und siehe, ein Mann aus den Kindern Israels kam und brachte eine Midianiterin zu seinen Brüdern, vor den Augen Moses und vor den Augen der ganzen Gemeinde der Kinder Israels, während sie weinten vor dem Eingang der Stiftshütte. Als Pinehas, der Sohn Eleasars, des Sohnes Aarons, des Priesters, dies sah, stand er aus der Mitte der Gemeinde auf und nahm einen Speer in seine Hand; und er ging dem israelitischen Mann nach, hinein in das Innere des Zeltes, und durchbohrte sie beide durch den Unterleib, den israelitischen Mann und die Frau. Da wurde die Plage von den Kindern Israels abgewehrt. Der Name des getöteten israelitischen Mannes aber, der samt der Midianiterin erschlagen wurde, war Simri – ein Sohn Salus, ein Fürst des Vaterhauses der Simeoniter. (4. Mose 25,1-2.6-7.14)
Wir sehen Simri eher als Nachahmer der Sünde seines Stammvaters denn als umkehrenden Sohn. Simri war dabei ein Fürst über den Stamm Simeon. Er sollte ein Vorbild für seinen Stamm sein und versagte in dieser Aufgabe.
Es ist außerdem auffällig, dass der Stamm Simeon enorme Verluste innerhalb der 40 Jahre der Wüstenwanderung hinnehmen musste. Von allen Stämmen hatte Simeon den größten Verlust.
Nach der ersten Musterung des Volkes heißt es:
…die Gemusterten vom Stamm Simeon waren 59300 (4. Mose 1,23)
Nach der letzten Musterung im 40. Jahr heißt es:
Die Söhne Simeons nach ihren Geschlechtern waren: Nemuel, von ihm kommt das Geschlecht der Nemueliter; Jamin, von ihm kommt das Geschlecht der Jaminiter; Jachin, von ihm kommt das Geschlecht der Jachiniter; Serach, von ihm kommt das Geschlecht der Serachiter; Saul, von ihm kommt das Geschlecht der Sauliter. Das sind die Geschlechter der Simeoniter, 22200. (4. Mose 26,12-14)
Simeon hat nicht nur einen Verlust von 37100 wehrhaften Männern, sondern verliert sogar eine ganze Sippe. Aus den einst sechs Söhnen mit denen Simeon nach Ägypten gekommen ist, sind nun fünf Geschlechter geworden. Ist der verlorene Sohn in Ägypten oder in der Wüste geblieben?
Könnte es sein, dass Mose für Simeon, in Betracht all dieser Entwicklungen im Stamm, einfach keinen Segen hatte? Könnte es sein, dass Mose sich dafür entschied, lieber nichts über Simeon auszusprechen, weil er ihm einen weiteren Fluch ersparen wollte?
Diese Fragen bleiben uns letztlich unbeantwortet. Doch können wir eines vom Stamm Simeon lernen: Egal wie groß unsere oder die Sünden unserer Väter sind. Egal wie zornig unser (himmlischer) Vater auf uns oder unsere Väter ist. Er hat einen Weg für uns geschaffen, durch welchen Versöhnung möglich ist.
Gottes Sohn Jeschua vergoss Sein Blut für uns, um unsere Sünden legal vertilgen zu können. Durch das Bekenntnis unserer und der Sünden unserer Väter und der Umkehr zum Gehorsam gegenüber den Anweisungen Gottes durch den Heiligen Geist, haben wir erneut Zugang zu dem Erbe, welches wir und unsere Väter einst verworfen haben.
Denn Gott sagt:
Dann werden sie ihre Schuld und die Schuld ihrer Väter bekennen samt ihrer Untreue, die sie gegen mich begangen haben, und dass sie sich mir widersetzten, weswegen auch ich mich ihnen widersetzte und sie in das Land ihrer Feinde brachte. Und wenn sich dann ihr unbeschnittenes Herz demütigt, sodass sie dann ihre Schuld annehmen, so will ich an meinen Bund mit Jakob gedenken, und auch an meinen Bund mit Abraham, und ich will an das Land gedenken. (3. Mose 26,40-42)
So wie Simeon sein Erbteil im messianischen Reich zurück erlangen wird (Vgl. Hesekiel 48,24-25), so dürfen auch wir ein Erbe empfangen. Wie Simeon sind auch wir verlorene Söhne und Töchter, über die unser Vater sich freut, wenn wir zu Seinen Unterweisungen umkehren und das empfangen wollen, was Er für uns vorbereitet hat. Uns steht ein gutes Erbe bevor! Lasst uns den alten Menschen ablegen und im erneuerten Gehorsam gegenüber Gottes Wort wandeln!
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