#38 Matot/Massei – „Stämme/Wanderzüge“
Jeremia 2,4-28; 3,4; Matthäus 23,1-25,46
Auf dem Weg ins verheißene Land hatte das Volk Israel einige Kämpfe durchzustehen. Die Einnahme des Landes war sicher kein Kinderspiel. JHWH erwartete von Seinem Volk, dass es das Land, welches ihm versprochen wurde, auch selbst in Besitz nehmen würde (Vgl. 2. Mose 23, 20-24).
Der Feldzug zur Einnahme des Landes begann östlich des Jordans. Hier traf Israel auf die Riesen Sihon, Og und auf den Kanaaniter Arad. Auch die Moabiter und Midianiter stellten sich Gottes Volk in den Weg. Aus all diesen Schlachten ging Israel siegreich hervor. Kein einziger Feind, konnte das Volk Gottes zerstören. Doch die heftigsten Kämpfe erwarteten die Kinder Israels noch. Jericho war verschlossen und verriegelt (Vgl. Josua 6,1), Jerusalem kaum einzunehmen (Vgl. 2. Samuel 5,6-8) und die Bevölkerung des Landes so groß und stark, dass die Israeliten neben ihnen wie Heuschrecken wirkten (Vgl. 4. Mose 13,33).
Wie gut, dass der Osten des Jordans bereits eingenommen war, dachten sich die Stämme Ruben und Gad. Hier wäre genug Platz für ihre Familien und ihr Vieh. Warum weiter kämpfen, wenn wir nicht auch einfach hier beiben könnten?
Da kamen die Söhne Gads und die Söhne Rubens und redeten mit Mose und Eleasar, dem Priester, und mit den Fürsten der Gemeinde und sprachen:…Wenn wir Gnade in deinen Augen gefunden haben, so werde dieses Land deinen Knechten zum Besitz gegeben; führe uns doch nicht über den Jordan! (4. Mose 32,2.5)
Moses Reaktion auf dieses Anliegen war von Unverständnis geprägt, schließlich war doch klar, dass das Land durchs Los ausgeteilt werden sollte und jeder Stamm nach seinen individuellen Bedürfnissen Land bekommen würde ( Vgl. 4. Mose 26,53-56). Niemand würde benachteiligt werden. Doch wenn sich jeder vom Volk absondern und den Kämpfen entziehen würde, wie sollten die letzten und kleinsten Stämme je zu ihrem Erbteil kommen?
Und Mose sprach zu den Söhnen Gads und zu den Söhnen Rubens: Sollen eure Brüder etwa in den Kampf ziehen und ihr wollt hier bleiben? Warum wollt ihr denn das Herz der Kinder Israels abspenstig machen, dass sie nicht hinüberziehen in das Land, das ihnen JHWH gegeben hat? (4. Mose 32,6-7)
Ruben und Gad verstanden die Argumente Moses und machten folgendes Angebot:
Da traten sie zu ihm und sprachen: Wir wollen nur Schafhürden für unsere Herden hier bauen, und Städte für unsere Kinder. Wir aber wollen uns [zum Kampf] rüsten und eilends voranziehen vor den Kindern Israels, bis wir sie an ihren Ort gebracht haben. Unsere Kinder sollen in den verschlossenen Städten bleiben um der Einwohner des Landes willen. Wir wollen aber nicht heimkehren, bis die Kinder Israels jeder sein Erbteil eingenommen haben. (4. Mose 32,16-18)
Mose willigte ein.
So gab Mose den Söhnen Gads und den Söhnen Rubens und dem halben Stamm Manasse, des Sohnes Josephs, das Königreich Sihons, des Königs der Amoriter, und das Königreich Ogs, des Königs von Baschan, das Land samt den Städten im ganzen Gebiet ringsum. (4. Mose 32,33)
Die Entscheidung, die Mose an dieser Stelle traf, lässt doch mindestens eine Frage aufkommen: Warum bekommt der Stamm Manasse Land in Gilead? Und warum nur der halbe Stamm? Was hat sich Mose dabei gedacht?
Zunächst einmal können wir davon ausgehen, dass Moses Entschluss auch das Herz des himmlischen Vaters widerspiegelt. Mose kannte JHWH von Angesicht zu Angesicht (Vgl. 5. Mose 34,10) und wusste, wie Er sich um Sein Volk sorgte. JHWH griff in diese Entscheidung ja auch nicht intervenierend ein, was auch als Einverständnis gewertet werden kann.
Was hat es also mit Manasse auf sich?
Manasse war der erstgeborene Sohn Josephs in Ägypten. Joseph war der Lieblingssohn seines Vaters, den er gern zum Erstgeborenen gemacht hätte. Und tatsächlich fand sich Joseph auch in einer solchen Rolle wieder, als er seine Brüder nach Goschen in Ägypten holte und sie vor der Hungersnot bewahrte.
Doch bevor Joseph als Regent in Ägypten überhaupt die Möglichkeit hatte, dies zu tun, musste er als Sklave und Gefangener einige Mühsal ertragen. Sein Sohn Manasse sollte ihm später ein Trost für diese Mühsal werden.
Und Joseph gab dem Erstgeborenen den Namen Manasse, denn [er sprach]: Gott hat mich alle meine Mühsal vergessen lassen und das ganze Haus meines Vaters. (1. Mose 41,51)
Als Erstgeborener lernte Manasse direkt von seinem Vater. Er sollte später seine Position in der Familie übernehmen. Er sollte in die Verantwortung für seine Brüder geführt werden. Und er würde diese Aufgabe gut wahrnehmen können, denn er hatte einen guten Lehrer – den Nasiräer Joseph (Vgl. 1. Mose 49,26).
So sehen wir später, dass der Stamm Manasse in der Wüste einen enormen Zuwachs an Mitgliedern bekommt. Manasse ist der fruchtbarste Stamm Israels. Von anfänglich 32.200 Gemusterten (Vgl. 4. Mose 1,35) wuchs der Stamm auf 52.700 kriegsbereite Söhne an (Vgl. 4. Mose 26,34). Fruchtbarkeit ist ein Zeichen für den Segen des Allmächtigen. Dies deutet darauf hin, dass Manasse einer der Stämme war, der sich durch besondere Treue JHWH gegenüber auszeichnete.
Manasse selbst war der Erstgeborene seines Vaters, wurde aber bei der Vergabe des Erstgeburtsrechtes durch seinen Großvater Jakob übersprungen (Vgl. 1. Mose 48,20). Doch lesen wir nirgends eine Beschwerde Manasses. Wir lesen nicht, dass er wie Esau gegen seinen Bruder in den Krieg gezogen wäre. Manasse akzeptierte die Entscheidung und diente Gott weiterhin.
Eine ähnliche Erfahrung in Bezug auf das Erstgeburtsrecht machte auch Ruben. Er war der Erstgeborene Jakobs. Doch auch er wurde bei der Vergabe des Erstgeburtsrechtes übersprungen. Doch wie entwickelte sich Ruben? Denken wir an Datan und Abiram? Könnte Ruben von Manasse lernen?
Kommen wir noch einmal auf das Land zurück, welches die 2,5 Stämme erben sollten. Der Jordan bildet eine natürliche Grenze zwischen Gilead und dem Kernland Israels – Judäa und Samaria. Es war und ist nicht Gottes Wille, dass sich das Volk aufspaltet. Wie leicht hätten Ruben und Gad ihre Verbindung zum Rest des Volkes und später zu Jerusalem verlieren können. Israel sollte eine Einheit bleiben. Und so beschloss Mose, im Einklang mit dem himmlischen Vater, durch den halben Stamm Manasse einerseits eine Brücke zum Kernland zu schaffen und andererseits einen treuen und fruchtbaren Stamm an Gads und Rubens Seite zu stellen.
JHWH ist auf die Einheit Seines Volkes bedacht. Lasst uns darum bemüht sein, diese Einheit nicht zu zerstören!
Lasst uns das Gebet Jeschuas verinnerlichen:
Heiliger Vater, bewahre sie in Deinem Namen, die Du mir gegeben hast, damit sie eins seien, gleichwie wir! (Johannes 17,11b)
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