Die Heiden und die Körperschaft
Die Heilige Schrift weist uns mehrfach darauf hin, dass wir nicht die Lebensweise der Heiden annehmen sollen.
Und wandelt nicht nach den Satzungen der Heiden, die ich vor euch her ausstoßen werde. Denn alle jene Dinge haben sie getan, und deshalb habe ich sie verabscheut. (3. Mose 20,23)
So spricht YHWH: Lernt nicht den Weg der Heiden und erschreckt nicht vor den Zeichen des Himmels, auch wenn die Heiden sich vor ihnen fürchten! (Jeremia 10,2)
Doch wer oder was ist mit den Heiden gemeint? Was ist die Bedeutung dieser Gebote im hebräischen Kontext?
Die Gojim
Das deutsche Wort Heiden an den entsprechenden Stellen stammt vom hebräischen Wort גוי (goi) ab. Etwas treffender wird es auch mit Nationen übersetzt. Und tatsächlich wird auch Israel von Gott als גוי (goi) bezeichnet.
…ihr aber sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein! Das sind die Worte, die du den Kindern Israels sagen sollst. (2. Mose 19,6)
Israel sollte eine heilige, von den anderen abgesonderte, Nation sein. Die Formierung Israels zur Nation begann am Berg Sinai, indem Gott dem Volk die Torah als Bündnis gab. In diesem Bündnis definierte er, woran das Volk Israel erkennbar sein sollte (Vgl. 5. Mose 4,8).
Der oberen Übersetzung folgend, könnten wir auch formulieren, dass die Kinder Israels heilige Heiden sein sollten. Da wir merken, dass diese Formulierung wenig Sinn macht, wollen wir uns auf die Suche nach dem Kern des Wortes goi begeben.
Die Heiden und die Toten
Die Wurzel des hebräischen goi lautet גֵּוָה (gawah) und kann im Deutschen mit Körper oder auch Leichnam wiedergegeben werden. Es folgen einige Textbeispiele aus der Bibel.
Als nun jenes Jahr verflossen war, kamen sie zu ihm im nächsten Jahr und sprachen: Wir wollen unserem Herrn nicht verhehlen, dass, weil das Geld ausgegangen ist und das Vieh unserem Herrn gehört, nunmehr nichts mehr übrig bleibt vor unserem Herrn als unser Leib und unser Feld! (1. Mose 47,18)
Und nach etlichen Tagen ging er wieder hin, um sie zur Frau zu nehmen, und er bog vom Weg ab, um das Aas des Löwen anzusehen; und siehe, da war ein Bienenschwarm und Honig in dem Körper des Löwen. (Richter 14,8)
Stürmende Reiter, funkelnde Schwerter und blitzende Spieße! Viele Erschlagene und Haufen von Toten, zahllose Leichen, sodass man über ihre Leichen strauchelt — (Nahum 3,3)
Wir sehen, dass die Wurzel gawah für (tote) Körper verwendet wird. Folglich könnten wir die Nationen (gojim) ebenfalls als leblose Hüllen bezeichnen. Auch Ihre Gesetze und Rechtsnormen können ihnen kein Leben verleihen, da sie sich vom Gesetz des Lebens, der Torah, abwenden.
Israel hingegen wird von Gott als eine heilige Nation (goi) bezeichnet, denn dort gilt das Gesetz des Lebens. Durch die Torah wird die Hülle der Nation lebendig.
Alle anderen Nationen mit ihren eigenen Gesetzen erscheinen vor Gottes Augen tot. Es sind leblose Körperschaften.
Der juristische Begriff der Körperschaft
Im juristischen Sprachgebrauch gibt es den Begriff der Körperschaften. Diese werden allgemein wie folgt definiert:
Eine Körperschaft definiert sich allgemein als ein Zusammenschluss von Personen mit dem Zweck der Zusammenarbeit auf ein gemeinsames, nicht individuell auf einen einzelnen abgestelltes Ziel hin. In einer Körperschaft können wohl die Mitglieder wechseln, das angestrebte und erklärte Ziel aber bleibt dasselbe. Eine Körperschaft im juristischen Sinne wird immer auch eine juristische Person sein.
Quelle: Körperschaft – Rechtliche Definition, Bedeutung, Erklärung & Beispiele: in: Juraforum [online] https://www.juraforum.de/lexikon/koerperschaft [17.02.2021]
Staaten oder Nationen gelten als territoriale Körperschaften. Dazu schreibt das Juraforum:
Territoriale Körperschaft
Quelle: Ebd. [17.02.2021]
Der Staat, die Bundesrepublik Deutschland mit ihrer demokratischen Grundordnung, ist der ‘originäre Träger von Hoheitsgewalt‘ der Länder und des Bundes. Damit versteht er sich als oberste territoriale Körperschaft des öffentlichen Rechts. Am Begriff der Gemeinde, der untersten Ebene in der Hoheitsgewalt, wird die Struktur der Körperschaft des öffentlichen gut deutlich. Die Gemeinde übt die Gebietshoheit aus über alle Institutionen, Bewohner, Unternehmen in ihrem Gemeindegebiet. Die Mitglieder sind hier sozusagen Zwangsmitglieder, die aufgrund der von der Gemeinde festgelegten Satzung Beiträge und Steuern zu bezahlen haben. Dienstherr ist die Gemeinde durch die Beamten, die Angestellten, die bei ihr beschäftigt sind.
Wir sehen, dass in einer territorialen Körperschaft wie dem Staat, die Mitglieder, welche ja Personen sind, als Zwangsmitglieder verstanden werden. Das bedeutet nichts anderes, als dass jemand einen Eigentumsanspruch auf diese Personen geltend macht, denn sonst könnte ja jeder seine Mitgliedschaft frei kündigen.
Den einzig gültigen Eigentumsanspruch aber hat YHWH an uns, denn er hat uns geschaffen. Alle anderen derartigen Ansprüche können nur durch unseren Bündnisbruch zustande kommen.
Und genau deshalb versuchen die Nationen und Körperschaften dieser Welt uns von den göttlichen Bündnissen und deren Verheißungen möglichst fern zu halten.
Doch in der Abwendung von Gottes Bündnissen ist jeder Körper tot. Und so können auch die Bemühungen der Nationen dieser Welt im Ergebnis nur zum Tode führen.
Das Leben hingegen finden wir nur in Jeschua, der tote Körper lebendig machen kann!
Körperschaft und die Person
Wir haben bereits gesehen, dass Körperschaften aus Personen (nicht aus Menschen!) bestehen sollen. Auch in der Definition einer Person sehen wir, die Anmeldung eines Eigentumsanspruchs.
Es heißt dazu:
Unter „natürliche Person“ versteht man den Menschen selbst als Rechtssubjekt, d.h. als Träger von Rechten und Pflichten.
Quelle: Körperschaft – Rechtliche Definition, Bedeutung, Erklärung & Beispiele: in: Juraforum [online] https://www.juraforum.de/lexikon/koerperschaft [17.02.2021]
Das heißt, dass der Mensch nach dem weltlichen Recht als natürliche Person behandelt wird und als solche zum Träger von rechten und Pflichten wird.
Eine Pflicht wird vom Duden unter anderem wie folgt definiert:
Aufgabe, die jemandem aus ethischen, moralischen, religiösen Gründen erwächst und deren Erfüllung er sich einer inneren Notwendigkeit zufolge nicht entziehen kann oder die jemandem obliegt, die als Anforderung von außen an ihn herantritt und für ihn verbindlich ist.
Quelle: Pflicht, die: in: Duden [online] https://www.duden.de/rechtschreibung/Pflicht [17.02.2021]
Wenn jemand eine Pflicht gegenüber einem anderen zu erfüllen hat (die Person gegenüber dem Stzaat), ist er nicht frei und letztlich Eigentum des anderen. Indem der Mensch also als Person behandelt wird, wird er selbst zu einem Ding bzw. einer Art Körperschaft, die von anderen besessen werden kann.
Wird ihm nun eine Pflicht von außen aufgetragen, ist es ihm innerhalb dieser Logik gar nicht mehr erlaubt, frei zu entscheiden, ob er es tun will oder nicht. Seine eigenen Gedanken, Emotionen und Einschätzungen dazu sind im Grunde tot. Er ist aufgefordert, die Pflicht zu erfüllen und wird mit Strafe bedroht, wenn er es nicht tut.
Gott sieht den Menschen
In Gottes Rechtssystem steht die Freiwilligkeit und der Mensch im Vordergrund. Hier sollen die Menschen das tun, wozu ihr Herz sie treibt (Vgl. 2. Mose 25,2). Wir wissen, dass das Leben vom Herzen ausgeht und sich dort letztlich auch Gottes Altar befindet.
Wichtig ist dem Schöpfer, dass wir leben und nicht sterben. Dass wir gute Entscheidungen treffen und wählen (Vgl. 5. Mose 30,15-20).
Wenden wir uns also ihm zu und vergessen die Angebote der Welt. YHWH wird uns zum Leben führen, er wird uns geben, was die Welt uns nicht geben kann. Und er wird Gerechtigkeit auf die Erde bringen.
Lasst uns also den Weg der Heiden, den Weg der Person als Zwangsmitglied in einer Körperschaft, vergessen und den Weg der Freiheit und des Lebens lernen!
Bildquelle: Pixabay.de
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