Parascha ‚toldot‘
die rötlichen Berge Edoms bei Elat gegenüber in Jordanien. Foto von freepixs entnommen.
Parascha ‚toldot‘ – תּוֹלְדֹת = „Nachkommen“ – 1. Mo. 25, 19 -28, 9;
Ein kurzer Überblick zur dieswöchentlichen Parascha:
- 1. Mo. 25, 19-34:
Dieses Kapitel beginnt mit der Genealogie von Jizchak יצְחָק (Isaak), dem Sohn Avrahams. Deswegen heisst diese Wochenlesung auf Hebräisch toldot, was „Genealogie“ oder „Geschlechter-Nachfolgen“ bzw. „Geschlechtsregister“ bedeutet.
Es wird beschrieben, wie Avrahams Frau Rivka רִבְקָה (Rebekka) unfruchtbar war, bis JaH endlich nach 20 Jahren des Wartens das Gebet ihres Mannes erhörte und sie schwanger wurde. Da verspürte sie, dass in ihrem Mutterleib Zwillinge miteinander „kämpften“, weshalb sie das Angesicht des Allmächtigen suchte, der ihr dann offenbarte, dass zwei Nationen aus diesen Kindern hervorgehen werden, wobei „der Ältere dem Jüngeren dienen wird“ – יַעֲבֹד צָעִיר וְרַב w’rav ja’avod za‘ir.
Es wurden dann Essaw – עֵשָׂו (Esau) und Ja‘akov – יַעֲקֹב (Jakob) geboren. Wir werden später mehr auf diese prophetische Bedeutung ihrer Namen eingehen. Der Text erzählt uns weiter von der Begebenheit, als die Brüder herangewachsen waren, dass Essaw leichtfertig sein Erstgeburtsrecht, hebräisch בְּכוֹרָה bechora, an seinen jüngeren Bruder für ein rötliches Linsengericht verkaufte.
- 1. Mo. 26, 1-33:
Dieses Kapitel beschreibt, wie Jizchak während einer Hungersnot im Land Kanaan zur Ortschaft Gerar גרָר kam. Elohim erteilte ihm die Anweisung, nicht nach Ägypten zu ziehen, und ferner sagte er ihm zu, dass er den Bund, welchen er mit seinem Vater Avraham geschlossen hatte, mit ihm erneuern und fortsetzen werde.
Als nächstes wird der Vorfall geschildert, in welchem Jizchak seine Frau Rivka bei den Philistern als seine Schwester vorgab, weil er wegen ihr um sein eigenes Leben bangte, ähnlich wie sich das bei seinem Vater früher schon einmal abgespielt hatte. Später segnete der Allmächtige Jizchak mit großem Wohlstand. Das erweckte aber Neid bei den Philistern und führte in der Folge zu Konflikten mit ihnen bei den Ausgrabungen von Wasserbrunnen – בְּאֵרוֹת be’erot. Schließlich konnte Jizchak diese Problematik damit lösen, indem er weiterzog und neue Brunnen grub.
- 1. Mo. 27, 1-40:
In diesem Kapitel steht der Betrug Ja’akovs im Mittelpunkt. Jizchak, der inzwischen alt und blind geworden war, plante seinem älteren Sohn Essaw seinen Segen בְּרָכָה bracha als Erstgeborenem zu erteilen. In diesen Moment hegten Rivka und Ja’akov einen Plan, indem sie Jizchak etwas vortäuschten: Ja’akov gab sich als Essaw aus. Durch diese Täuschung erhielt er den besonderen Segen. Nachdem Essaw den Betrug entdeckte, erzürnte er in Wut, so dass er den Plan schmiedete, seinen Bruder Ja’akov zu töten. Hernach sprach Jizchak auch über Essaw seinen Segen aus, konnte ihm jedoch diesen nur im geringen Maß zusprechen.
- 1. Mo. 27, 41-28, 9:
Auf den Rat seiner Mutter hin entfloh Ja‘akov daraufhin nach Charan, damit er sich vor Essaws Rache schützen könnte, und auch um auch aus der Familie Rivkas eine passende Frau finden zu können. Bevor Jizchak seinen Sohn Ja’akov fortschickte, segnete er ihn erneut. Danach ist im biblischen Bericht noch erwähnt, dass Essaw eine Tochter Jischma’els heiratete.
Jetzt wollen wir ein wenig tiefer die Geburt von Essaw und Ja’akov miteinander betrachten und die prophetischen Andeutungen näher ins Visier nehmen: 1. Mo. 25, 20 – 33;
V20) Jizchak war vierzig Jahre alt, als er sich Rivka – רִבְקָה (Rebekka) zur Frau nahm, die Tochter des Aramäers Betu‘el – בְּתוּאֵל aus Padan-Aram – פַּדַּן אֲרָם, die Schwester des Aramäers Lavan – לָבָן.
V21) Dann bat Jizchak den Ewigen für seine Frau, weil sie [doch] unfruchtbar war. Schließlich ließ der Ewige sich von ihm erbitten: Rivka, seine Frau, wurde schwanger.
V22) [Als] die Kinder sich in ihrem Leib stießen – יִּתְרֹצְצוּ jitrozezu, sprach sie [zu sich]: „Warum ist das [nur] so, dass mir dies (ausgerechnet) zustößt?“ Darum ging sie hin, um den Ewigen zu befragen.
Zum Vergleich:
TurSinaj:
22 Es stießen sich aber die Kinder in ihrem Innern, daß sie sprach: «Wenn dem so ist, wozu denn bin ich?» Und sie ging hin, den Ewigen zu befragen.
V23) Der Ewige antwortete ihr: „In deinem Leib sind zwei Nationen – zwei Volksstämme scheiden sich aus deinem Innern: Der eine Volksstamm wird stärker als der andere sein, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen.“
TurSinaj:
23 Und der Ewige sprach zu ihr: «Zwei Völker sind in deinem Leib, Zwei Stämme scheiden sich aus deinem Schoß. Ein Stamm wird stärker als der andre sein, Der Ältere dem Jüngern dienen.»
V24) Als ihre Tage erfüllt waren, daß sie gebären sollte, siehe, da waren Zwillinge in ihrem Leib.
V25) Der erste kam heraus, rötlich – אַדְמוֹנִי, ganz [und gar] wie ein haariger Mantel – כְּאַדֶּרֶת שֵׂעָר aderet sse’ar. [Deswegen] gab man ihm den Namen Essaw – עֵשָׂו (= der „Rauhe“).
Buber:
V25 Dann fuhr der erste hervor, rötlich, überall wie ein haariger Mantel, sie riefen seinen Namen Essaw, Rauher.
TurSinaj:
25 Und der Erste kam hervor, rötlich, ganz wie ein haariger Mantel, und sie nannten ihn Esaw.
V26) Danach kam sein Bruder heraus, und seine Hand hielt die Ferse – עֲקֵב ekev von Essaw fest. Darum gab man ihm den Namen Ja‘akov – יַעֲקֹב (= „Fersenhalter”)
Jizchak war sechzig Jahre alt, als sie geboren wurden.
26 Danach fuhr sein Bruder hervor, seine Hand faßte Essaws Ferse man rief seinen Namen Jaakob, Fersehalt. Jizchak aber war sechzig Jahre, als sie sie gebar.
26 Und dann kam sein Bruder hervor, dessen Hand die Ferse (hebr. akev) Esaws festhielt, und man nannte ihn Jaakob. Jizhak aber war sechzig Jahre alt, als sie geboren wurden.
V27) Die Jungen wuchsen heran. Essaw wurde ein jagdkundiger Mann, ein Mann des Feldes. Ja‘akov hingegen war ein schlichter – תָּם tam Mann, der (lieber) in den Zelten verweilte.
V28) Während Jizchak den Essaw lieb hatte (oder lieber hatte bzw ihn bevorzugte) – weil Wildbraten ganz nach seinem Geschmack war – liebte Rivka Ja‘akov mehr.
V29) Einst kochte Ja‘akov ein Gericht. Da kam Esaw vom Feld, und er war (völlig) erschöpft.
V30) Nun sprach Esaw zu Ja‘akov: „Lass mich doch schnell von dem Roten – הָאָדֹם essen, ja diesem Roten da – הָאָדֹם הַזֶּה haAdom-haSe, weil ich (total) erschöpft bin!“ Deswegen gab man ihm [auch] den Namen Edom – אֱדוֹם („Roter/Rötling“)
30 Da sprach Esaw zu Jaakob: «Laß mich doch schlingen von dem Roten, dem Roten da, denn ich bin ermattet!» Daher nannte man ihn Edom Roter.
V31) Ja‘akov antwortete (ihm): „Verkaufe mir heute dein Erstgeburtsrecht – בְּכֹרָה bechora !“
31 Jaakob aber sprach: «Verkaufe mir zuvor deine Erstgeburt!»
V32) Esaw erwiderte: „Siehe, ich gehe [ja doch] dem Tod entgegen. Was soll mir da die Erstgeburt/das Erstgeburtsrecht?“
32 Da sprach Esaw: «Sieh, ich gehe ja doch dem Tod entgegen; was soll mir da die Erstgeburt?»
V33) Ja’akov entgegnete (ihm): „Dann schwöre mir – הִשָּׁבְעָה לִּי hischva’a-li heute zu!“ Da schwor er ihm zu – יִּשָּׁבַע לוֹ jischava’a. Somit verkaufte er seine Erstgeburt/sein Erstgeburtsrecht an Ja‘akov.
33 Und Jaakob sprach: «Schwöre es mir denn zu!» Da schwor er es ihm zu und verkaufte seine Erstgeburt Jaakob.
V34) Darauf gab Ja‘akov dem Essaw Brot und ein Linsen-Gericht – נְזִיד עֲדָשִׁים nesid–adaschim Er aß, trank und stand (danach) auf. Dann lief er von dannen. Also verachtete Essaw das Erstgeburtsrecht.
= Wir sehen hier den Typus der beiden Brüder: die äußeren Merkmale bei ihrer Geburt werden zur charakterlichen Prophetie gedeutet und zeigen tatsächlich im späteren Leben ihre Gesinnung voraus:
Essaw, der bei seiner Geburt rötlich-behaart erscheint – dieses Merkmal trug zu seiner Namensgebung bei: Essaw, der Rauhe.
Demgegenüber folgte ihm unmittelbar während der Geburt sein Zwillingsbruder Ja’akov nach. Dieser hielt sich an Essaws Ferse –עֲקֵב ekev fest. Auch dieses Merkmal wird als Zeichen für seine spätere Gesinnung gedeutet: Ja’akov – יַעֲקֹב, sich klammernd an die Ferse –עֲקֵב ekev seines Bruders. Die Klammerung an seine Fersen bedeutete später, dass er sich an den Segen Jahs klammerte. Ja’akov war stets der Vorteil seines nur etwas älteren Bruders bewußt. Das hielt er für real: Um diesen Segen des Allmächtigen rang er, und im richtigen Moment gelang es ihm mit einer gewissen List diesen Segen seinem Bruder “abspenstig” zu machen.
Essaw dagegen wird uns weiter als “fleischlich” gesinnter Mensch beschrieben, der dem Irdischen nachtrachtete, während Ja’akov als geistlich gesinnter Mensch geschildert wird. Dies sind die Unterschiede der Zwillinge. Wir sehen dies nun an zwei Beispielen erläutert:
1.) Nach einer anstrengenden Jagd, die Essaw viel Kraft gekostet hatte und die anscheinend ohne Erfolg verlief. Darum war er in diesem Moment nicht nur müde, sondern auch enttäuscht, also ermattet physisch und dazu enttäuscht, und daher zu Tode betrübt. In diesem Moment verachtete er sein geistliches Vorrecht, die Erstgeburt, um die ihn sein Bruder neidete: Ja‘akov nutzte diesen Moment aus, nach diesem geistlichen Gut sinnend, und erwarb mit einem Schwur dieses geistliche Gut, während Essaw es leichtfertig vergab. Mit Nachdruck wird diese irdische Gesinnung von Essaw hier bildhaft geschildert: „Lass mich doch schnell von dem Roten – הָאָדֹם haAdom essen, (ja von) diesem Roten da – הָאָדֹם הַזֶּה haAdom–haSe, weil ich (total) erschöpft bin!“. Die Betonung liegt hier auf dem “Roten“, es ist extra zweimal, also doppelt, im Text erwähnt. Gemeint ist die rot-braune Linsensuppe. Damit erhielt Essaw auch seinen zweiten Namen, der ihm bereits mit der Geburt angedeutet war: rötlich – אַדְמוֹנִי erschien er bei seiner Geburt, und jetzt erhielt er seinen Beinamen: „Deswegen gab man ihm [auch] den Namen Edom – אֱדוֹם (‚Roter/Rötling‘)“
Er und seine Nachkommen erbten das Land östlich des Toten Meeres, was Gebirge Sse’ir (= „Ziege, Rauheit“) genannt wird. Auch von hier hat das Rote Meer seinen Namen: besonders die abendliche Sonne lässt die Berge östlich des Meeres, und damit auch das Meer zum „Roten Meer“ erleuchten.
2.) Ja’akov, der hier in bildlicher Weise dem Geistlichen, also dem Segen des Schöpfers nachstrebte, und der sogar mit List und Hinterhalt diesem Streben nachging – auch diese zweite Bedeutung liegt schon im hebräischen Wort ekev – עֲקֵב verborgen. Ob er und seine Mutter allerdings dabei den greisen Vater wirklich getäuscht haben, das mögen wir in Frage stellen. Denn wie sollte ein von Demenz erfasster Greis, auch wenn er erblindet ist, einen geistlichen Segen erteilen können? Der biblische Text jedoch will mit diesem Ereignis die Strebhaftigkeit nach dem Segen Elohims von Ja‘akovs – יַעֲקֹב hervorheben. Ja’akov, der später zu Jisra’el umgenannt werden wird, im Bild des „Fersenhalters“, strebte nach den himmlischen und geistlichen Werten. Und auch später im Kampf mit dem Engelsboten am Fluss Jabbok, da rang er mit dem Allmächtigen selber, denn der Engel – malach – ist der Vertreter Elohims. Ihn ließ er nicht los, so wie er bei seiner Geburt schon nicht die Ferse seines älteren Bruders los liess. Den Engel ließ Ja’akov nicht los, weil er von ihm gesegnet werden wollte.
In der späteren Prophetie wird Edom dann der Gegenspieler Israels. Die Rabbiner verknüpften mit der Prophetie Edoms schließlich das römische Reich (weil es in der Antike Israel größter Feind war), dann auf die römische Kirche, die nach dem Aufkommen des römischen Christentums zum Erzfeind der Juden im Mittelalter wurde. Aber Edom wird schließlich in der Prophetie auch zum Bild auf das künftige Gericht für die gesamte islamische Welt. Dazu lest den Propheten Ovad’ja – das ist nur ein Kapitel lang!
Hier endet unsere heutige Betrachtung, die aber in der nächsten Parascha mit Ja’akov als Jisrael, noch weiter vertieft werden wird.
Schabbat Schalom!
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