Parascha ‘schoftim’
Bild entnommen aus online-Bibliothek der ZJ
hier die bildliche Darstellung wie zur Zeit Jeschua das höchste Gericht, Sanhedrin, aufgebaut war:
Der jüdische ‚Hohe Rat‘ oder Große Sanhedrin setzte sich aus 71 Mitgliedern zusammen und hatte seinen Sitz in Jerusalem. Gemäß der Mischna waren die Plätze in drei Reihen halbkreisförmig angeordnet. Die Beschlüsse des Rates wurden von zwei Schreibern festgehalten. Die Abbildung stützt sich zum Teil auf die Überreste eines Gebäudes, die man in Jerusalem entdeckt hat.
(1) Hoher Priester
(2) Mitglieder des Sanhedrins
(3) Angeklagter
(4) Gerichtsschreiber
Parascha ‚schoftim‘ – שֹׁפְטִים = „Richter“ – 5. Mose 16, 18 – 21, 9;
Schabbat Schalom an alle Leser!
Diesmal beschäftigen wir uns mit dem Tora-Abschnitt ‚Schoftim‘!
Mosche gibt darin der nächsten Generation – nicht aber nur dieser, sondern im Prinzip allen nachkommenden Generationen danach – die Aufgabe, dass sie sich oberste Richter und dazu Amtsbedienstete – schotrim einsetzen sollen. Diese sollen wofür sorgen? Für die gerechte Rechtsprechung im ganzen Volk Israel. Es geht aber ganz allgemein um die Gerechtigkeit.
Genau diesen Aspekt wollen wir uns hier ganz genau anschauen.
V18) Richter – שֹׁפְטִים und Amtsaufseher/Beamte – שֹׁטְרִים schotrim [1] sollst du dir einsetzen in allen deinen Toren, die der Ewige, dein Elohim, dir nach deinen Stämmen gibt, damit sie das Volk richten mit gerechter Rechtsprechung/gerechtem Gerichtsspruch – מִשְׁפַּט-צֶדֶק mischpat-zedek.
V19) Du sollst das Recht/die Rechtsprechung – מִשְׁפָּט mischpat nicht beugen bzw. verdrehen, [z. B. dadurch,] dass du kein Ansehen auf die Person haben darfst und indem du keine Bestechung – שֹׁחַד schochad annimmst: Weil die Bestechung (das Bestechungsgeschenk) die Augen der Weisen verblendet (oder blind macht). Dann könnten die Worte der Gerechten verdreht werden, bzw. wortwörtlich: „schwankend gemacht werden“ – יסַלֵּף jissalef. – siehe 2. Mo. 23, 6 + 8;
V20) Der Gerechtigkeit [ja nur] der Gerechtigkeit sollst du nachjagen! zedek zedek tirdof!
צֶדֶק צֶדֶק תִּרְדֹּף
Nichts als der Gerechtigkeit / dem Wahrheitsspruch (nach Buber) sollst du nachkommen/nachjagen!
So wirst du (wohl) leben und das Land ererben, das der Ewige, dein Elohim, dir geben wird.
= Mosche gibt die Anweisung, dass das Volk Israel sich Richter/schoftim einsetzen soll, und zwar stammweise, also nach den Regionen des Landes, was sie nun dabei sind einzunehmen. Er hatte diese Instruktion schon mehrmals zuvor gegeben: z. B. in 5. Mo. 1, 12-18 (siehe dazu Parascha ‚dvarim‘). Nicht nur schoftim = Rechtsprechende, sondern auch schotrim – שֹׁטְרִים sollen sie ins Amt stellen. Nach 2. Mo. 5, 6 waren es ursprünglich Schreiber (so die Septuaginta-Übersetzung), die in V15 dort den Richtern zur Seite gestellt waren. Im modernen Israel wird heute so die Polizei – mischtara (aus dem Wort ‘schotrim’ gebildet) so genannt. Was Mosche hier neu angeordnet hat, ist, dass im künftigen Land Israel jede Ortschaft ihre Richter und Amtsleute erhalten soll.
Dabei ist die oberste Priorität:
V20a) Zedek = Gerechtigkeit, Zedek = Gerechtigkeit must du nachjagen!
= Dieser Satz, der hier für die Rechtsangelegenheiten unter dem Volk Israel zur obersten Priorität angewiesen wird, ist aber auch einer der wichtigsten Aufforderungen für unser persönliches Leben nach der Bibel und der Tora. Zu diesem Leitsatz sind wir als Gläubige in Jeschua genauso auch ganz persönlich aufgefordert, dass wir der Gerechtigkeit, zedek, in unserem Leben nachzukommen haben! Deswegen sollten wir uns diesen Satz besonders merken und in Hebräisch auswendig lernen: zedek, zedek tirdof!
„Wenn ihr wisst, dass er gerecht ist, so erkennt, dass auch jeder, der die Gerechtigkeit tut, aus ihm geboren ist.“ 1. Jh. 3, 10;
Das 16. Kp. endet wieder mit der Warnung vor Götzendienst:
V21) Du sollst dir keine Aschera pflanzen, irgendein Holz/Baum neben dem Altar des Ewigen, deines Elohim, den du dir machen wirst.
V22) Ebenso sollst du dir keine Gedenksteine – מַצֵּבָה mazeva aufrichten, die der Ewige, dein Elohim, hasst.
= Als roter Faden durch die Tora zieht sich diese Warnung vor dem Abfall des Elohims Israel hin zu Abgöttern, hier ist besonders vor den kanaanitischen Gottheiten wie Aschera und Baalim gewarnt. Eine Aschera wurde unter oder neben einem grünen Baum gepflanzt: 1. Kön. 14, 23; 2. Kön. 17, 10; Jer. 17, 2; Dieses Idol bestand gewöhnlich aus einer hölzernen Säule, die man neben einen Baalsaltar pflanzte und dem Baal einen Gedenkstein, auch als Steinsäule weihte.
In der letzten Parascha ‚ree‘ hatte wir im 13. Kapitel auch eine dreifache Warnung zur möglichen Verführung hin zum Dienst anderer Götter: 1.) durch falsche Propheten und Traumrednern, 2.) durch evt. Verwandte und Freunde und 3.) einer verdorbenen Stadt, deren Bevölkerung insgesamt verführt worden sein konnte.
Jetzt wird vor der Möglichkeit gewarnt, dass Israel am Ort seiner Anbetung, also im Tempelbereich eine Statue oder Abbild in den Tempelbereich integrieren könnte.
Diese Warnung hier spricht also von der Vermischung mit dem Gott Israels, dem auf dem Altar im Tempel geopfert werden soll, dem aber die Aschera und Baal zugestellt werden und es so im Gottesdienst zu einer Vermischung kommt.
Wenn wir die weitere Geschichte des Volkes Israel lesen, dann war genau dies das Problem, als sie immer und immer wieder in den Götzendienst abfielen.
Diese geheime Vermischung sieht auch der Prophet Hesekiel:
Im Kapitel 8 erhielt der Prophet Hesekiel eine Vision. Er war vor der babylonischen Zerstörung Jerusalems nach Babylon an den Fluss Chaybar in eine Kolonie gefangengeführt worden. Von dort wurde er in einer Vision insgeheim in den Jerusalemer Tempel gebracht, damit ihm der Ewige 4 Gräuel der Vermischung des Gottesdienstes im Tempel erblicken konnte:
V14) Er sieht Frauen, die die Babylonische Gottheit Tammus (seinen Tod im Herbst) beweinten.
Schließlich der Höhepunkt dieses Gräuels in den Versen 15 u. 16.
V15) 70 Älteste, die ihren Rücken entgegen zum Ewigen – יְהֹוָה (im Westen, wo das Tempelheiligtum steht) nach Osten ihre Angesichter zum Sonnengott entgegenwandten.
V16) „Dann brachte er mich in den inneren Vorhof des Tempels des Ewigen. Siehe, am Eingang des Tempels des Ewigen, zwischen der Vorhalle und dem Altar, da [standen] etwa 25 Männer: ihre Rücken waren entgegen des Tempels JaHs und ihre Gesichter nach Osten [zum Sonnengott gerichtet]; und sie warfen sich nach Osten hin anbetend vor der Sonne nieder.“
= wir sehen, dass trotz der immer wieder kehrenden Warnungen vor dem Abfall zum wahren Gott Israels, genau dies zum Problem und Fall Israels führte.
Heute gibt es keinen Gottesdienst in aufwendigen großen Tempelgebäuden mehr, aber trotzdem in anderen großen Gebäuden wie Kathedralen, Moscheen evt. auch in mancher Synagoge. Der falsche Gottesdienst ist heute nicht durch ein Tempelgebäude unbedingt ersichtlich, aber er mag sich in der Theologie sich eingeschlichen haben. Im Christentum wird z. B. die Sonne weiterhin angebetet, allein dadurch, dass der Heilige Tag der Tora – das ist der Schabbat – stattdessen am Sonn(en)Tag von seinen Anhängern geheiligt wird. Auch das ist eine theologische Vermischung des Gottesdienstes.
Die Warnung vor dem Götzendienst durch die Vermischung am Altar bleibt darum nach wie vor eine sehr wichtige und dringende Aufforderung.
Ich beschließe die Betrachtung dieser Parascha mit einer Übersicht der weiteren Themeninhalte:
- Kp. 17
V1) Verbot von Opfern – קָרְבָּן korban auf dem Altar, die mit physischen Makeln oder Defekten מוּם mum behaftet sind.
V2-7) Der Umgang mit einem abtrünnigen Israeliten, der andere Götter verehrt hat. Der Prozess eines solchen Beispiels ist genau geregelt. Es wird betont, dass Zeugen עֵדִים edim notwendig sind und die Strafe nur durch einen rechtlichen Prozess – מִשְׁפָּט mischpat vollzogen werden kann.
V8-13) Schwierige rechtliche Fragen sollen an ein höheres Gericht – בֵּית דִּין überwiesen, wo sie konsultiert werden sollen. Dafür wird die zentrale Autorität sowohl des Hohepriesters כֹּהֵן גָּדוֹל kohen gadol als auch des Königs מֶלֶךְ melech festgelegt.
V14-20) Vorschriften zur Ernennung eines Königs מֶלֶךְ in Israel. Dieser König soll die Tora תּוֹרָה einhalten. Es ist ihm geboten weder viel Reichtum/Silber כֶּסֶף kesef anzuhäufen, noch viele Frauen נָשִׁים auf seinem Palast haben zu dürfen. Ebenso soll er nur wenige Pferde besitzen, die für die heutige Militärausrüstung symbolisch stehen. Auch soll er ein eigenes Exemplar der Tora besitzen, damit er ständig darin liest und studiert.
- Kp. 18
V1-8) Für Priester כֹּהֲנִים und Lewiten לְוִיִּם ist der Anteil der Opfergaben geregelt. Sie sollen ohne eigenes Land אֲחוֹזָה leben, aber von den Opfern – קָרְבָּן korban und den Erstlingsgaben בִּכּוּרִים bikurim des Volkes versorgt werden.
V9-14) das Verbot von heidnischem Götzendienst Praktiken anzunehmen wie das Konsultieren von Wahrsagern מְעַנֵּן me’anen oder von Totenbeschwörern מְשָׁעֵן mescha‘en, sowie ähnlichen unheilvollen Bräuchen.
V15-22) Vorhersage für das Aufkommen eines Prophet נָבִיא, der im Namen JaHs spricht. Der Beweis für die Wahrhaftigkeit eines Propheten ist die Erfüllung seiner Prophezeiungen נִבְּאוּת.
- Kp. 19
V1-13) Vorschriften für sog. ‚Asyl-Städte‘ – עָרוֹת מִקְלָט arot-miklat: wohin kann jemand fliehen, wenn er versehentlich jemanden getötet hat; Regeln für die Grenzen גְּבוּלוֹת und den Schutz מִקְּלָט dieser Städte;
V14) Das Verbot, Grenzsteine eines Nachbarn zu verschieben, um dessen Land unrechtmäßig zu erweitern;
V15-21) Verfahren zur Beurteilung von Zeugen עֵד ed; die Beweisführung – עֵדֻת edut wird beschrieben; Strafen für falsche Zeugenaussagen werden gegeben;
- Kp. 20
V1-9) Kriegsvorschriften: Umgang mit Ängstlichen; Regeln für den Umgang mit Städten und deren Bewohnern während einer Belagerung;
V10-15) Vorschriften, wenn Israel eine Stadt einnimmt: der Unterschied wird gemacht zwischen Städten, die weit entfernt liegen oder ob es sich um die Städte der Kanaaniter handelt;
V16-18) Verbot, wann die Bewohner der Städte Kanaan zu verschonen sind; wenn deren moralischer Verfall die Israeliten verführt hatte;
V19-20) Regeln für den Umgang mit Bäumen während einer Belagerung: Bäume, die Früchte tragen, sollen nicht zerstört werden.
- Kp. 21
V1-9) Vorschriften für die Beseitigung von Blutschuld דַּם נָקִי dam-naki werden beschrieben, wenn ein Mord nicht aufgeklärt werden kann; dann müssen die Verantwortlichen im Gerichtsverfahren – מִשְׁפָּט mischpat identifiziert werden, und es muss Sühne כַּפֵּר kaper durch die Ältesten des nächstgelegenen Ortes geleistet werden.
V10-14) Der Umgang mit gefangenen Frauen: Sie dürfen nicht als Sklaven gehalten werden, sondern müssen die Möglichkeit haben, sich zu integrieren.
V15-17) Das Erbrecht und die Rechte des Erstgeborenen: Der erstgeborene Sohn soll das doppelte Erbe erhalten.
V18-21) Handhabung eines widerspenstigen סוֹרֵר ssorer und widersprechenden מוֹרֶה more Sohnes: Solche Kinder müssen gemäß den Anweisungen der Eltern und der Gemeinde bestraft werden.
V22-23) Regeln zur Hinrichtung von Verbrechern רָשָׁע rascha werden behandelt: Der Leichnam darf nicht über Nacht am Galgen עֵץ etz hängen bleiben, sondern muss noch am selben Tag beerdigt werden.
Habt einen gesegneten Schabbat!
[1] V 18) Schotrim sind nach 2. Mo. 5, 6: Exekutivbeamte, welche die Ausführung eines Urteils oder einer Verfügung überwachen und eventuell bewirken.
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