parascha ‘Chukat’ – zweiter Teil
Wir kommen hier zum zweiten Teil der Parascha „Chukat“.
chukat-haTora – chok oder chuka ist ein Gebot, eine Satzung, gebildet aus dem Verb chakak, was „in Stein meißeln“ bedeutet. Dieses Gebot der Tora, das Gebot der roten Färse, para aduma, soll in unsere Herzen eingemeißelt werden. Was bedeutet das? Para aduma, ein Gebot mit doch einer Wichtigkeit, welches rational zunächst keinen Sinn ergibt und ein Paradoxum darstellt: Doch hier geht es um den Gegensatz von Tod und Leben, wobei der Tod und die Todesverwesung als die Verleiblichung der Sünde gilt. Und der Tod kann zum Leben durch Heiligkeit überwunden werden.
So wird Israel öfters in der Tora geboten, u. a. in 5. Mo. 30, 19: „Wähle das Leben, damit Du lebst…“
„u’vacharta baChajim lema’an techije“ – לְמַעַן תִּחְיֶה וּבָחַרְתָּ בַּחַיִּים
= Wer das Leben wählt, der wählt die Heiligkeit.
Das Gebot der roten Kuh erzählt von dem Entsündigen und dem rituellen Reinigen einer Person mit „tum’at-haMet“, der „Unreinheit vom Toten“, die sich durch den Kontakt mit einer Leiche oder gar eines Grabes verunreinigt hatte, war für den „dritten“ und „siebten“ Tag nach dem Kontakt vorgesehen (V19). Es wird hier der Gegensatz zwischen Tod und Leben, zwischen Verunreinigung durch die Berührung mit dem Tod verdeutlicht, was ohne Entsündigung und ohne die Entreinigung zum Tode führt. Deswegen sollen wir das Leben zur Heiligung wählen!
Dieses Ritualgebot wird in der jüdischen Tradition als chok bezeichnet und das bedeutet, dass diese Art von Geboten keinen rationalen Sinn ergeben. Tatsächlich heißt es im Talmud, dass von allen tarjag mitzvot (613 Gebote) dieses Gebot das einzige ist, das auch der König Salomo nicht begreifen konnte. Die Rabbinen versuchten vergeblich, das logische Prinzip hinter diesen Bestimmungen zu ergründen. Es war schließlich Maimonides, der die Gebote der Tora dann kategorisierte, und er sagte im Mittelalter: „Es gibt chukim-Gebote, die scheinbar gar keinen rationalen Sinn ergeben.“ So kamen die Rabbiner zu dem Ergebnis, dass diese chukim erlassen wurden, um Israels bedingungslosen Gehorsam zu erproben.
Weiter werden 4 chukim-Gebote, die es in der Tora gibt, aufgelistet, die allesamt ein Rätsel darstellen, weil sie nicht mit der menschlichen Vernunft sich erklären lassen und trotzdem den Gehorsam verlangen:
- die Witwe des Bruders zu heiraten: 5. Mo. 25, 5;
- nicht Wolle und Leinen in einem Gewand zu vermischen: 5. Mo. 22, 11;
- die Riten in Zusammenhang mit dem Sündenbock zu vollziehen: 3. Mo. 16, 26 + 34; und
- die rote Kuh
Von all diesen Satzungen mag das der para aduma das paradoxeste Opfer darstellen, weil es die seltsamsten Gebote der Tora beinhaltet:
1. – Es ist das einzige Opfer, das ausdrücklich ein Tier mit einer bestimmten Farbe erfordert.
2. – Es ist das einzige Opfer, bei dem alle Rituale außerhalb des Lagers vollzogen werden sollen (später außerhalb des Tempelbezirks). D. h., die „Blutanwendungen“ dieses Opfers fanden an einem anderen Ort als dem Altar statt (der Talmud berichtet, dass der Hohepriester das Blutvergiessen der roten Kuh durchführte, während er den Tempel und das Heiligtum von dem gegenüber liegendem Berg – Ölberg – erblickte).
3. – Es ist das einzige Opfer, das den Priester, der es darbrachte, rituell verunreinigte, aber denjenigen, der damit besprengt wurde, reinigte.
4. – Es ist das einzige Opfer, bei dem die Asche aufbewahrt und verwendet wurde (bei allen anderen Opfern musste die Asche außerhalb des Lagers verstreut werden).
In diesem Gebot geht es um den Tod, der als Folge der Sünde eintritt. Dieser Sachverhalt soll der Gemeinde ins Gedächtnis gerufen werden: das Gegenmittel gegen die Todesunreinheit soll von einem Sündopfer chatat genommen werden. Da es sich aber nicht um die Aufhebung und Tilgung der Sünde als solches handelt, sondern nur um die Reinigung der Gemeinde, die aus dem Fluch der Sünde, dem Tode durch Unreinheit, so wurde für diesen besonderen Zweck das Sündopfer eigentümlich modifiziert. Das Opfertier soll nicht ein männlicher Stier wie bei den gewöhnlichen Sündopfern der Gemeinde (3. Mo. 4, 14) sein, sondern ein weibliches Tier.
- mit Ausnahme von baMidbar 31, 19-24, wo diese Praxis vorausgesetzt zu sein scheint, fehlt jeder weitere Hinweis auf ihre Anwendung im Tanach.
- doch wird im NT ihre Anwendung erwähnt (Hebr. 9, 13) und ausführlich im rabbinischen Schrifttum behandelt wie im Talmud.
Das Gesetz über die Reinigung von der Unreinheit des Todes beinhaltete die Bereitung eines Sprengwassers für die Tilgung dieser Unreinheit (V1-10) und der Gebrauch dieses Reinigungswassers wird dann als eine ewige Satzung – חֻקַּת עוֹלָם chukat olam vorgeschrieben:
V10b: Dieses Gebot) soll den Kindern Israel und dem Fremden, der in ihrer Mitte weilt, eine ewige Satzung/Ordnung – חֻקַּת עוֹלָם chukat olam sein (vgl. V22).
Bei der Tilgung der stärksten aller religiösen Verunreinigungen reicht das einfache frische Wasser nicht aus, sondern es wird hierzu ein durch die Asche eines Sündopfers verstärktes, zu einer Lauge präpariertes Sprengungswasser verordnet.
= All diese Bestimmungen machen deutlich, dass der Tod die größte Verunreinigung mit sich bringt. Deswegen nahm das Entsündigungsopfer – chatat mit den Entreinigungszeremonien einen ganz besonderen Platz ein. Es musste wohl ziemlich häufig in Anspruch genommen werden. Auf diese Weise blieben die Wahrheiten, die es versinnbildlichen soll, im Bewußtsein.
Am schwierigsten von allen Aspekten des Ritus ist die Bestimmung zu verstehen, dass das Berühren der Asche unrein macht, während die Asche selbst doch reinigt.
Im Gegensatz zu den „regulären“ Sündopfern brauchte dieses Opfer nur einmal dargebracht werden – zumindest solange die Asche ausreichte.
Im Neuen Bund wird deutlich, dass der Herr Jeschua, unser Maschiach, die vollkommene Erfüllung der para Aduma ist, insofern:
- weil er völlig ohne Sünde und ohne Fehl – mum war: 2. Kor. 5, 21; Jh. 8, 46;
- er wurde außerhalb des Lagers geopfert – seine Kreuzigung fand außerhalb der Mauern Jerusalems statt: Hebr. 13, 13;
- er machte sich selbst zur Sünde für uns: 2. Kor. 5, 21;
- mit seiner Besprengung werden wir ge-/entreinigt: 1. Petr. 1, 2; Hebr. 12, 24; Offb. 1, 5);
- das „Wasser der Trennung“ – mej-haNida, was mit seinem Opfer erstellt worden ist – es dient als Sühne-Mittel, durch welches wir von der Unreinheit – tum’a des Todes und all den Sünden, die zum Tod führen, gereinigt werden: Eph. 5, 25-6; Hebr. 10, 22;
Nachdem in der Vergangenheit Israels insgesamt nur 9 rote-Kuh-Opfer dargebracht wurden, sagt der Talmud aus, dass es dem Messias vorbehalten sein wird das zehnte Opfer zukünftig darzubringen: gemäß Maimonides, im Talmud unter Traktat Para.
Hier an dieser Stelle entnehme ich einen sehr interessanten Bericht von Michael Schneider:
„Der ehemalige Verteidigungsminister Mosche Dayan berief im Juni 1967 nach dem Sieg im Sechstagekrieg und der Eroberung der Jerusalemer Altstadt mit dem Tempelplatz schnell ein dringendes Treffen mit den jüdisch-religiösen Obersten des Landes und dem damaligen Ministerpräsident Levi Eschkol ein. Dayan beschloss trotz Gegenwind aus politischen Gründen dem „Status-Quo nicht zu schaden“, und somit die Moscheen auf dem Tempelberg weiter in den Händen der Moslems zu belassen. Damit verbat er den Rabbinern, trotz Widerstand und heftiger Opposition innerhalb verschiedener religiöser Kreise, den Wiederaufbau des Tempels – zumindest für den jetzigen Zeitpunkt. Sogar das Betreten des Tempelbergs seitens der Juden und das Beten dort war anfänglich untersagt. Der Grund war: Sie sahen ein halachisches Problem. Es fehlte noch etwas – das war die Asche der roten Kuh – afar para aduma. „Die Priester und die Tempeldiener müssen sich zuerst mit dem „Entsündigungswasser“ reinigen, so erhoben viele Rabbiner. Darum überreichte Dayan letztlich den Moslems innerhalb weniger Stunden diese Stätte zurück – die sich bis heute in den Händen des WAQF, der islamischen Religionswächter, befindet.”
Seit Erstehen des Staates Israel wird auf die erneute Opferung der roten Kuh gewartet. Nach Jahrhunderten, vielleicht Jahrtausenden, in denen keine einzige geeignete rote Kuh bekannt war, gibt heute sogar wieder mehrere in Israel.
Am 28. August 2018 kam eine junge rote Kuh in Israel zur Welt. Einige Zeit später brachte ein Texaner namens Byron Stinson (ein evangelikaler Christ) weitere rote Kühe in das Land Israel. Inzwischen wurden noch zwei rote Kühe von einem Farmer aus Indiana, Larry Borntrager, nach Israel gebracht. Sie befinden sich derzeit im biblischen Schilo in Samaria. Diese Ereignisse haben seither die Diskussion über einen eventuellen künftigen Dritten Tempel in Jerusalem wieder neu belebt.
Abschließend wollen wir die Stelle über die Erwähnung der roten Kuh im Neuen Testament betrachten. Ich habe mit meiner verbesserten Übersetzung die Stelle – so meine ich – noch verständlicher gemacht:
13 Wenn (schon) das Blut von Ziegenböcken und Stieren (einerseits) und (andererseits) die Asche einer (roten) Färse (para aduma) – אֵפֶר הַפָּרָה efer-haPara auf den Unreinen – הַטָּמֵא haTam‘e gesprengt wurde, wodurch euer Leib (Fleisch) entreinigt wird und ihr (dadurch) geheiligt werdet,
14 wieviel mehr wird das Blut des Messias, der sich selbst durch den ewigen Geist [als Entsündigungsopfer – chatat] ohne Fehl (oder Gebrechen) – מוּם mum dem Ewigen dargebracht hat: dadurch wird euer Gewissen von den toten Werken ent-reinigt! Also könnt ihr (nun) dem lebendigen Elohim – אֱלֹהִים חַיִּים dienen!
= Der Schreiber zeigt uns, dass die Wirklichkeit heute im Messias Jeschua liegt. Sein Blut reinigt unser Gewissen. Doch wovon? Nicht nur von Sünden, sondern vielmehr von toten Werken. Die rote Kuh ist kein Sünd- oder Übertretungsopfer. Sie ist mehr als das. Sie ist ein Opfer für die Reinigung vom Tod. Und der Tod ist schlimmer als Sünde. Deshalb bedarf es für die Reinigung vom Tod dieses besonderen Opfers.
Was tun wir, wenn wir der Verunreinigung durch den Tod ausgesetzt waren? Was tun wir? Wir müssen zu Jeschua (Jesus) kommen, weil er die Wirklichkeit der roten Kuh durch sein Opfer repräsentiert. Lass dich bewusst vom Tod reinigen. Jeschua ist am dritten Tag vom Tod auferstanden. Daher wird das Reinigungswasser am dritten Tag auf den Verunreinigten gesprengt – und dann nochmals am siebten Tag. Das zeigt, wie vollständig diese Reinigung ist. Nur so wird unser Gewissen von toten Werken ganz rein.
Seit alle gesegnet und habt eine gute Woche – schavua tov!
- Parascha ‚beSchalach‘ -בְּשַׁלַּח = „als er ziehen ließ“ - 6. Februar 2025
- Parascha ‚bo‘ = „komm!“ - 29. Januar 2025
- die 10 Plagen oder Schläge (hebr. makot) über Ägypten - 25. Januar 2025