Ephraim auf dem Weg – 3. Das Dorf der Gemeinschaft
– Beachte: Dies ist Teil 3 von “Ephraim auf dem Weg” – Weitere Teile –
„So harmonisch dieses Dorf auch wirkt…“, Ephraim blickte mit verengten Augen auf das idyllische Dorf, das sich vor ihren Augen erstreckte. „Es hat auch seine Schattenseiten! Hab gut Acht, wem du deine Aufmerksamkeit schenkst und wem nicht…“
„Ach, was soll das, Ephraim?“ Samira schaute den Neuankömmling verärgert an. „Warum redest du so? Mirjam ist ganz neu hier. Da wäre eine etwas freundlichere Begrüßung um einiges angebrachter!“ Sie schüttelte ihren Kopf und wandte sich an Mirjam. „Komm, lass uns weiter. Solche Kommentare wollte ich dir eigentlich ersparen.“
Die beiden Frauen wandten sich von Ephraim ab und gingen einige Schritte in Richtung des Dorfes. „Herzlich Willkommen, Mirjam. Es war schön, dich kennenzulernen!“, rief Ephraim ihnen nach.
Samira hielt Mirjam am Arm und zog sie mit eiligen Schritten weg von Ephraim. „Es tut mir sehr leid, Mirjam. Wer rechnet schon damit, dass wir ihm hier und jetzt über den Weg laufen…“
Die beiden Frauen schauten nochmal zurück, doch Ephraim war bereits verschwunden.
„Es ist schon in Ordnung, Samira! Du musst dir nichts vorwerfen. Der Boden hier hat mich schon früh gelehrt, dass diese Welt hier nicht ganz perfekt ist.“ Mirjam lächelte ihre Begleiterin an. „Ich bin sehr froh, dass du da bist und schon so viel Erfahrung hast. Und ich freu mich trotz dieser seltsamen Begegnung auf dieses Dorf.“
„Das ist schön, dass du das sagst. Danke.“, sagte Samira. „Manche Leute kann man einfach nicht ändern. Ich kann mir vorstellen, dass es für dich irritierend ist, was Ephraim gesagt hat. Im Prinzip hat er sogar Recht. Es gibt tatsächlich Menschen hier im Land vor denen man sich in Acht nehmen muss. Doch jetzt am Anfang – und an meiner Seite – brauchst du dir darüber erstmal keine Gedanken zu machen.“
Mirjam dachte noch einige Augenblicke über die seltsame Begegnung mit Ephraim nach. Er wirkte nicht sehr freundlich. Und zudem war er wohl etwas zu sehr von sich selbst überzeugt. Doch sie hatte über all die Jahre gelernt, nicht zu schnell über andere zu urteilen. Oftmals hatte ihr dies geholfen, andere Menschen nicht unrechtmäßig in falsche Schubladen zu stecken.
Es dauerte nur wenige Minuten, dann hatten sie das Dorf erreicht. Spielende Kinder liefen an ihnen vorbei. Ein paar Leute, die am Straßenrand standen, schauten die beiden Frauen an und grüßten freundlich. Langsam liefen Samira und Mirjam durch die schön angelegten Straßen. Die Häuser waren urig und wirkten sehr einladend. Die Gärten waren prachtvoll angelegt und alles wirkte sehr offen.
Immer wieder sah man Menschen, die zusammenstanden und gemeinsam lachten und sich angeregt unterhielten. Viele saßen auf Picknickdecken, Bänken oder im Hof von kleinen Cafés und genossen Gebäck und Kekse. Einige waren auch alleine und in das Lesen von Büchern vertieft.
„Samira! Samira!“ eine kleine, etwas ältere Frau kam aus einem Haus herausgelaufen, das nach einem Restaurant aussah. Sie rannte auf Samira zu. „Wie schön, dass du wieder da bist! Oh, was freue ich mich, dich zu sehen!“ Die beiden umarmten sich. „Seit wann bist du hier?“
Samira freute sich mindestens genauso, die Frau zu sehen. „Schalom Anat! Ich bin eben erst angekommen. Und schau, ich habe jemanden mitgebracht: Mirjam. Sie ist ganz neu hier!“
„Ist das wahr?“ Anat nahm Mirjams Hände. „Tut mir leid, ich habe mich gar nicht vorgestellt. Sami hat meinen Namen ja eben schon gesagt. Ich bin Anat. Ihr seid bestimmt hungrig, oder? Kommt rein, gerade ist etwas ganz Besonderes fertig geworden…“
„Oh, vielen Dank. Aber wir haben uns eben erst bei Aaron im Café gestärkt.“ Doch Mirjams Antwort ließ Anat nicht zählen. „Ein bisschen geht immer! Nun auf!“ Anat zog Mirjam hinter sich her, die fragend zu Samira schaute. Doch diese lachte nur und zuckte mit den Schultern.
„Dass mir Aaron auch immer zuvor kommen muss…“, murmelte Anat vor sich her. Sie brachte die beiden hinein zu einem runden gemütlichen Tisch in der Ecke des Raumes. Es duftete herrlich. Mirjam sah sich um. Außer einer kleinen Theke gab es noch sechs andere Tische. Ein paar weitere Gäste waren ebenfalls da. Sie saßen an Tischen und nahmen genüsslich Kaffee und Kuchen zu sich.
„Wartet hier! Ich bin gleich wieder da.“ Anat ging weg und kam wenige Augenblicke später mit drei Tellern und heißem Kaffee für alle zurück. Mirjam erhielt einen warmen Apfelstrudel mit frischer Sahne. Samira bekam Käsekuchen mit Rosinen und Anat hatte Streuselkuchen mit Kirschen.
„Und!?“, Anat schaute Mirjam erwartungsvoll an. „Wie gefällt es dir hier? Wie waren deine ersten Stunden?“ Mirjam musste kurz überlegen. „Hm, ich hatte noch gar keine Zeit, es richtig zu reflektieren.“ Sie kratzte sich am kurz am Hinterkopf. „Auf der einen Seite ist es so wundervoll. Diese wunderbare Natur. Dieses faszinierende Essen. So liebe Menschen wie ihr beiden. Aber zum anderen ist vieles auch sonderbar. Es ist so… anders…“
„Ja…“, Anat lächelte Mirjam verständnisvoll an. „Jeder hier wird genau verstehen, was du meinst. Uns allen ging es so. Auch wenn schon viele verdrängt haben werden, wie man draußen auf der großen Straße leben konnte. Außer natürlich Leute wie Samira, die ständig hinausgehen.“ Anat blickte zu Samira.
„Weißt du, wem wir heute direkt über den Weg gelaufen sind?“, sagte Samira. „ Ephraim! Und wieder mal hatte er eine seiner typischen Begrüßungen auf Lager.“ Sie berichtete kurz über ihr Treffen mit Ephraim.
„Darf ich trotzdem mal fragen, welche Schattenseiten Ephraim vorhin meinte?“ sagte Mirjam.
Anat und Samira wechselten kurz Blicke. Dann antwortete Samira. „Ephraim meinte ja, man dürfe nicht jedem über den Weg trauen. Damit hat er leider Recht – zum Teil zumindest. Tatsächlich gibt es Köche, die nicht so wundervolles Essen wie Anat oder Aaron zubereiten. Manchmal schmeckt ihr Essen am Anfang sogar gut. Doch die Auswirkungen können alles andere als schön sein. Allerdings sind solche Köche nur selten hier im Dorf zu finden. Doch es gab Vorfälle. Und viele Leute, die etwas Falsches gegessen hatten, kamen anschließend mit teils starken Magenverstimmungen zu Ephraim. Ephraim hat viel Erfahrung und Wissen. Und so konnte er vielen helfen, diese Schmerzen loszuwerden. Doch auf der anderen Seite entstand auch Frust bei ihm. Er konnte nicht verstehen, dass so wenige andere helfen konnten und noch viel mehr schockierte es ihn, dass es einige gab, die sich nicht helfen lassen wollten. Sie saßen die Magenverstimmungen aus und gingen dann tatsächlich wieder zurück zu den falschen Köchen und aßen noch mehr davon. Und eines Tages passierte es…“ Samira stockte. Sie schaute an Mirjam vorbei ins Leere.
„Was passierte?“ Mirjam blickte abwechselnd von Samira zu Anat.
Anat setzte den Bericht fort: „Ephraim fiel selbst auf einen solchen falschen Koch herein. Wir wussten nicht wie es passiert ist – und vor allem war uns unbekannt, wer das Essen gekocht hatte. Die Nachricht machte schnell die Runde. Ephraim lag im Bett und ihm war elend zumute. Er ließ keinen herein. Wir sahen einen guten Freund von ihm regelmäßig hier im Dorf. Er kaufte gezielt bestimmtes Essen und wirkte sehr besorgt. Allerdings konnte keiner Informationen über Ephraim aus ihm herausbekommen. Du musst wissen, Ephraim war sehr angesehen hier im Dorf – und im Prinzip ist er es noch immer. Insofern haben sich alle große Sorgen gemacht. Und natürlich verbreitete sich große Angst, da niemand das Gleiche essen wollte wie er. Anfangs waren wir gegenüber allen Neuen und sogar gegenüber uns selbst sehr misstrauisch. Jeder wollte wissen, wer Ephraim mit einem solchen Essen fast vergiftet hatte.“
„Und hat man es herausgefunden?“ Mirjam starrte Anat ununterbrochen an. Alle drei Kuchen lagen weiterhin unberührt auf ihren Tellern.
„Ja und Nein.“, Samira berichtete weiter. „Als das Misstrauen hier größer und größer wurde und immer mehr Streitereien entstanden, stellte sich plötzlich ein junger Mann – ein wunderbarer Koch aus unserem Dorf, dem wir alle vertrauen. Völlig aufgelöst und am Boden zerstört berichtete er, wie er auf einer seiner Reisen von einem Fremden mit Essen beschenkt worden war und es, ohne darüber nachzudenken, Ephraim weitergegeben hat. Er wollte ihm mit diesem Mitbringsel eine Freude machen. Doch es ging offensichtlich nach hinten los. Später gab es dann eine große Aussöhnung zwischen ihm und Ephraim.“
„Aber wie ist Ephraim gesund geworden?“ fragte Mirjam.
„Das haben wir einem anderen Fremden zu verdanken!“ antwortete Samira. „Die Nachricht muss sich herumgesprochen haben. Wie auch immer das passierte. Eines Tages kam ein sehr alter Mann vorbei und fragte sich zum Haus von Ephraim durch. Wie hieß er doch gleich? Ach ja, Jotam. Er sah sehr unscheinbar aus, doch seine Mimik, seine Gestik und sein Reden waren liebevoll, weich und herzlich. Er verschwand in Ephraims Haus und kam nach einigen Stunden wieder heraus. Er meinte, dass Ephraim schon bald wieder wohlauf sei. Und so war es dann auch. Nach wenigen Tagen sahen wir Ephraims guten Freund und er war wie ausgewechselt: Fröhlich und erleichtert. Und doch war seitdem alles anders.“
„Was meinst du?“ Mirjam schaute Samira fragend an.
„Seit diesen Geschehnissen war Ephraim nur noch selten im Dorf. Er wirkte unruhig, oft gereizt. Und schließlich brach er ganz auf. Seitdem – so heißt es – reist er durch dieses Land, erkundet alle Ecken und Enden. Und wenn er mal hier aufkreuzt, wirbelt er Staub auf. Er berichtet von den falschen Köchen und verbreitet dadurch bei vielen Ängste.“
„Im Prinzip hat er ja auch Recht.“, ergänzte Anat. „Doch manchmal fehlt ihm etwas… hm… sagen wir Feinfühligkeit.“
„Und hat man diesen falschen Koch gefunden? Weiß man, wer das schlechte Essen gekocht hat?“, fragte Mirjam.
Anat antwortete. „Der junge Mann, der Ephraim das mitgebrachte Essen übergab, konnte keinen Namen nennen. Er beschrieb den Koch. Doch mit der Beschreibung konnten wir alle nichts anfangen. Doch ich denke, Ephraim wird sich auf die Suche nach diesem Koch gemacht haben.“
Samira und Anat blickten in Mirjams Gesicht. Sie sahen, wie es in ihr arbeitete. Dann sagte sie: „Na, da bekomme ich hier wohl einen Schnellstart, oder? Ein bisschen überfordernd ist das alles schon. Aber jetzt kann ich die Begegnung mit Ephraim wenigstens einordnen. Und diese neue Welt auch wieder ein Stück besser…“
„Weißt du, Mirjam.“, begann Anat. „Jeder lernt hier alles in einem unterschiedlichen Tempo kennen. Und Gott weiß, welche Geschwindigkeit wir vertragen. Insofern ist es kein Zufall, dass du Ephraim begegnet bist. Es gibt viele, die wachen nach einigen Wochen oder sogar Monaten auf und merken, dass diese faszinierende Welt doch nicht so perfekt ist, wie sie es am Anfang dachten. Vielleicht ist es besser, wenn man erst gar nicht ein solches Scheinbild entwickelt. Naja. Das reicht jetzt erstmal. Kommt der Kuchen ist schon fast abgekühlt. Dabei schmeckt er doch warm am besten.“
Die drei Frauen genossen Kuchen und Kaffee. Währenddessen sprachen sie über diese sonderbare Welt und Mirjams neue Freundinnen berichteten, wie sie hier in diese Welt gefunden hatten. Mirjam hatte sich selten so wohl gefühlt. Doch vor allem war sie begeistert über dieses Abenteuer. Sie war Gott so dankbar, dass Er ihre Gebete erhört hatte und sie nun so vieles Neues erkunden durfte. Auch wenn die Berichte von Ephraim und den Köchen die Begeisterung etwas milderten. Doch das war ihr egal. Es versprach, spannend zu werden und seit langem spürte sie, dass sie auf dem richtigen Weg war. Dazu kamen immer wieder die neuen biblischen Zusammenhänge, wenn sie von dem Essen hier aß.
Als Mirjam ihren Kuchen verzehrt hatte – erneut war er in Köstlichkeit nicht zu überbieten – erschien auf ihrem Teller folgende Worte: „Ich liebe Dich! Wie zeigt sich deine Liebe zu mir?“
Sie blickte auf. „Was soll das denn nun wieder bedeuten? Natürlich liebe ich Gott!“
„Darum geht es nicht.“, antwortete Anat. „Die Frage heißt doch, wie sich deine Liebe zeigt!?“
Mirjams fragender Blick wurde klarer. Der Kuchen hatte seine Wirkung nicht verfehlt. „Natürlich! Jetzt verstehe ich. Es ist genau wie zwischen Menschen. Liebe zeigt sich in Taten! Und so lieben wir Gott, indem wir es Ihm mit Taten zeigen. Stimmt’s?“
Anat nickte Mirjam lächelnd zu.
„Und wenn ich jetzt die Erklärungen von Samira von vorhin mit dazu nehme, dann heißt das wohl, dass auch die Anweisungen aus der Torah dazu gut sind!?“
„Wow, du bist wirklich ein Schnellstarter!“ Samira strahlte über das ganze Gesicht.
„Das ist wohl eher dein Kuchen, Anat!“ lachte Mirjam. „Das Essen hier bei euch ist wirklich erstaunlich. Und es ist keine Babykost!“
„Weißt du was, Mirjam! Du bist jederzeit ganz herzlich willkommen! Schau so oft wie du möchtest vorbei. Essen gibt es hier immer! Doch jetzt müsst ihr mich leider entschuldigen. Vor einigen Minuten sind Gäste gekommen und ich glaube sie wollen auch etwas vom Kuchen abhaben.“
„Vielen Dank, Anat. Ich fühle mich sehr geehrt!“ sagte Mirjam.
Samira und Mirjam tranken noch ihren Kaffee fertig und unterhielten sich über die neu erschlossenen Zusammenhänge von Gnade, Werke und Liebe.
Einige Zeit später machten sie sich auf, verabschiedeten sich herzlich von Anat und Mirjam versprach, dass sie schon bald wiederkommen würde.
„Wenn ich dir noch einen Rat geben darf.“, sagte Samira im Hinausgehen. „Versuche gerade am Anfang am besten täglich von dieser Nahrung zu essen. Das ist sehr wichtig! Aber ich glaube, bei deinem Hunger wird das kein Problem sein.“
Mirjam lächelte sie an. „Man wird ja schon fast süchtig danach, so gut schmeckt es hier! Insofern wird es wohl nicht schwer sein, jeden Tag davon zu essen. Es erinnert mich an das Manna in der Wüste. Das kam doch auch täglich, oder?“
„Ja, genau!“, antwortete Samira. „Oh, das ist ein sehr guter Hinweis. Denn morgen wird es etwas schwieriger, im Dorf Essen zu finden. Da ist Schabbat. Insofern sollten wir heute die doppelte Portion Manna sammeln.“ Samira zwinkerte Mirjam zu und sie zeigte ihr die Richtung, in die sie als nächstes gingen.
Die beiden spazierten zum kleinen Dorfladen und kauften einige Nahrungsmittel ein. Anschließend brachte Samira Mirjam zu einer kleinen Herberge. „Hier sind noch einige Zimmer frei. Es ist sehr gemütlich und nett dort. Du wirst es lieben. Und morgen früh hole ich dich wieder ab, in Ordnung?“
Es wurde schon dämmrig, so dass Samira nur für ein paar Minuten mit Mirjam in die Herberge ging, ihr alles Wichtige zeigte und sich dann verabschiedete. Nur noch kurz erkundete Mirjam ihr neues Zimmer. Es war tatsächlich sehr gemütlich eingerichtet. Alte Holzmöbel verzierten den Raum. Der Teppichboden und die Vorhänge hatten eine warme Farbe und ihr Bett wirkte überaus kuschelig.
Als sie sich setzte und anfing den Tag etwas zu reflektieren, merkte sie wie müde und erschöpft sie war. Das Laufen auf dem anspruchsvollen Untergrund und die vielen neuen Eindrücke und Erkenntnisse hatten Spuren hinterlassen. Und so dauerte es nur wenige Minuten bis Mirjam sich bettfertig machte und dort schon schnell eingeschlafen war.
Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Und sie waren nicht weniger spannend als Mirjams erster Tag in diesem neuen Land. Sie verbrachte viel Zeit mit Samira und Anat und erfreute sich an vielen köstlichen Mahlzeiten und den damit verbundenen neuen biblischen Erkenntnissen.
Sie lernte, wie sehr und stark die Bibel von dem Gesetz Gottes schwärmt. Sie erlebte ihren ersten Schabbat und verstand die Zusammenhänge mit Yeshua. Vor allem dass dieser eben nicht das Gesetz aufgelöst hatte.
Nach einigen Tagen passierte es immer häufiger, dass sich Mirjam auch alleine im Dorf aufhielt. Sie aß bei Anat oder in einem der anderen gemütlichen Restaurants. Sie genoss die herrliche Speise und las wie so viele andere im Dorf rund um die Uhr in der Bibel, um die ganzen neuen Erkenntnisse einzuordnen und nachzulesen. Die Stimmung im Dorf war wunderschön. Die Leute waren zuvorkommend, machten sich gegenseitig Geschenke – meistens war es Gebäck von einem der Dorfbäcker – und erzählten einander, wie sie durch die unscheinbare Tür hier in dieses Dorf der Gemeinschaft gekommen waren.
Samira traf sie auch weiterhin regelmäßig. Aber da diese häufiger zurück auf die große Straße ging, wurden diese Begegnungen weniger. Samiras Leidenschaft war, noch mehr Menschen von diesem köstlichen Essen anzubieten. Und mit ihrer wundervollen Art hatte sie viel Erfolg dabei.
Einmal begleitete Mirjam sie sogar. Doch es frustrierte sie, dass sie von den meisten Menschen ignoriert wurde oder dass diese schon bei den ersten Worten abwinkten. Das ein oder andere Mal kam sie mit Passanten ins Gespräch, doch vom Angebot von dem Essen zu probieren machte niemand Gebrauch. Samira konnte gut mit solcher Ablehnung umgehen. Häufig genug hatte sie solche Erlebnisse gehabt und ihr strahlendes Gemüt schien wie ein Schutzschild gegen solche entmutigenden Situationen zu sein. Doch Mirjam spürte, dass es im Moment nicht das richtige für sie war. Zu neu und zu spannend war alles im Torah-Land – so hatte sie die andere Seite der Tür mittlerweile getauft –, so dass sie ihre Zeit lieber im Dorf verbrachte und sich dort mit den Leuten unterhielt und von den vielen wunderbaren Speisen aß. Immer besser verstand sie Zusammenhänge aus der Bibel.
Doch nach wenigen Wochen veränderte sich etwas in ihr. Sie konnte nicht beschreiben, was es genau war. Das Dorf der Gemeinschaft war wunderschön und spannend, aber irgendwie wurde sie innerlich unruhig. Mirjam verstand sich selbst nicht.
An einem Nachmittag schlenderte sie durch die gemütlichen Gassen des Dorfes und kam ohne es bewusst als Ziel gehabt zu haben zu einem Café, in dem sie schon einige Male war und das sie sehr mochte. Die Tische waren schon alle besetzt, so dass sie beschloss, eine Frau zu fragen, die allein an einem der Tische saß, ob sie ihr Gesellschaft leisten dürfte.
„Aber klar gerne! Setz dich! Ich heiße Rut!“, sagte sie mit einem strahlenden Lächeln.
Mirjam war gewöhnt, dass die Leute im Dorf offen und freundlich waren. Aber trotzdem war sie von der herzlichen Art Ruts überrascht. Es freute und berührte sie sehr. „Ich heiße Mirjam. Bist du schon lange hier im Dorf?“
„Hm, ich weiß nicht recht.“ Rut lachte. „So richtig kann ich noch nicht einschätzen, was in diesem Land genau lange heißt. Es sind erst wenige Wochen, aber mir kommt es so vor, als wäre es eine Ewigkeit!“
„Oh, ja. Ich weiß ganz genau, was du meinst!“ antwortete Mirjam.
Die beiden unterhielten sich über ihre Erlebnisse und die Zeit verging wie im Flug. Mirjam merkte, dass sie genau auf einer Wellenlänge lagen. Auch Rut wollte immer mehr und hat nie aufgehört zu forschen. Sie sog hier im Torah-Land alles auf und konnte nicht genug bekommen.
„Übrigens, ist dir das auch schon aufgefallen?“ fragte Rut. „Es kommen ja ständig Neue hier ins Dorf. Aber das Dorf wird gar nicht voller!“
„Stimmt… jetzt wo du es sagst!“ Mirjam schaute sie irritiert an. „Wie kommt das? Ist das wiedermal so eine Eigenart dieser Welt?“
Rut lächelte. „Ja, das dachte ich auch die ganze Zeit. Aber ich habe das Gefühl, dass es viele gibt, die irgendwann nicht mehr im Dorf sind. Manche sind nur den Tag über weg und kommen dann am Abend wieder. Aber eine ganze Reihe von Menschen habe ich schon längere Zeit nicht mehr gesehen. Ich weiß nicht, wo sie hin sind.“
„Meinst du, mit ihnen ist irgendwas passiert?“ Mirjam schaute etwas erschrocken.
„Nein! Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich glaube viel eher, dass sie das Land erkunden. Ihnen wird es hier zu langweilig und machen sich auf. Und weißt du was!? Ich spüre in mir auch so eine Unruhe. Das Dorf der Gemeinschaft ist schön und nett. Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass es außerhalb noch eine Menge mehr zu entdecken gibt.“
„Ja! Genau das ist es!“ Mirjam spürte, wie Rut den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. „Das Gleiche verspüre ich auch. Es ist der innere Miriam-Antrieb, der immer mehr und immer weiter will!“
Die beiden waren jetzt Feuer und Flamme.
„OK. Sehr gut. Dann starten wir eine Erkundungsreise! Hast du eine Idee, wie wir vorgehen? In welche Richtung sollen wir?“, fragte Rut.
„Vielleicht kann ich euch da behilflich sein!?“ Ein Mann am Nachbartisch hatte sich zu ihnen gewandt. „Es tut mir sehr leid. Ich wollte euch nicht belauschen. Aber seit ein paar Minuten redet ihr um einiges lauter als zuvor und da war es mir unmöglich, euer Gespräch nicht mit anzuhören!“
Ruts Begeisterung und Freude tat das keinen Abbruch. „Kein Problem! Es war ja nichts Geheimes. Aber was meinen sie? Wie sollten sie uns helfen können?“
„Ich glaube. Am besten stelle ich mich erstmal vor. Ich heiße Nadav und kenne die Umgebung sehr gut. Schon oft habe ich mit Leuten aus dem Dorf Ausflüge gemacht. Und morgen wollte ich wieder eine kleine Tagestour machen. Wenn ihr Lust habt, könnt ihr sehr gerne mitkommen!“
Mirjam überlegte kurz, ob man diesem Mann trauen konnte. Doch seine offene und herzliche Art verstärkten ihren Eindruck, dass er ein guter und zuverlässiger Führer sein würde.
Die beiden Frauen schauten sich an und nickten einander zu.
„Ja, klar. Wir kommen gerne mit!“
…
Schon bald erscheint Teil 4.
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