Jom Kippur und die Bedeutung von Sünde
Jom Kippur ist der Tag, an dem YHWH Israel die Sünde und die daraus resultierende Schuld komplett und kollektiv vergibt. Gott kann die Sünde nicht ausstehen, weshalb er sie nicht an seiner Braut sehen will.
Für uns soll das Fest ein Anlass sein, uns einmal die Bedeutung von Sünde aus einer antiken hebräischen Sicht vor Augen zu führen.
Die paläohebräische Schrift
Die modernen hebräischen Schriftzeichen haben sich aus einer Art Piktogrammschrift entwickelt. Diese Piktogrammschrift des Hebräischen nennt man auch Paläohebräisch. Alte Schriftzeichen, welche in der Nähe des biblischen Berges Sinai bzw. auf der arabischen Halbinsel gefunden wurden, weisen diesen Piktogramm-Stil auf. Demnach ist das Paläohebräisch wohl auch die Schrift, die Mose verwendete, als er die Torah schrieb.
Nun ist es so, dass jedem paläohebräischen Buchstaben mindestens eine Bedeutung zugeordnet werden kann. Oft sind es aber auch mehrere mögliche Bedeutungen.
Nehmen wir als Beispiel den Buchstaben Alef. Dieser hatte ursprünglich die Form eines Stierkopfes. Hinter dem Bild eines Stierkopfes können verschiedene Ideen stehen.
So kann der Buchstabe Alef als erster Buchstabe des Alphabets für einen (An-)Führer oder einen Obersten stehen. Der Stier drückt aber auch Stärke, Kraft oder Macht aus. Er kann aber auch für Gott stehen, da der Allmächtige all diese Eigenschaften in sich vereint.
Die Sünde und das Paläohebräisch
Wenn wir das hebräische Wort für Sünde mithilfe der paläohebräischen Schriftzeichen analysieren, finden wir interessante Konzepte.
Das hebräische Wort für Sünde lautet chatat, wobei chata die Wurzel ist. Diese Wurzel setzt sich aus den unten stehenden drei Buchstaben zusammen. In der Klammer befindet sich eine Beschreibung des jeweiligen Piktogramms. Manchmal gibt es mehrere Möglichkeiten:
Chet (Zaun, Mauer, Grenze)
Teth (Schlange, manchmal auch ein Korb oder Behältnis)
Alef (Stierkopf)
Im Paläohebräischen hätten wir in Leserichtung folgende Abfolge: Zaun – Schlange – Stierkopf.
Wenn wir diese Abfolge nun zu einem Satz zusammensetzen würden, dann könnten wir die Bedeutung von Sünde auch so ausdrücken:
Sünde ist, wenn wir die Grenze zu dem Reich überschreiten, in dem die Schlange Gott/Führer ist.
Jom Kippur und die Umkehr von Sünde
Da Jom Kippur ja auch der Tag der Umkehr von Sünde ist, sollten wir die Bedeutung von Buße bzw. Umkehr auch im paläohebräischen Wort für Sünde erkennen können.
Lesen wir dafür das Wort chata einmal gegen die Leserichtung und es ergibt sich folgender Sinn:
Der Führer wird in einem Behälter zurück zur Grenze geführt.
Der Führer in diesem Fall könnte das störrische Ich bzw. der fleischlich gesinnte Mensch sein. Der Behälter oder der Korb wäre unser Leib. Und die Grenze ist die Grenze zum Reich Gottes, die der Hebräer (wörtlich: der Hinübergehende) überschreiten muss.
Nur indem wir unser rebellisches und sündiges Ich durch den Geist Gottes zähmen, können wir das Reich der Himmel erben. Und diese Zähmung geschieht in der Zeit, die wir auf der Erde in einem fleischlichen Leib verbringen.
An Jom Kippur sollten wir uns erneut darauf besinnen, dass wir es sind, die Korrektur und Zähmung brauchen – genau wie ein wilder Stier. Indem wir uns vor Gott demütigen, wie es uns verheißen ist (Vgl. 3. Mose 16,29-31), bekennen wir auch, dass wir gesündigt haben und Gottes Korrektur dringend brauchen.
Ich wünsche uns allen ein intensives und gesegnetes Jom Kippur!
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