Chag haSukkot – das Laubhüttenfest, Teil 1
von Matthias Anderson
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Hier können Sie nachlesen, welche feierlichen Bestandteile es zum (Laub-) Hüttenfest – Sukkot gibt und welche traditionellen Aspekte es zurzeit des Tempels vor 2000 Jahren gab. Denn ohne diese Hintergründe bleiben viele Aussagen Jeschuas unverständlich.
Hier die biblischen Bezüge dazu:
- – 3. Mo. 23, 33-36:
33 Der Ewige redete zu Mosche:
34 Sage den Kindern Israels: ‚Am fünfzehnten Tag dieses siebten Monats ist das Fest der (Laub-)Hütten – חַג הַסֻּכּוֹת chag-haSukkot, sieben Tage für den Ewigen.
35 Am ersten Tag soll eine heilige Versammlung/Einberufung – מִקְרָא-קֹדֶשׁ mikra-kodesch sein, keinerlei Dienstarbeit sollt ihr verrichten.
36 Sieben Tage sollt ihr dem Ewigen ein Feueropfer darbringen. Am achten Tag soll für euch eine heilige Versammlung/Einberufung – מִקְרָא-קֹדֶשׁ mikra-kodesch stattfinden, und ihr sollt dem Ewigen ein Feueropfer darbringen: es ist eine Schlußversammlung – עֲצֶרֶת azeret, an welcher ihr keinerlei Dienstarbeit verrichten sollt.
- – 2. Mo. 23, 14+16b:
14 dreimal im Jahr sollst du mir ein Fest feiern.
16b das Fest des Einsammelns – חַג הַקָּצִיר chag-haKazir am Ende des Jahres, wenn du deinen Arbeitsertrag vom Feld einsammelst.
= 7 Tage soll Israel Gott das ‚Fest der Hütten‘, vom 15.-21. Tag des siebten Monats Tischri, feiern. Auch der achte Tag, der 22. Tischri, soll für Israel zusätzlich als eine Art „Abschluß-Versammlung“ – azeret einberufen werden.
Es ist eine ereignisreiche Zeit im jüdischen Kalender, beginnend mit dem ersten Schofarton an ‚rosch-haSchana‘ (1. Tischri), danach der Jom Kippur (= Versöhnungstag, 10. Tischri)), darauf die 7 Tage Sukkot bis zu ‚Simchat-Tora‘ (15. bis 22. Tischri). Das alles findet im siebten Monat Tischri statt. Die darin liegenden Feiertage erinnern nicht nur an die Vergangenheit, sondern weisen auf eine spannende Zukunft hin.
- – das Aufrichten von Hütten – sukkot
Die sukka – סֻכָּה (= Hütte) während des siebentägigen Festes steht als das elementarste Symbol für die 40-jährige Wanderschaft in der Wüste, nachdem das Volk von Mosche durch den Willen Gottes aus ägyptischer Gefangenschaft befreit wurde. Die sukka befindet sich entweder im Garten, auf dem Hof oder auch auf dem Balkon, Hauptsache sie steht unter freiem Himmel. Gläubige Familien essen und übernachten in der sukka.
Das Aufbauen der Hütte soll den Gläubigen auch daran erinnern, dass sich der Mensch auf Materielles in der Welt nicht verlassen kann und es jederzeit verloren gehen kann. Gott hingegen ist unvergänglich – so kann ihm vertraut werden.
In den Tagen nach Jom Kippur bis zu Beginn am Vorabend des 15. Tischri wird eine sukka aufgebaut, was auf eine Anordnung Gottes in der Tora zurück geht. Dort steht in 3. Mose 23, 42-43 geschrieben:
„Alles Volk von Israel im ganzen Land soll während der sieben Tage in sukkot = Hütten wohnen. Eure Nachkommen in allen künftigen Generationen sollen daran erinnert werden, dass ich, der Ewige, das Volk Israel einst auf dem Weg von Ägypten in sein Land in Hütten wohnen ließ. Ich bin der Ewige, euer Gott!“.
Die „sukka“ – סֻכָּה (= Laub-Hütte) ist eine provisorische Hütte, deren Rahmen aus Latten errichtet wird. Das freie Dach wird dann mit Zweigen und Blättern bedeckt, aber so dass Lücken durch das Blätterdach nachts die Sterne am Himmelszelt das Auge sehen können. In Israel werden meistens Palmenzweige zur Abdeckung verwendet, während in der Diaspora wie u. a. in Deutschland die Dächer mit allerlei Laub- und Nadelzweigen bedeckt werden, weshalb in der deutschen Sprache sukkot die gängige Übersetzung zu „Laub-Hüttenfest“ erhalten hat. In großen Wohnblocks kann es Gemeinschaftshütten für alle geben. Innen werden die Hütten mit allerlei Festschmuck sowohl von den Decken als auch an den Wänden dekoriert.
Es ist Brauch, dass während der ganzen Sukkot-Woche die Familien ihre Mahlzeiten in der sukka einnehmen. Darin wird gefeiert als auch gebetet. Manche, vor allem Kinder, schlafen auch in der Hütte.
- – ‚arba’at-haMinim‘ = der Gebetsstrauß (‚Lulav‘) mit den „4 Arten“ von Zweigen
Im Zusammenhang mit dem Sukkotfest ist neben der sukka das wichtigste Element ein „Gebetsstrauß“, der die Zweige der sog. „vier Arten“, auf Hebräisch ‚arba’at-haMinim‘ – ארבעת המינים beinhaltet. Dieser Strauß wird meist einfach nur „lulav“ genannt, weil der Lulav-Zweig, ein geschlossener Palmzweig, der hervorragendste Zweig im Strauß ist.
Wir lesen dazu die folgenden Verse aus der Tora – 3. Mose 23, 40ff
„Am ersten Tag des Festes nehmt die Früchte des „prächtigen“ (hadar) Baumes – פְּרִי עֵץ הָדָר pri etz-hadar (= etrog – אתרוג), dazu Palmwedel –כַּפֹּת תְּמָרִים kapot-tmarim (= lulav – לולב), Zweige von dicht belaubten Bäumen – עֲנַף עֵץ-עָבֹת anaf etz-avot (= hadassim/Myrthen – הדסים) und von Bachweiden –עַרְבֵי-נָחַל arvej-nachal (aravot – ערבות) und seid sieben Tage lang vor dem Ewigen, eurem Gott, fröhlich! Eure Nachkommen in allen künftigen Generationen sollen daran erinnert werden, dass ich, der Ewige, das Volk Israel einst auf dem Weg von Ägypten in sein Land in Hütten – סֻּכֹּת sukkot wohnen ließ. Ich bin der Ewige, euer Gott! Alle diese Anweisungen für die Festzeiten des Ewigen – מֹעֲדֵי יְהוָה mo’adej Adonaj gab Mosche dem Volk weiter.“
Bei den „vier Arten“ handelt es sich also um die folgenden Zweige:
lulav – בלול = 1 geschlossener Palmwedel = zugleich der Name für den ganzen Feststrauß
hadass(im) – הדסים= 3 Myrtenzweige
arava/ot – ערבות = 2 Weidenzweige und
etrog – אתרוג = 1 große Zitrusfrucht (Zitronatzitrone)
So wie die Hütten, so sollen auch diese Festzweige das Volk Israel an die Wüstenwanderung erinnern:
Die Palmzweige (kapot-tmarim) erinnern z. B. an die Raststation in ‚Elim‘, wo es 12 Brunnen und 70 Palmbäume gab (2. Mo. 15, 27).
Die Zweige der Bachweiden (aravot) wachsen am Ufer des Jordan, besonders bei Jericho. Sie erinnern Israel an das Ende ihrer Wüstenwanderung.
Die Myrten (hadassim) symbolisieren das verheißene Land: Während die Kanaaniter meist in den Tälern wohnten, mussten die Israeliten anfangs auf den Hügeln siedeln, was mit schweren Rodungsarbeiten verbunden war.
Die Zitrusfrucht (pri etz-hadar) erinnert daran, dass durch diese schwierige Wanderung Israel zu einer „prächtigen Frucht“ herangereift ist, also von Gott geheiligt wurde.
Wir können festhalten: Israels Wüstenwanderung ist das Gleichnis für jeden Gläubigen durch alle Generationen hindurch bis in unsere Zeit heute, für jeden, der sich durch den Heiligen Geist vom Ewigen in seinem Leben führen lässt: Der Ewige führt uns durch Schwierigkeiten hindurch im ganzen Leben (= Wüstenwanderung), aber seine Freundlichkeiten schenkt er uns ständig zwischendurch (= Elim, Palmzweige). Wir werden erinnert, dass er uns auch ans Ziel bringen wird, so wie er Israel ans Ziel des verheißenen Landes gebracht hat (= Weidenzweige/aravot). Das Ziel ist mit der Einnahme des Landes verbunden (Myrten/hadassim). Alle Schwierigkeiten, Leiden, Ängste und Befürchtungen, die in unserem Leben stattfinden, sollen uns lehren und in uns prächtige und herrliche Früchte heranreifen lassen (Zitrusfrucht/pri etz-hadar).
Allerdings wird die Symbolik der „arba’at-haMinim“ in der jüdischen Welt anders ausgelegt wie folgt:
Die „vier Arten“ weisen auf die Bedeutsamkeit der Einheit des jüdischen Volkes hin. So wie jede Pflanze einzigartig in ihrer Form und Bestimmung ist, so gibt es auch die verschiedensten Charaktere im Volk Israel, die aber erst zusammen eine einzigartige, lebendige und lebensfähige Gemeinschaft bilden. Diesen Gedanken finden wir in Pesikta Rabati 51,2 wunderbar formuliert:
„Gleichwie die Zitrusfrucht (etrog) sowohl Geschmack hat als auch einen lieblichen Geruch,
so gibt es in Israel Menschen, die sowohl gelehrt sind als auch ihren Glauben praktisch anwenden.
Gleichwie die Früchte des Palmzweigs (lulav) zwar Geschmack haben, aber geruchlos sind,
so gibt es in Israel Menschen, die zwar gelehrt sind, aber ihren Glauben nicht ausleben.
Wie die Myrtenzweige (hadassim) zwar einen lieblichen Geruch haben, aber ungenießbar sind,
so gibt es Menschen, die gute Werke tun, aber keinerlei Gelehrsamkeit besitzen.
Wie die Weidenzweige (aravot) weder essbar sind noch einen angenehmen Geruch verbreiten,
so gibt es Menschen, die weder gelehrt sind noch gute Werke verrichten.
„Gott – die Heiligkeit Gottes sei gepriesen – sagt: Damit Israel nicht untergeht, lasst sie alle zusammengebunden sein, wie die Pflanzen zu einem Bund zusammengebunden sind, so dass die Gerechten unter ihnen für die anderen Sühne bewirken.“
Die „vier Arten“ (arba‘at-haMinim) werden einmal täglich (außer am Schabbat) zu den Morgengottesdiensten beim Gebet in die 6 Himmelsrichtungen „geschüttelt“: in alle vier Himmelsrichtungen, danach nach oben und nach unten. Während des Schüttelns wird ein Segensspruch rezitiert:
ברוך אתה יי, אלהינו מלך העלם אשר קדשנו במצותין וצונו על נטילת לולב
baruch ata Adonaj, elohejnu melech haOlam ascher kidschanu beMizwotaw weZiwanu al netilat-lulav!
Gesegnet seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der uns mit seinen Geboten geheiligt hat und uns befohlen hat, den Lulav(-Strauß) zu heben (schütteln).
- – hoschana rabba – הוֹשַׁעְנָא רַבָּא
Dieses Bild (unten) greift eine besondere Tradition heraus: Jeder – kohanim, Leviten und Israeliten – umkreisten einmal den Altar an jedem Tag von Sukkot, nur am siebten Tag, der ‚hoschana raba‘ genannt wird, wurde der Altar sieben Mal umrundet. Obwohl für Nicht-Kohanim es generell verboten war zwischen Altar und Heiligtum zu sein, wurde dieses Verbot für die Ausführung der hakafot – הקפות (Umkreisungen) aufgehoben.
Gemäß der Mischna (Sukka 4,5) wurden zu Zeiten des Tempels riesige Weidenruten um den Altar gelegt. Eine festliche Umrundung des Altars erfolgte, zu der die Gläubigen dann einen Vers aus den Psalmen vortrugen:
כה אָנָּא יְהוָה הוֹשִׁיעָה נָּא אָנָּא יְהוָה הַצְלִיחָה נָּא:
„ana Adonaj, hoschia-na! Ana Adonaj hazlicha-na!– Ewiger, errette uns doch! Bitte, Ewiger, lass gelingen!“ (Psalm 118,25).
Die Priester trugen die Palm- oder Weidenzweige in ihren Händen. Die ganze Prozession sollte Freude und Dankbarkeit für ein gesegnetes und fruchtbares Jahr demonstrieren.
Außerdem sollten die sieben hakafot – Umkreisungen symbolisch die eisernen Mauer niederreißen, die das Volk vom himmlischen Vater trennen, gleich den Mauern Jerichos, die vom Volk umrundet wurde, „und sie fielen nieder“ (Jos. 6, 20). Ebenso entsprechen diese 7 Umrundungen den 7 Worten aus Ps. 26, 6: „Ich wasche meine Hände in Reinheit und umkreise deinen Altar, oh Ewiger!“
goldene Bottiche für die aravot (Weidenzweige)
Dieses Bild zeigt die Szene eines Schabbats, in welcher Männer im Vorhof des Tempels jene Weidenzweige auswählten, die am vorherigen Tag dort in mit Wasser angefüllten goldenen Bottichen deponiert worden waren, um die Zweige so frisch zu halten. Neu geschlagenen Zweige wurden jeden Tag für Sukkot von Moza, einer Ortschaft westlich von Jerusalem gelegen, zum Tempel gebracht – ausgenommen am Schabbat. Früh am Morgen des Schabbat kam dann die Versammlung in den Tempel für das morgendliche Tamidopfer zusammen, und sie nahmen dann diese Weidenzweige, um mit diesen den Altar zu umrunden.
Die Weidenzweige – arawot von Moza
Die Mischna beschreibt uns in Sukka 4, 5 wie große Weidenstämme an jedem Tag vom Sukkotfest zum Tempel gebracht wurden. Das Gemälde zeigt wie die Bewohner von Moza, einer Ortschaft nahe Jerusalems, und die Angestellten des bejt-dins Weidenstämme und -äste abhauen und diese auf Wagen beladen, die dann zum Tempel befördert wurden. (Im Hintergrund sieht man die Ortschaft Moza, und dazu Jerusalem westlich.)
Denn die Mischna bestätigt uns: Es gab einen hervorragenden Ort im Tal unterhalb Jerusalems, der sich Moza nannte. Das bejt-din entsandte Leute dorthin, die die großen Weidenäste, die als ‚murbijot’ bekannt waren, abhauten. Sie dienten dazu, den Altar zu schmücken. Zahlreiche solcher Zweige wurden benötigt, um den Bedürfnissen der vielen Besucher zum heiligen Tempel nachzukommen.
der Brauch des Schlagens der Weidenzweige auf den Boden
Auf diesem Bild sehen wir wie die Pilger die Weidenzweige auf den Boden des Vorhofes schlugen. Dieser Brauch datiert sich zurück auf die Propheten. Die Mischna bestätigt, dass diese Zweige „auf den Boden neben dem Altar“ geschlagen wurden. Auch Maimonides (Lulav 7, 22) beschreibt, dass der zeitgenössische Brauch im Andenken an den Tempel gelehnt ist: „Man nimmt einen Weidenzweig oder mehrere von ihnen – nicht aus dem Lulavstrauß – und schlägt diese zwei- oder dreimal auf den Erdboden. Das ist als Brauch der Propheten übernommen worden.“
Dies erinnert an die Zeit des Tempels, als die Kohanim mit Lobliedern an jedem Sukkottag einmal, am hoschana raba jedoch siebenmal freudig um den Altar gingen.
In Erinnerung an dieses Tempelritual wurde es Brauch in den Synagogen jeden Tag während der Sukkottage eine Umkreisungsprozession um das Lesepult, die ‚bima‘, zu vollziehen. Diese wird auf Hebräisch ‚hakafa‘ – הקפה (= Umkreisung) genannt. Dabei hält man den Feststrauß ‚lulav‘ mit der ‚etrog‘-Frucht in den Händen und es wird ein besonderes Gebet – das „hoschi-ana“ – aus Ps. 118, 25 gesprochen:
כה אָנָּא יְהוָה הוֹשִׁיעָה נָּא אָנָּא יְהוָה הַצְלִיחָה נָּא:
ana Adonaj, hoschija na = „bitte Ewiger, errette uns doch!“ ana Adonaj, hazlicha na = „bitte Ewiger, lass doch gelingen!“
Weil am letzten Tag, dem siebten Tag von Sukkot (am 21. Tischri), die hakafot – הקפות (Umkreisung) beim Festgottesdienst siebenmal um die „bima“ (Lesepult für die Tora) stattfinden und weil dazu die hoschanot-Gebete um Erlösung siebenmal gesprochen werden, darum nennt sich dieser Tag auf aramäisch „hoschana raba“ – הוֹשַׁעְנָא רַבָּא= „großes Hosianna/hoschana“.
an der Stelle des Gebetes, wo man um die Antwort Elohims mit ‚ta’ane emunim‘ bittet, wird der Lulav-Strauß zusammen mit der Etrog-Frucht bei Seite gelegt. Stattdessen wird ein sog. hoschana-Strauß, bestehend aus 5 Weidenzweigen (arawot), in die Hand genommen. Nach Zurückstellung der Torarollen in den aron-haKodesch (Toraschrank), wird der hoschana-Strauß schließlich zwei- oder dreimal auf den Erdboden geschlagen.
Die übliche Erklärung hierfür ist, dass diese Handlung eine symbolische Bitte um Regen darstellt, damit es eine ertragreiche Ernte im kommenden Jahr geben möge. Der Weidenbaum kann ohne Wasser nicht gedeihen. Durch das Schlagen der Zweige auf den Boden, fallen die Blätter ab, was auch als Symbol der Eliminierung der Sünden gilt.
Ab jetzt werden auch täglich Gebete (im Sidur, dem Gebetsbuch) um Wasser und Regen gesprochen.
Hinter all diesen symbolischen Handlungen steht die Überzeugung, dass zu hoschana raba Gott über das Wasser bestimmt: An diesem Tag teilt er der Menschheit Wasser zu. Da Wasser lebensnotwendig ist, weiß man sich an diesem Tag besonders von Gott abhängig und verbringt ihn in einer reumütigen und demütigen Haltung im Gebet vor Gott. Das Wasser verkörpert mehrere Konzepte: Tora, Weisheit (lebendiges Wasser), Reinheit, Reinigung, Bereinigung von Sünden und Umkehr, an denen wir ohne Gottes Hilfe nicht teilhaben können.
Der Sohar, das bedeutendste Schriftwerk der Kabbala, beschreibt hoschana raba als einen Gerichtstag, ähnlich Jom Kippur. Es wurde erklärt, dass gemäß dieser Vorstellung an diesem Tag das göttliche Urteil eines jeden Menschen für das kommende Jahr gefällt wird: Zu Rosch-haSchana (Neujahr) wird das Urteil geschrieben und es wird zu Jom Kippur (Versöhnungstag) besiegelt und dem göttlichen Gericht übergeben. Doch diese Klageschrift mit dem Gerichtsurteil wird erst am Tag von hoschan raba endgültig rechtskräftig. Im Bewusstsein dieses Gerichtstages der eigenen Erlösungsbedürftigkeit bleiben die Gläubigen die ganze Nacht über wach, lernen Tora und lesen Psalmen.
Die Ausrichtung, die Heiligkeit des Tages und der Gottesdienst sind vergleichbar mit der Heiligkeit und dem Gottesdienst von Jom Kippur. Noch einmal erschallt der Ruf um Vergebung. Bei Gott wurde am Jom haKippurim bereits alles erfüllt, doch für den Menschen gibt es noch diese eine allerletzte Chance: An hoschana raba können die Urteilssprüche vom Jom-haKippurim noch bevor sie endgültig versiegelt werden, eine Veränderung erfahren. Diese letzte Gelegenheit räumt hoschana raba ein, an diesem Tag wird die Sühne vollendet und die drei Bücher geschlossen. Es liegen zehn Tage zwischen rosch-haSchana und Jom Kippur, und ebenfalls zehn Tage zwischen Jom Kippur und hoschana raba.
- das Schlachten von 70 Stiere
In 4. Mose 29, 12-34 hatte Gott Israel befohlen, während der sieben Tage des Hüttenfestes insgesamt 70 Stiere als ein besonderes Opfer im Tempel darzubringen:
am 1. Tag = 13 Stiere; am 2. Tag = 12 Stiere; am 3. Tag = 11 Stiere; am 4. Tag = 10 Stiere; am 5. Tag = 9 Stiere; am 6. Tag = 8 Stiere; am 7. Tag = 7 Stiere: 14+13+12+11+10+9+8+7= insgesamt 70 Stiere.
Die Weisen Israels sahen darin eine Verbindung zur Priesterrolle Israels, für die gesamte Menschheitsfamilie zu beten, die nach Angaben der Bibel aus 70 Nationen bestand.