Menschsein und Musikinstrument – eine Analogie(ein von Martin Schleske inspirierter Beitrag von Michael)

Deshalb beten wir auch allezeit für euch, dass unser Elohim euch der Berufung würdig
mache und alles Wohlgefallen der Güte und das Werk des Glaubens in Kraft zur Erfüllung
bringe, damit der Name unseres Herrn Jeschua der Messias in euch verherrlicht werde
und ihr in ihm, gemäß der Gnade unseres Elohims und des Herrn Jeschua der Messias.
(1Thess 1,11-12)
Vor ca. einem Jahr gab mir ein guter Freund einen (ansonsten selten geschehenden)
Buchtipp von Martin Schleske, einem Instrumentenbauer (von Streichinstrumenten) und
gläubigen Christen bzw. Nachfolger Jesu (Jeschuas) aus Landsberg am Lech. Ich habe
selten so tiefgehende und den Glauben herausfordernde Gedanken gelesen wie bei ihm.
Aus seiner tiefen und langjährigen Beziehung zu Gott (Elohim) und seiner beruflichen
Tätigkeit hat er im Lauf der Jahre wertvolle Analogien, Gleichnisse und Erkenntnisse
geschenkt bekommen. Das hat mich zu folgenden Gedanken angeregt, die ich mit drei
Aufforderungen verbinden werde:
- Lass dich (be)rufen
- Lass dich formen
- Lass dich spielen
Lass dich (be)rufen
Und ich hörte die Stimme des Herrn (hebr. Adonai) fragen: Wen soll ich senden, und wer
wird für uns gehen? Da sprach ich: Hier bin ich, sende mich! (Jes 6,8)
Bevor ein Streichinstrument gebaut werden kann, muss zunächst ein geeignetes Holz
gefunden werden. Dabei handelt es sich nicht um ein x-beliebiges Holz, sondern um
Klangholz, auch Ton- oder Resonanzholz genannt. Dieses Holz stammt von Bäumen, die
in Hochlagen unter widrigen Bedingungen und deshalb langsam gewachsen sind.
Hanglage, heftige Wetterbedingungen und Stürme haben sie zu dem Besonderen
gemacht, was sie sind. Aber selbst von diesen Bäumen sind nur eine Auswahl „klingende
Bäume“ und zum Instrumentenbau geeignet. Ein guter Instrumentenbauer erkennt die
besten Klanghölzer und wählt sie passend für das, was daraus werden soll, aus.
So ist es auch im Leben eines Menschen. Jeder hat seine Geschichte, die er mitbringt und
die ihn geformt hat. Diese Lebensgeschichte beinhaltet in irgendeiner Form auch Leid,
Schmerz, Verletzungen und Enttäuschungen. Das Leben ist kein Ponyhof, heißt es. Oft
hat es Hanglage und muss durch Stürme des Lebens. All diese Einwirkungen und
Erfahrungen haben einen Menschen aber zu dem Menschen gemacht, der er heute ist. Oft
denken wir, dass ein sorgenfreies, glattes, immer optimal versorgtes und behütetes Leben
erstrebenswert sei. Aber genau das Gegenteil macht ihn zu einem besonderen und für
Elohim wertvollen Menschen, aus dem Er ein wunderbares Instrument formen will.
Deshalb ist es so wichtig, dass wir unseren Lebensweg annehmen und uns mit ihm
befrieden, wie beschwerlich er auch gewesen sein mag und egal, wer oder was da
hineingewirkt hat. Und vielleicht können wir irgendwann erkennen, wozu es gedient hat.
Unser Vater im Himmel weiß, wer wir sind. Und deshalb weiß er auch, wen Er da ruft und
zu was Er uns (be)rufen will. Ich bin mir sicher: Er freut sich über ein „Hier bin ich“, das
aus ganzem und liebendem Herzen kommt.
Lass dich formen
Wir alle aber, indem wir mit unverhülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauen
wie in einem Spiegel, werden verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit,
nämlich vom Geist des Herrn. (2Kor 3,18)
Natürlich wurde der Baum durch seine Lebensbedingungen geformt, was die Struktur
seines Holzes angeht. Aber jetzt geht es einen Schritt weiter: Aus den aus seinem Holz
geschnittenen Klanghölzern soll ein Instrument geformt werden. Zuerst kommt die grobe
Arbeit, das Zuschneiden für die Deckenseiten und die gröberen Hobelarbeiten für die
Grundformen. Dann kommt die Feinarbeit, die mit viel Feingefühl und gut geschärften und
leicht zu führenden Werkzeugen ausgeführt wird. Jedes Klangholz ist individuell und hat
seine Struktur und Phasenverläufe. Um die optimale Resonanzfähigkeit zu erzeugen,
werden diese Phasenverläufe berücksichtigt. Der Geigenbauer führt entsprechend seine
Hand, oder wie Martin Schleske es formuliert, lässt er seine Hand vom Holz führen. Er
arbeitet nicht gegen die Struktur des Holzes, sondern mit ihr. Es darf nicht zu wenig, aber
auch nicht zu viel vom Holz weggenommen werden. Jedes Instrument ist ein Unikat und
keine Massenware, die am Fließband hergestellt werden könnte, eben echte Handarbeit,
liebevoll, leidenschaftlich und meisterlich ausgeführt.
So bearbeitet uns der Vater auf der Grundlage unseres bisherigen Lebens und unserer
Phasenverläufe. Nicht mit Gewalt will Er uns formen, sondern mit unserem Einverständnis,
indem wir Ihm das Recht geben, uns zu einem Meisterinstrument zu machen. Dazu
gehören auch gröbere Aspekte, die im Leben abgeschnitten und vorbereitet werden
müssen. Das kann für uns schmerzhaft sein, dient aber – vom Vater im Himmel ausgeführt
– immer zum Segen und uns zum Besten. Erst wenn das erfolgen durfte, kommt das
Feintuning, die feinen Arbeiten. Jeder Mensch ist ein Unikat mit seinen individuellen
Phasenverläufen. Mit jedem muss Elohim anders umgehen, um aus ihm ein wunderbares
Instrument zu machen. Und wenn wir – mit Seiner Hilfe – dort angelangt sind, ist der
nächste Punkt ausschlaggebend dafür, ob unsere Berufung auch zur Ausübung und
Erfüllung kommt.
Lass dich spielen
Lobt ihn mit Hörnerschall, lobt ihn mit Harfe und Laute! Lobt ihn mit Tamburin und Reigen,
lobt ihn mit Saitenspiel und Flöte! (Psalm 150,3-4)
Ein Instrument wird nur zu einem Instrument, wenn es gespielt wird. Ansonsten ist es im
Prinzip nur eine Skulptur. Zu seiner eigentlichen Bestimmung kommt das Instrument nur in
der Hand des Musikers, der durch geschicktes Streichen und Zupfen der Saiten das
Streichinstrument zum Schwingen und Klingen bringt. Spannend dabei ist, dass es
harmonische und widerspenstige Instrumente gibt, also solche, die in Harmonie mit dem
Musiker sind, andere wiederum sind widerspenstige Instrumente, mit denen der Musiker
mehr oder weniger kämpfen muss, um sie in ihrer Wildheit – nicht zu bezwingen, sondern
– zum Klingen zu bringen. Manche Instrumente eignen sich als Soloinstrument, andere
wiederum eher als Orchesterinstrument. Fest steht aber: die Chance, dass es gut klingt,
setzt voraus, dass das Instrument zuvor gestimmt wurde. Ein Meisterinstrument erzielt
seine Klangfarben durch eine optimale Ausgewogenheit zwischen den harmonischen
Gegensätzen Wärme und Brillanz. Gerade diese Widersprüche machen das Reizvolle und
die Modulierbarkeit des Klanges aus.Und wenn es regelmäßig und leidenschaftlich
gespielt wird, entwickelt sich sein ganzer Charakter.
Wir als Kinder Elohims sind nur gut gestimmt, wenn wir in einer gepflegten Beziehung zu
Elohim und Seinem Sohn leben und regelmäßig und betend Sein Wort studieren und
leben und uns durch Seinen Geist leiten lassen. Wie ein Instrument eingebettet ist in ein
Orchester, brauchen wir die Gemeinschaft. Und nur, wenn wir uns von Elohim und Seiner
Hand „spielen lassen“, werden wir zum Klingen gebracht und zu einem Wohlklang für
unsere Mitmenschen. Die Aufgabe bzw. die Art der Berufung legt natürlich Er fest und
stattet uns auch entsprechend dafür aus. Nicht jeder, der die „erste Geige“ spielen möchte,
ist dafür vorgesehen. Unser individueller Charakter ist Teil Seiner Berufung, daher sind wir
und unsere Berufung sehr unterschiedlich. Wie ein Instrument nur zum Klingen kommt,
wenn es gespielt wird, so sind wir als Kinder Elohims aufgefordert, uns Ihm und Seinem
Reich zur Verfügung zu stellen, damit Er uns zum Klingen bringen kann. Und je
regelmäßiger dies passiert, um so mehr Charakter wird dabei entwickelt.
Wie man auch vom Charakter eines Instrumentes spricht, so geht es Elohim um unseren
Charakter, um unser Wesen. Das hebräische Wort „shem“ bedeutet Name, Charakter und
Wesen. Und das damit verwandte Verb „shema“ meint das Hören (und geistliche Sehen,
denn der letzte Buchstabe dieses Wortes ist ein Ayin = Auge) und das praktische
Umsetzen (Tun) Seines Wortes. Beides gehört laut der Schrift zusammen. Dieser Prozess
ist etwas Dynamisches, etwas, das reift – wie der Charakter eines Streichinstrumentes,
wenn es leidenschaftlich und regelmäßig gespielt wird. Shema (Hören/Sehen und Tun)
prägt unser Shem, unseren Charakter.
Mit diesen Gedanken habe ich nur an der Oberfläche gekratzt. Wer mehr zur Verbindung
zwischen Menschsein und Musikinstrument lesen und deutlich tiefer einsteigen möchte,
dem seien die Werke von Martin Schleske ans Herz gelegt. Bisher hat er drei Werke
veröffentlicht: „Der Klang: Vom unerhörten Sinn des Lebens.“ (2014), „Herztöne: Lauschen
auf den Klang des Lebens“ (2016) und „WerkZeuge: In Resonanz mit Gott“ (2022).
Ich wünsche Euch Elohims Segen und Seinen Schalom, Sein Ganz-und-vollständig-Sein –
als göttliches Instrument in Seiner Hand und in Seinem Königreichsorchester!
Michael
