2. Wilde Fermente aus dem Weckglas direkt auf den Teller
2. Wilde Fermente aus dem Weckglas direkt auf den Teller
Zum Anfang dieses Beitrages möchte ich Euch erst einmal das weite Spektrum aus verschiedenen Kulturen und auch der verschiedenen Möglichkeiten vorstellen. Das kulinarische Potential ist enorm: von Sauerkraut, Kimchi, Pickles, Würzpasten, Relishes, Chutneys, Salsas bis zu vielen weitere raffinierte Ideen toller Geschmackserlebnisse!
In Deutschland ist fermentierter Weißkohl und Salzgurken am ehesten bekannt. In Osteuropa findet man den Borscht, Saure Rüben, Kwas. In Korea ist das milchsaure Kimchi eine Nationalspeise. In Japan kennt man Miso, Tempeh und Rettich Pickles. Überall auf der Welt wird fermentiert auf eine Art und Weise.
Durch die Beigabe von Kräutern entstehen dann zusätzlich erstaunliche Geschmacksrichtungen. Letztes Jahr tat ich einen Zweig vom Johannisbeerstrauch zu meinen roten Beeten ins Glas. Das Ergebnis war einfach super. Rote Beete mit Johannisbeer-Geschmack. Sehr delikat. Das ist einfach etwas zum Herumspielen – wer es mag.
Auf meinem persönlichen Speiseplan ist das aus Korea stammende Kimchi, wie auch das leckere Getränk “ Wasserkefir“, sowie Rote Beete fermentiert, nicht mehr wegzudenken. Angefangen habe ich aber mit Kohlrabi. Es gab einen kleinen Überschuss im Garten und ich fand ein vielversprechendes Rezept im Internet. Kohlrabi mit Birdseye-Chili und Estragon. 3-4 Wochen später habe ich Luftsprünge gemacht und konnte es nicht glauben, wie aus einem eher langweiligen Gemüse so ein pikanter Snack werden konnte. Meine Nachbarn mussten alle probieren und ich glaube, es gab niemanden, der nicht begeistert war. Das sollte nun der Anfang vieler weiterer toller Geschmacksüberraschungen sein.
Damit es nicht nur Theoretisch bleibt, hier mal das erste Einsteigerrezept für Euch.
Etwa 1 großer Kohlrabi, 1 Birdseye Chili, ca. 1 Essl. Estragon getrocknet,
Salz ohne Jod oder Zusatzstoffe, Wasser, Bügelglas oder Einmachglas mit Klipps und Gummiring, etwas zum Beschweren für Innen (aus Glas oder glasiertem Ton am besten)
Den Kohlrabi schälen und in mundgerechte Stücke schneiden, dann mit dem Estragon und Chili in das Glas drücken. Am besten sollte das Glas immer so voll sein, dass inklusive Wasser und Stück zum Beschweren nach oben hin noch 3-4 cm Luft sind. Sonst blubbert es Euch raus aus dem Glas. Das tut es manchmal ohnehin, also immer etwas drunter stellen.
Je nach Glasgröße 0,5 – 1 Liter Wasser mit Salz vermengen in einem extra Gefäß.
Auf ein Liter kommen immer 20 Gramm Salz, auf einen halben Liter also 10 Gramm. Wenn das Salz sich aufgelöst hat, dann könnt Ihr das Gemüse damit begießen, so dass noch etwas Luft bleibt zum Blubbern später. Nun den Kohlrabi etwas herunterdrücken und mit einem Gewicht beschweren. Es sollte nichts mehr außerhalb des Wassers herausschauen, da sich dort sonst unschöne Kahmhefe bildet. Nun das Glas verschließen und etwa 4-5 Tage Bei Zimmertemperatur mit einem Tuch darüber (wegen der Lichteinstrahlung) ruhen lassen. Danach bei etwa 16 Grad weiterlagern. Nach 3 Wochen könnt ihr einmal probieren, ob es schon sauer genug ist. Immer auf einen sauberen Löffel achten, wir haben es mit einem empfindlichem System zu tun, das keine anderen Bakterien mag. Das Weckglas sollte auch frei von Spülmittelrückständen sein.
Wenn der Kohlrabi schön pikant schmeckt, kann er in den Kühlschrank und dort gut Monate bleiben – Theoretisch allerdings nur, denn er wird sicherlich schnell weg sein. Ansonsten könnt ihr auch noch eine Woche ranhängen. Ich glaube, Kohlrabi hatte ich immer 4 Wochen fermentieren gelassen.
Das Gemüse, was fermentiert werden soll, könnt Ihr am besten im Bioladen kaufen oder aus dem eigenen Garten nehmen. Die Mikroorganismen auf dem Gemüse sind nämlich die Starterkulturen, also absolut wichtig für den ganzen Vorgang. Schadstoffe können den Prozess der Fermentation verhindern. Andererseits werden durch den Prozess der Fermentation auch Schadstoffe abgebaut.
Wer es genauer wissen möchte: www.wildefermente.de
Hier habe ich einiges gelernt. Desweiteren ist mittlerweile das Internet voll von guten Videos darüber.
Nun aber noch etwas genauer zum Equipement. Es gibt ja mittlerweile viele Angebote von Gefäßen zum Fermentieren. Angefangen von Gärtöpfen aus Ton bis Glaskonstruktionen, die aber recht teuer sind. Ich verwende die guten alten Bügelgläser oder die etwas moderneren Einmachgläser mit Klipp und habe mir dazu Glasgewichte gekauft. Das ist dann wirklich preislich überschaubar. Ab und zu müssen die Gummiringe getauscht werden. Es lohnt sich, Markengläser zu kaufen, denn der Bügel muss doch länger halten und ist auch ordentlichem Druck ausgesetzt. Also 1- Euro Artikel bringen hier nichts. Ikea- Weckgläser gehen aber recht gut, sie sind noch preiswerter als die „echten“ Weckgläser.
Wenn das Gemüse dann fertig fermentiert ist und in den Kühlschrank wandert, kann es dort auch in Schraubgläsern gelagert werden, da ja nun der Prozess des Gasens so gut wie vorbei ist. Ihr solltet aber immer darauf achten, dass das Gemüse von Lake bedeckt ist, sonst können sich schnell die weißlichen Kahmhefen bilden, die aber nicht schädlich sind. Sie verändern nur den Geschmack etwas.
Welches Gemüse kann fermentiert werden? Eigentlich jedes – bis auf Ausnahmen.
Sämtliche Kohlsorten eignen sich gut, dann natürlich Karotten, Rüben, Rettich, Rote Bete oder Wurzelgemüse wie Sellerie, Gurken, Tomaten, Paprika, Knoblauch. Mit den weichen Gemüsen wie Zucchini und Kürbis habe ich nicht so tolle Erfahrungen gemacht. Wer mag, kann dann mit Gewürzen experimentieren: Knoblauch, Zwiebeln, Pfefferkörner, Kümmel, Chili, Wacholderbeeren, Dill, Lorbeerblatt, Estragon (lecker bei Wurzelgemüse), Senfkörner, Koriandersamen, Ingwerwurzel, Kurkuma-Wurzel, Piment, Fenchelsamen, Gewürznelken und noch viele mehr…
Grundsätzliches zu den Zeiten: Sauerkraut: ca. 4-6 Wochen, Wurzelgemüse ca. 6-8 Wochen, wässriges Gemüse
ca. 1 Woche fermentieren lassen.
Das fermentierte Gemüse könnt ihr dann auf verschiedene Weise in den Speiseplan integrieren:
milchsauer vergorenes Gemüse schmeckt auch ganz einfach auf Brot, z B. mit veganem Aufstrich oder Avocado, in einen Salat gemischt oder als Beilage zum Mittagessen oder eben als kleiner Snack.
Besonders genial ist die Kombination von Rote Beete oder Kohl fermentiert zu Falafel, Hummus und Pitabrot.
Ich hoffe, ich habe Euch nun den Mund wässrig gemacht und Ihr habt Lust, loszulegen mit dieser alten Küchentechnik.
Im nächsten Beitrag folgen meine Lieblingsrezepte von fermentierter scharfer Salsa bis Kimchi aus Spitzkohl. Mein Lieblingsgetränk Wasserkefir werde ich Euch auch noch vorstellen.
Viel Spaß beim Ausprobieren, Shalom, Rivkah
Veronika
24. Januar 2021 @ 10:32
Darf ich fragen was du als Glasgewichte verwendest? einfach Deckel von den nächst kleineren Gläsern oder ganz eigene?
emuna
24. Januar 2021 @ 11:48
Liebe Veronika,
ich habe extra Glasgewichte oder ähnliches aus Glas wie kleine Schälchen. Manche verwenden auch solche Schraubdeckel.
Liebe Grüsse
Rivkah