Feste Feiern im Herbst – 1. Yom Teruah
Der sechste Monat im Jahr, auch Elul genannt, dient zur Vorbereitung auf die besondere Zeit im siebten Monat – der Monat der Herbstfeste. Wir durchleuchten unser Leben, schauen wo und was wir verändern und verbessern können. Es ist zudem ein großes Ziel, Beziehungen die nicht ganz „rund“ sind in Ordnung zu bringen.
Im Prinzip geht es darum, dass wir alles aus dem Weg räumen, was unsere Beziehung zu Gott hindert. So sagt auch Yeshua:
Mt 5,22-24: Jeder, der seinem Bruder ohne Ursache zürnt, wird dem Gericht verfallen sein. Wer aber zu seinem Bruder sagt: Raka!, der wird dem Hohen Rat verfallen sein. Wer aber sagt: Du Narr!, der wird dem höllischen Feuer verfallen sein. Wenn du nun deine Gabe zum Altar bringst und dich dort erinnerst, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar und geh zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe!
Bevor wir vor dem Thron Gottes erscheinen, sind wir eindeutig darin angewiesen, Beziehungen mit anderen Menschen ins Reine zu bringen. Sogar – wie wir hier sehen – wenn ich gar kein Problem habe, sondern der andere etwas gegen mich hat. Das ist herausfordernd!
Diese Zeit mündet in ein Fest, das keinen richtigen Namen abbekommen hat:
Ein Tag des Hörnerschalls
Schaut man sich den reinen Text an, wirkt es etwas merkwürdig: Gott verordnet ein Fest an einem bestimmten Tag, schenkt ihm aber weder einen Namen noch einen Grund, warum man überhaupt feiern soll!
3.Mo 23,24-25: Rede zu den Kindern Israels und sprich: Im siebten Monat, am ersten des Monats, soll ein Ruhetag für euch sein, ein Gedenken unter Hörnerschall, eine heilige Versammlung. Ihr sollt keine Werktagsarbeit verrichten, sondern dem Herrn ein Feueropfer darbringen.
4.Mo 29,1: Und am ersten Tag des siebten Monats sollt ihr eine heilige Versammlung halten; da sollt ihr keine Werktagsarbeit verrichten, denn es ist euer Tag des Hörnerschalls.
Wir erhalten hier folgende Anweisungen:
- Das Fest soll am ersten Tag des siebten Monats sein.
- Es soll ein Ruhetag sein, ein Tag an dem keine Werktagsarbeit verrichtet werden soll.
- Es ist ein Gedenktag.
- Es soll das Shofar geblasen werden.
- Man soll sich versammeln.
- Es sollen bestimmte Opfer dargebracht werden (vgl. auch 4.Mo 29,2ff)
Schauen wir uns diese im Einzelnen an:
Der 1. Tischrei
Den siebten Monat nennt man auch Tischrei. Am Neumondstag (Rosh Chodesh – wörtl. Kopf des Monats) des siebten Monats wird dieses Fest gefeiert. Wir stoßen hier auf ein vieldiskutiertes Problem des biblischen Kalenders: Wann beginnt der neue Monat?
Das ursprüngliche Vorgehen sah wie folgt aus: Von Jerusalem aus wurde nach dem Neumond gesichtet. Dafür wurden bestimmte Leute abgesandt, die dann vor dem Hohen Gericht (Sanhedrin) Bericht geben mussten. Gab es genügend Zeugen für die Sichtung, rief der Sanhedrin offiziell den neuen Monat aus.
Nur auf diese Art und Weise konnte im Volk ein einheitlicher Kalender gewährleistet werden.
Der Sanhedrin ist übrigens das von Mose eingesetzte (und von Gott beauftragte) Gericht (vgl. 5.Mo 16,18ff).
Das Problem in heutiger Zeit ist, dass Israel zum einen über Jahrhunderte nicht zusammen in Israel lebte, so dass die Nachricht des Neumonds nicht in alle Welt weitergegeben werden konnte. Anfangs suchte man noch Mittel und Wege, dies zu gewährleisten (mit Hilfe von Lichtzeichen auf Bergen), doch das wurde aufgehoben, da es mehrfach sabotiert wurde.
Des Weiteren gab es das Problem, dass es seit vielen Jahrhunderten keinen offiziellen Sanhedrin mehr gibt, der den Monatsanfang koordinieren könnte.
Um diesen Problemen zu begegnen, schuf der letzte Sanhedrin in Person von Hillel II. einen berechneten Kalender. Dieser wird im Judentum bis heute befolgt, auch wenn er (natürlich) ein paar Nachteile beinhaltet: Zwar ist er sehr präzise, doch hier und da passierte es, dass er von den Natur-Ereignissen (Mond, Gersten-Ernte,…) abweicht.
Zudem wurde der Monatsanfang für viele Monate auf zwei Tage ausgeweitet, um sozusagen sicherzustellen, auf jeden Fall den Monatsanfang zu gedenken (am jedem Monatsbeginn sollten zum Beispiel bestimmte Opfer dargebracht werden, die in der Zeit ohne Tempel in zusätzlichen Gebeten Ausdruck finden).
Doch der berechnete Kalender war und ist die logische und beste Folgerung, um Einheit im Volk zu gewährleisten. Und da es bis heute keinen offiziellen Sanhedrin gibt, ist der Kalender von Hillel II. weiterhin in Kraft.
Zusammengefasst hat das zur Folge, dass im Judentum dieses Fest am Kopf des Monats auf zwei Tage ausgedehnt wird! (siehe auch hier: Vorbereitet? Die Herbstfeste stehen bevor!)
Es gibt viele unter den torahgläubigen Nichtjuden, die auf die Sichtung des Mondes warten und dann Yom Teruah feiern (dank Internet ist das möglich). Doch wir haben uns dazu entschieden die Einheit mit unserem großen Bruder zu suchen und uns dem jüdischen Kalender anzuschließen.
Trotzdem finde ich es sehr interessant, nach dem Mond Ausschau zu halten. Schließlich wird dies im messianischen Reich wieder so gehandhabt (auch nach jüdischer Sicht).
Auch die messianische Erfüllung ist in dieser Hinsicht interessant. Prophetisch gesehen wird das Fest mit der Wiederkunft des Messias assoziiert (vgl. 1.Thess 4,16-18; Matth 24,29ff). Darum ist es so wichtig, dass wir den Monat Elul als Vorbereitungszeit nehmen. Weiteres zur messianischen Erfüllung findest du hier: Die prophetische Bedeutung der biblischen Feste.
Keine Werktagsarbeit
Das Fest ist ein Feiertag. Keine typische Werktagarbeit soll verrichtet werden. Es ist wie ein Schabbat. Doch generell ist man auf Grund von folgender Bibelstelle bei Festtagen etwas „lockerer“:
2.Mo 12,16: Und ihr sollt am ersten Tag eine heilige Versammlung halten, ebenso am siebten Tag eine heilige Versammlung. Keine Arbeit sollt ihr an diesen [Tagen] tun; nur was jeder zur Speise nötig hat, das allein darf von euch zubereitet werden.
Im Kontext geht es hier um einen anderen Feiertag – um Psssach – doch es ist interessant, dass sich solche Zugeständnisse für den wöchentlichen Schabbat nicht in der Torah finden. Stattdessen musste etwa das Manna vor dem Schabbat gesammelt werden.
Es ist ein Gedenktag
Ein Gedenktag? Aber für was?
Suchen wir in den biblischen Ereignissen, die der Wüstenwanderung vorausgehen, finden wir keines, das am ersten des siebten Monats passierte. Zumindest keines, bei dem es erwähnt wäre.
An was also soll man „gedenken“?
Dazu muss man einen tieferen Blick in die hebräische Schrift (in Form von Torah-Codes) oder in die geschichtliche Überlieferung werfen. Dann erkennt man, dass an diesem Tag vieles „Neues“ begann:
Am ersten des siebten Monats wurden…
- der Mensch erschaffen,
- Abraham geboren,
- Jakob geboren,
- Sarah, Rahel und Hannah „bedacht“,
- Josef aus dem ägyptischen Gefängnis entlassen und
- der Sklaverei der Kinder Israel in Ägypten ein Ende gesetzt.
Interessant ist, dass all diese Ereignisse Umbrüche oder Neubeginne markieren. Es sind Wendepunkte für die israelische Geschichte, was Juden dazu brachte, dieses Fest „Rosh Hashana“ (Kopf des Jahres) zu nennen.
Der Name „Yom Teruah“ leitet sich übrigens aus obiger Bibelstelle ab – doch auch dieser ist kein offizieller von Gott gegebener Name im üblichen Sinne:
4.Mo 29,1: Und am ersten Tag des siebten Monats sollt ihr eine heilige Versammlung halten; da sollt ihr keine Werktagsarbeit verrichten, denn es ist euer Tag des Hörnerschalls. [wörtl. „es ist ein Tag den dem unter euch die Posaunen geblasen werden sollen“; hebr. „yom teruah…“]
Das Shofar
Und damit kommen wir auch zum nächsten Auftrag: Das Blasen des Schofars. Beziehungsweise das Hören des Schofars.
Der Hörnerschall findet in der Bibel sehr häufig Anwendung: Es ist ein Ruf um Hilfe. Ein Ruf für den Beginn eines Krieges. Oder auch die Ankündigung für das Erscheinen des Königs.
Interessant, dass es erneut um Umbrüche oder Neubeginne geht: „Ich bin in Not, aber das Geschick ändert sich, weil mir Hilfe ereilt.“, „Der Frieden ist vorbei, wir ziehen in den Krieg.“ oder „Der König erscheint“ – und dann ist nichts mehr so wie es vorher war!
Heilige Versammlung
Viele von uns leben verstreut und wünschten, sie hätten eine „heilige Versammlung“ mit denen sie sich treffen könnten. Es gibt einige Leute, die sich zwar nicht wöchentlich treffen, weil es zu weit ist, die aber speziell zu den Festtagen zusammenkommen. Vielleicht hilft hierbei ein Blick in unserer Connect-Karte oder auch ein Aufruf in unserem Netzwerk!?
Wie kann eine solche Versammlung aussehen?
Angebracht sind Gebet und Freude! Wir lassen Altes hinter uns, wir bringen uns selbst im Gebet dar und gehen voller Freude und Zuversicht in die neue Zeit. Zu all dem gehört natürlich ein köstliches Essen 🙂
Und doch beschreibt das Fest auch einen Weckruf! Das Schofar (viele blasen es schon täglich im Elul) soll uns aufrütteln. Der Tag des Gerichts ist nahe und wir kommen in eine Zeit voller Ernsthaftigkeit: Die 10 Tage bis zu Yom Kippur dienen der Hingabe und der Buße. Mehr dazu in Teil 2.
Geistlich gesehen ist das Fest am ersten des siebten Monats tatsächlich ein Neustart. Nach der Reinigung und der „Sichtung“ unseres Lebens, starten wir einen neuen Anlauf.
Wir verbringen viel Zeit des Tages im Gebet und bitten Gott um seinen Beistand – denn wir brauchen ihn auf dem Weg unserer Heiligung!
5Mo 7,6: Denn ein heiliges Volk bist du für den Herrn, deinen Gott; dich hat der Herr, dein Gott, aus allen Völkern erwählt, die auf Erden sind, damit du ein Volk des Eigentums für ihn seist.
- Die Stämme Israels – Teil 12 – Ephraim - 9. September 2024
- Die Stämme Israels – Teil 13 – Juda - 9. September 2024
- Danke und Schalom – von Hosea Ben Zion - 26. Juli 2017
Kay Rutsatz
8. September 2016 @ 14:50
Shalom Hosea,
zu deinem Artikel bezüglich des Festes Yom Terua habe ich eine Frage: Woran kann an erkennen, dass die Befreiung Israels aus der Knechtschaft Ägyptens mit dem 1.Tag des 7. Monats zusammen hängt? Das ist ein interessanter Aspekt.
Sei gesegnet
Kay
Hosea
8. September 2016 @ 16:24
Schalom Kay,
Danke für die Nachfrage!
Beim Auszug aus Ägypten unterscheidet man zwischen vier unterschiedlichen Befreiungen (geistlich, physisch,…). Grundlage dafür ist folgender Vers:
Mehr dazu hier:
http://www.yeshiva.co/midrash/shiur.asp?id=23348
Dass nun die Versklavung direkt am 1. des 7. Monats endet, liegt als Hinweis in einem Wort versteckt. Der Talmud schreibt darüber in Rosh Hashana (11a). Hier findet man eine kleine Erklärung dazu:
http://www.dafyomi.co.il/rhashanah/points/rh-ps-011.htm
Man sollte zudem beachten, dass die Torah deutlich schreibt, dass der Jahreswechsel tatsächlich am ersten des siebten Monats stattfindet:
Man denkt an einen Widerspruch, da ja der siebte Monat der siebte ist und nicht der erste (vgl. 2.Mo 12,1-2). Zugegeben es ist etwas verwirrend. Doch man unterscheidet in der Torah vier verschiedene Jahresbeginne. Und die Monatsnummerierung ist wichtig, um sich immer an den Auszug aus Ägypten zu erinnern:
Liebe Grüße,
Hosea