Feste Feiern im Herbst – 3. Yom Kippur
Yom Kippur stellt den Höhepunkt der biblischen Festtage dar. Nach einer intensiven geistlichen Vorbereitung im Monat Elul und in den 10 Tagen der Umkehr erfolgt der große Gerichtstag.
Bis dahin haben wir Zeit mit unserem Leben aufzuräumen. Und ganz besondere Aufmerksamkeit sollten wir dabei auf Beziehungen zu anderen Menschen legen. Das wird in 3.Mose 16 deutlich:
Ich und meine Mitmenschen
In diesem Kapitel werden genaueste Anweisungen für den Hohepriester an Yom Kippur gegeben. Es war der einzige Tag im Jahr, an dem dieser in das Allerheiligste ging. Insofern musste auch er sich sehr intensiv auf diesen Tag vorbereiten.
Nachdem die Anweisungen an den Hohepriester beschrieben werden, folgt eine kleine Zusammenfassung:
3.Mo 16,29-31: Und das soll eine ewig gültige Ordnung für euch sein: Am zehnten Tag des siebten Monats sollt ihr eure Seelen demütigen und kein Werk tun, weder der Einheimische noch der Fremdling, der in eurer Mitte wohnt. Denn an diesem Tag wird für euch Sühnung erwirkt, um euch zu reinigen; von allen euren Sünden sollt ihr gereinigt werden vor dem Herrn. Darum soll es euch ein Sabbat der Ruhe sein, und ihr sollt eure Seelen demütigen; das soll eine ewige Ordnung sein.
Genauso wie Gott dem Volk die Sünde des goldenen Kalbs an Yom Kippur vergab, so reinigt er diesen Versen nach an jedem Yom Kippur-Fest die Sünden des Volkes.
Doch es gibt hier einen kleinen Zusatz, der einem ins Auge springt: „von allen euren Sünden sollt ihr gereinigt werden vor dem Herrn“.
Dieses „vor dem Herrn“ kann aus dem Hebräischen heraus so verstanden werden, dass es um alle Sünden geht, die zwischen uns und dem Herrn stehen.
Es ist offensichtlich, was dabei nicht mit eingeschlossen ist: Sünden im zwischenmenschlichen Bereich. Mit ihnen müssen wir im Vorhinein selbst aufräumen.
Das hört sich zunächst etwas fremd an, doch Yeshua bestätigt diese Gedanken an mehreren Stellen:
Mt 6,14-15: Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euer himmlischer Vater euch auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen ihre Verfehlungen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.
Mt 6,12: Und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unseren Schuldnern.
Mk 11,25: Und wenn ihr dasteht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemand habt, damit auch euer Vater im Himmel euch eure Verfehlungen vergibt.
Mt 5,22-24: Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder ohne Ursache zürnt, wird dem Gericht verfallen sein. Wer aber zu seinem Bruder sagt: Raka!, der wird dem Hohen Rat verfallen sein. Wer aber sagt: Du Narr!, der wird dem höllischen Feuer verfallen sein. Wenn du nun deine Gabe zum Altar bringst und dich dort erinnerst, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar und geh zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe!
Vergebung zwischen Menschen ist absolut hoch anzusetzen – insbesondere vor Yom Kippur, wenn wir vor unseren Schöpfer treten und selbst um Seine Gnade bitten.
Wir hatten diesen Aspekt schon in den vorherigen Teilen, doch es soll nochmals verdeutlich werden, wie wichtig unsere Beziehungen sind.
Übrigens bedeutet dies auch, dass wir willig vergeben, wenn jemand bei um Verzeihung bittet.
Und genauso ist es unserer Verantwortung Menschen zu vergeben, dich nicht bei uns um Verzeihung gebeten haben, obwohl sie es hätten machen müssen.
Vielleicht ist es wert, mit diesen Gedanken ins Gebet zu gehen.
Was passiert an Yom Kippur?
Über Yom Kippur wird uns Folgendes mitgegeben:
3.Mo 23,27-32: Am zehnten [Tag] in diesem siebten Monat ist der Versöhnungstag, der soll euch eine heilige Versammlung sein; und ihr sollt eure Seelen demütigen und dem Herrn ein Feueropfer darbringen; und ihr sollt an diesem Tag keine Arbeit verrichten, denn es ist der Versöhnungstag, um Sühnung für euch zu erwirken vor dem Herrn, eurem Gott.Denn jede Seele, die sich an diesem Tag nicht demütigt, die soll ausgerottet werden aus ihrem Volk; und die Seele, die an diesem Tag irgendeine Arbeit verrichtet, die will ich vertilgen mitten aus ihrem Volk. Ihr sollt keine Arbeit verrichten.
Das ist eine ewig gültige Ordnung für eure [künftigen] Geschlechter an allen euren Wohnorten. Ein Sabbat der Ruhe soll es für euch sein, und ihr sollt eure Seelen demütigen. Am neunten [Tag] des Monats, am Abend, sollt ihr die Feier [beginnen], und sie soll währen von einem Abend bis zum anderen.
In diesen Versen über Yom Kippur erhalten wir verschiedene Aufträge für den Festtag. Interessant dabei ist, dass sie zum Teil wiederholt werden:
- Heilige Versammlung
- Seelen demütigen (3x erwähnt!)
- Ruhe und Keine Arbeit (4x!)
- Erbringen eines Feueropfers
Gott meint es sehr ernst mit diesem Fest. Das kommt deutlich hervor. Es ist der höchste Festtag im Jahr und es ist sehr wichtig, ihn entsprechend zu begehen.
In 4.Mose 29 begegnen uns die Aufforderungen erneut:
4.Mo 29,7: Und am zehnten Tag dieses siebten Monats sollt ihr eine heilige Versammlung halten und sollt eure Seelen demütigen; da sollt ihr keine Werktagsarbeit verrichten.
Keine Werktagsarbeit und das „Demütigen der Seelen“ sind die expliziten Anweisungen auf die Gott großen Wert legt. Insbesondere wird das dadurch deutlich, dass sehr hohe Strafen auf das Nichtbeachten liegen:
Jede Seele, die sich an diesem Tag nicht demütigt, die soll ausgerottet werden aus ihrem Volk. (Vers 29)
Die Seele, die an diesem Tag irgendeine Arbeit verrichtet, die will ich vertilgen mitten aus ihrem Volk. (Vers 30)
Wir sollten also sehr gründlich darin sein, Werktagsarbeit und Seelen-demütigen zu definieren und zu unterlassen.
Des Weiteren lesen wir weitere interessante Details:
So wird ausdrücklich gesagt, von wann bis wann die Anweisungen eingehalten werden sollen. Nämlich von Abend zu Abend. Im Hebräischen wird dieser im Allgemeinen mit Sonnenuntergang eingeläutet.
Außerdem wird der Sinn und Zweck dieses Festest erläutert (bei Yom Kippur fanden wir dies nicht):
Es ist der „Versöhnungstag, um Sühnung für euch zu erwirken vor dem Herrn, eurem Gott“.
Liest man mit dem Stichwort „Umkehr“ die Evangelien durch, wird man erstaunt sein, wie viel Yeshua darüber lehrt. Gerade mit dem Hintergrund der zehn verlorenen Stämme ist dies kein Zufall.
Die zehn Stämme wurden geschieden, weil sie eben nicht nach den Geboten lebten und sich in Götzendienst verstrickten. Sie kamen ins Exil und Yeshua ruft sie zurück. „Kehrt um und tut Buße!“
Auch heute, wenn wir den Stellenwert der Torah verstehen, wird uns bewusst, dass dieser Ruf aktueller denn je ist. Und Yom Kippur (und die Zeit davor) ist der beste Zeitpunkt, um sich darum zu kümmern.
Yom Kippur in der Praxis
Man stellt sich vielleicht die Frage, wie man diesen Festtag praktisch füllen soll. Bisher wissen wir, dass wir uns – wenn möglich – versammeln sollen, nicht arbeiten dürfen und uns demütigen sollen.
Es ist ein Tag des Gebets, das ist klar (siehe dazu auch: Gebete für einen Yom Kippur-Gottesdienst). Doch was noch? Welchen praktischen Ausdruck finden wir?
Und damit landen wir erneut bei der Frage: „Was bedeutet es, sich zu demütigen?“
Entsprechende Bibelstellen zeigen, wie sich Menschen vor Gott gedemütigt haben:
2.Chr 30,6-11: Und die Läufer gingen mit den Briefen von der Hand des Königs und seiner Obersten durch ganz Israel und Juda und sprachen nach dem Befehl des Königs: Ihr Kinder Israels, kehrt um zum Herrn, dem Gott Abrahams, Isaaks und Israels, […] Seid nun nicht halsstarrig wie eure Väter, sondern ergebt euch dem Herrn und kommt zu seinem Heiligtum, das er auf ewig geheiligt hat, und dient dem Herrn, eurem Gott, so wird sich die Glut seines Zorns von euch wenden! Denn wenn ihr zum Herrn umkehrt, so werden eure Brüder und eure Kinder Barmherzigkeit finden vor denen, die sie gefangen halten, so dass sie wieder in dieses Land zurückkehren können. Denn der Herr, euer Gott, ist gnädig und barmherzig, und er wird das Angesicht nicht von euch wenden, wenn ihr zu ihm umkehrt! Und die Läufer gingen von einer Stadt zur anderen im Land Ephraim und Manasse und bis nach Sebulon; aber man verlachte und verspottete sie. Doch etliche von Asser und Manasse und Sebulon demütigten sich und kamen nach Jerusalem.
An dieser Stelle sehen wir, wie sich Menschen demütigen, indem sie von Herzen (und auch physisch) umkehren und wieder nach den Ordnungen Gottes leben. Sie stellen sich unter die Torah, ordnen sich unter.
Es zeigt, wie „sich demütigen“ von innen nach außen erfolgen muss!
Der Prophet Jesaja drückt dies im Kapitel 58 noch deutlicher aus, in dem er über das „richtige“ Fasten spricht.
Jes 58,6-7: Ist nicht das ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: dass ihr ungerechte Fesseln losmacht, dass ihr die Knoten des Joches löst, dass ihr die Unterdrückten freilasst und jegliches Joch zerbrecht? Besteht es nicht darin, dass du dem Hungrigen dein Brot brichst und arme Verfolgte in dein Haus führst, dass, wenn du einen Entblößten siehst, du ihn bekleidest und dich deinem eigenen Fleisch nicht entziehst?
Doch das bedeutet nicht, dass nicht auch das physische Fasten, der Verzicht auf Essen und Trinken, zum „sich demütigen“ dazugehört. Das Wichtige ist nur, dass es nicht gespielt und geheuchelt, sondern der Ausdruck unserer inneren Haltung ist.
1.Kö 21,27-29: Als aber Ahab diese Worte hörte, zerriss er seine Kleider und legte Sacktuch um seinen Leib und fastete und schlief im Sacktuch und ging still einher. Da erging das Wort des Herrn an Elia, den Tisbiter, folgendermaßen: Hast du nicht gesehen, wie sich Ahab vor mir demütigt? Weil er sich nun vor mir demütigt, will ich das Unheil nicht zu seinen Lebzeiten hereinbrechen lassen; erst zu Lebzeiten seines Sohnes will ich das Unheil über sein Haus bringen!
Jon 3,6-8: Und das Wort gelangte bis zum König von Ninive; und er stand von seinem Thron auf, legte seinen Mantel ab, hüllte sich in Sacktuch und setzte sich in die Asche. Und er ließ ausrufen und sagen in Ninive, auf Befehl des Königs und seiner Großen: »Menschen und Vieh, Rinder und Schafe sollen nichts genießen, sie sollen weder weiden noch Wasser trinken; sondern Menschen und Vieh sollen sich in Sacktuch hüllen und mit aller Kraft zu Gott rufen und sollen umkehren, jeder von seinem bösen Weg und von dem Unrecht, das an seinen Händen klebt!
Dan 9,3: Und ich wandte mein Angesicht zu Gott, dem Herrn, um ihn zu suchen mit Gebet und Flehen, mit Fasten im Sacktuch und in der Asche.
Ri 20,26: Da zogen alle Söhne Israels und alles Volk hinauf und kamen nach Bethel; und sie weinten und blieben dort vor dem Herrn und fasteten an jenem Tag bis zum Abend und opferten Brandopfer und Friedensopfer vor dem Herrn.
1.Sam 7,6: Da kamen sie zusammen nach Mizpa und schöpften Wasser und gossen es aus vor dem Herrn; und sie fasteten an jenem Tag und sprachen dort: Wir haben gegen den Herrn gesündigt!
Fasten ist ein wichtiger Bestandteil des sich-Demütigens.
Interessant ist auch die Anweisung des Königs aus Ninive: „Menschen und Vieh, Rinder und Schafe sollen nichts genießen“.
Es macht durchaus Sinn, an Yom Kippur auf Dinge, die man genießen könnte zu verzichten. Schließlich haben wir gesehen, dass „sich demütigen“ mehrfach ausdrücklich von Gott gefordert wird.
Im Judentum wird auf folgende fünf Dinge verzichtet:
- Jegliche Arbeit (wie am Schabbat),
- Essen und Trinken (außer bei Lebensgefahr),
- Duschen und Baden,
- das Benutzen von Lotionen und Parfüms und
- das Tragen von Lederschuhen.
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