#12 Wajechi – „Und er lebte“
1. Mose 47,28-50,26
1. Könige 2,1-12; Johannes 13,1-19
In der letzten Lesung des 1. Buch Moses begegnen wir einem gereiften Jakob in den finalen Tagen seines Lebens. Jakob lebte noch 17 Jahre in Ägypten, nachdem er mit seinen Söhnen ins Land Goschen gezogen war (Vgl. 1. Mose 47,28). In diesen letzten 17 Jahren durfte Jakob zur Ruhe kommen. Er lebte im fettesten Teil Ägyptens und war mit seiner ganzen Familie während der schweren siebenjährigen Hungersnot reichlich versorgt (Vgl. 1 Mose 47,27).
Wenn wir Jakobs Leben betrachten, welches unter anderem durch einen unüberbrückbaren Streit mit seinem Bruder Esau, der Vergewaltigung seiner Tochter Dina, 20 Jahre Knechtschaft bei Laban, den Betrug um seine Frau Rahel, den Problemen der Polygamie, den frühen Tod seiner geliebten Frau Rahel und den geglaubten Tod seines geliebten Sohnes Joseph gezeichnet war, so scheint die Zeit in Ägypten tatsächlich so etwas wie der Schabbat seines Lebens gewesen zu sein. Am Ende seines Lebens kam Jakob tatsächlich zur Ruhe. Hier in Ägypten konnte er Frieden finden. Die aufregenden und Turbulenten Zeiten waren vorbei. Jakob und seine Familie waren versorgt und lebten besser als je zuvor.
Dennoch wusste Jakob, dass Ägypten nicht seine Heimat war. Es war ihm sehr wichtig, nicht in Ägypten begraben zu werden.
Als nun die Zeit kam, dass Israel sterben sollte, rief er seinen Sohn Joseph und sprach zu ihm: Wenn ich Gnade gefunden habe vor deinen Augen, so lege doch deine Hand unter meine Hüfte und erweise mir Liebe und Treue: Begrabe mich doch ja nicht in Ägypten! Sondern ich will bei meinen Vätern liegen; darum sollst du mich aus Ägypten wegführen und mich in ihrem Grab begraben! Er sprach: Ich will es machen, wie du gesagt hast! Er aber sprach: So schwöre mir! Da schwor er ihm. Und Israel betete an am Kopfende des Bettes. (1. Mose 47,29-31)
Jakob war das Begräbnis in Hebron in der Höhle Machpelah so wichtig, dass er Joseph einen besonderen Eid schwören ließ. Diese Form des Schwurs, bei dem der Schwörende seine Hand auf die Hüfte seines Herren legt, finden wir nur noch ein weiteres Mal in der Torah: Als Abraham seinen Knecht auf die Suche nach einer Braut für Isaak schickte (Vgl. 1. Mose 24,1-9).
Abraham war es damals sehr wichtig, dass Isaak eine geeignete Frau von JHWH geschenkt bekommen würde, denn schließlich war Isaak der Sohn der Verheißung, durch den Gott Sein Volk bauen und aus dem später der Retter der Welt kommen würde. Die Partnerwahl war für Isaak eine gewichtige Entscheidung, denn Satan würde alles versuchen, um diese Ehe zu zerstören. Isaak brauchte eine Partnerin, die bereit war, auch einen steinigen Weg mit Isaak im Glauben zu gehen. Und Abraham trug dafür Sorge, so gut er konnte.
Jakob schien in der Wahl seiner Begräbnisstätte eine ähnliche Brisanz zu sehen. Das führt uns zu der Frage: Warum war es Jakob so wichtig nicht in Ägypten begraben zu werden? Nicht einmal zwischenzeitlich? Josephs Leichnam wurde eine Zeit lang in Ägypten verwahrt und erst zum späteren Exodus mit ins verheißene Land genommen (Vgl. 1. Mose 50,24-25; Josua 24,32). Warum kam diese Variante für Jakob nicht in Frage? Und welche Botschaft steckt für uns darin?
Auf der Suche nach Antworten auf diese Fragen, stoßen wir zunächst auf eine Zusage Gottes an Jakob als dieser zu einem Sohn Joseph nach Ägypten zog:
Da sprach Er: Ich bin der starke Gott, der Gott deines Vaters; fürchte dich nicht, nach Ägypten hinabzuziehen; denn dort will Ich dich zu einem großen Volk machen! Ich will mit dir hinab nach Ägypten ziehen, und Ich führe dich gewiss auch wieder hinauf; und Joseph soll dir die Augen zudrücken! (1. Mose 46,3-4)
JHWH persönlich gab ihm die Zusage, dass Er Jakob wieder ins Land seiner Väter bringen würde. Jakob kam nicht wieder lebend zurück. Doch glaubte er wohl an die Auferstehung und an die Zusagen Gottes. Somit war es für ihn natürlich schöner, am letzten Tag dort zu erwachen, wo er seine Heimat sah.
Und dennoch muss Jakob noch einen anderen Grund gesehen haben, dass es ihm so wichtig war, auf keinen Fall in Ägypten begraben zu werden. JHWH wird Sein Volk in der Auferstehung aus allen Enden der Erde sammeln und zurück ins Land Israel bringen (Vgl. Hesekiel 37,12-13). Jakob gehörte zu Gottes Volk. Natürlich kann Er ihn auch aus Ägypten wieder ins verheißene Land bringen.
Ein weiterer möglicher Gedanke Jakobs könnte sich auf seine Nachkommen beziehen. Denn Israel ging es gut in Goschen. Die Gefahr, sich dort heimisch zu fühlen, war recht groß. Doch Ägypten war und ist nicht die Heimat der Hebräer. Indem Jakob sich für alle sichtbar in Hebron in der Höhle Machpelah begraben ließ, hinterließ er auch eine Botschaft für seine Nachkommen.
Auch wenn es seinen Söhnen in Goschen gut gehen würde, so wird ihre Heimat doch immer das Land Israel bleiben. Dort hin werdet ihr eines Tages zurückkehren.
Letztlich sind auch wir durch Jeschua Israels Söhne. Und so spricht Jakobs Botschaft auch zu uns.
So gut es uns auch zur Zeit gehen mag, sollten wir doch nicht vergessen, dass wir uns immer noch im Exil befinden. Egal wo wir leben, so lang Jeschua nicht wiedergekommen ist, leben wir in einer Welt, die das Reich Gottes nicht in der Fülle widerspiegeln kann. Wir befinden uns noch nicht in unserer Heimat, sondern nur an einem zeitlich begrenzten Aufenthaltsort. Wir sind Fremdlinge in dieser Welt.
Denn wir sind Gäste und Fremdlinge vor Dir [JHWH], wie alle unsere Väter. Unser Leben auf Erden ist wie ein Schatten und bleibt nicht bestehen. (1. Chronik 29,15)
Wir dürfen uns die Frage stellen, welche Gefühle der Gedanke in uns auslöst, dass Jeschua bald wiederkommen, uns nach Israel holen und unser Leben noch einmal komplett verändern wird. Freuen wir uns darauf? Haben wir Angst? Sind wir unsicher?
Unsere Gefühle zu dieser Frage geben uns Aufschluss darüber, wie wir zu unsere eigentlichen Heimat stehen. Wie stark sind unsere Bindungen an dieses irdische Leben (Goschen)? Und wie stark ist unsere Bindung zum Reich Gottes (Israel)?
Wir sollten ehrlich zu uns selbst sein! Wo stehen wir?
Und zu welchem Ergebnis wir auch immer kommen, lasst es uns vor den Thron des Allmächtigen bringen, denn nur Er vermag uns zu formen, sodass das Psalmwort eine Prophetie für uns ist:
Als JHWH die Gefangenen Zions zurückbrachte, da waren wir wie Träumende. Da war unser Mund voll Lachen und unsere Zunge voll Jubel! (Psalm 126,1-2a)
Bildquelle: http://www.freebibleimages.org/illustrations/joseph-reunion/
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